Название: Spielend leben
Автор: Stefan Kiechle
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Ignatianische Impulse
isbn: 9783429061104
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Der Spieler braucht Vertrauen und Glauben. Nur wer angstfrei sich eine Auszeit aus dem allzu Triebhaften und aus dem bloß Effektiven gönnt, wer seine Besitztümer vertrauensvoll verlassen und sich in den Spielraum hineingeben kann, wer auf die Mitspieler und deren Fairness vertraut, wer auf die Sinnhaftigkeit des Daseins als Ganzes baut, wer sich eingeborgen weiß in die Fülle des Lebens, wer also im Letzten glaubt, kann sich frei und ohne Vorbehalte auf das Spiel einlassen. Wer nicht glaubt, wird ängstlich auf dem Seinen beharren, er kann nicht spielerisch sich hingeben, er wird immer etwas wollen und berechnen und sichern. Umgekehrt stellen wir fest, dass das Spiel das Vertrauen und den Glauben auch stärkt: Wer spielend Freude und Sinn erfährt und Gemeinschaft und Beziehung erlebt, wird mehr den Menschen vertrauen, er wird freier und offener leben, er wird ein tieferes Ja zur Welt und zu den Menschen, zum Dasein und zu Gott sprechen.
Das Spiel übt den Wegcharakter des Lebens ein: Ein Spiel ist ein Prozess, auf ein Ziel hin; ist das Ziel erreicht, ist das Spiel aus. Der Sinn des Spiels liegt aber nicht im Ergebnis, sondern im Weg selbst. Man kann also sagen: Der Weg ist das Ziel – wir spielen zweckfrei, nicht ergebnisorientiert, aus reiner Lust am Vollzug. Paradoxerweise kann man jedoch hinzufügen: Der Weg ist nicht das Ziel – denn das Spiel ist ja begrenzt, es soll zu einem Ende kommen, damit danach wieder anderes kommt, der Alltag, der nächste Schritt, weiteres Leben, neue Spiele. Spirituell gedeutet: Hier im Leben dürfen wir die kleinen, endlichen Wegabschnitte ganz und gar genießen, zweckfrei uns der Freude der täglichen Spiele hingeben, mögen sie unspektakulär und beschämend bescheiden sein, aber mit der ganzen Aufmerksamkeit auf dem Hier und Jetzt des eingegrenzten Tuns; doch zugleich sind wir, wissend um die Grenzen und um die Vorläufigkeit aller irdischen Spiele, ganz auf das Ende dieses Lebens ausgerichtet, im Inneren hingeordnet auf den Himmel, der zwar in irdischen Spielen schon zu erahnen ist, aber das wahre Leben in seiner Fülle und so das vollendet-ewige Spiel erst noch bringen wird.
Im Spiel üben wir. Mühselig trainieren wir unsere Fertigkeiten: mühevoll und selig – also im oft schmerzhaften Kampf gegen Grenzen und Widerstände und zugleich im lustvoll erfahrenen und stetig erweiterten Können. Wer resigniert hat, übt nicht mehr. Nur wer glaubt und hofft, übt. Übend gibt der spielende Mensch seiner Hoffnung und seinem Glauben Ausdruck.
Das Spiel bildet: Es lehrt uns die Vorläufigkeit irdischer Erfolge und Ehren, es übt humane und spirituelle Werte ein wie das Loslassen, die Beziehung, die Freude, das Schöne, das ehrliche Streben, und es weist – indem es »nur« Spiel ist und irgendwann unweigerlich endet – über sich selbst hinaus auf Größeres: auf das Ganze und dessen Sinn, auf das Leben und dessen Schöpfer. Nicht nur Psychotherapie und Psychiatrie, auch die Pädagogik nutzt Spielmethoden, um Lernprozesse etwa von Kranken oder Kindern zu fördern; als spirituelle Spielpädagogik werden die Exerzitien später vorgestellt werden.
Im Spiel werden wir zum Ebenbild des Schöpfers: Nach Nikolaus von Kues5 liegt in der Fähigkeit zum Spiel die eigentliche Würde des Menschen, denn spielend schafft sich der Mensch neue Welten, er gestaltet sie sich und genießt sie – und genau darin, in freier, kreativer Potenz, wird er Gott ähnlich! Spielende Menschen berühren Gott: Ihr Spiel wird zum spirituellen Vollzug, zum Gebet und zur Liturgie des Daseins.
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