Gesegnet, um Segen zu sein. Martin Wirth
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Название: Gesegnet, um Segen zu sein

Автор: Martin Wirth

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783429062095

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СКАЧАТЬ gebe es auf, gegen verschlossene Türen zu rennen,

      und warte auf dich, du wirst sie mir öffnen.

      Ich lasse mich dir.

      Ich gehöre dir, Herr.

      Du hast mich in deiner guten Hand.

      Ich danke dir.

       (Jörg Zink, aus: Wie wir beten können, S. 207)

       2.4 Die Menge am See

      Es gibt in der jüdischen Tradition der Schriftauslegung eine Methode, die besonders zwischen den Zeilen liest. Man nennt sie Midrasch. In Kapitel 13 des Matthäusevangeliums lädt das Wort „Menge“ zu einer Midrasch-Erzählung ein. Die Menge wird darin zu einer lebendigen Ansammlung von Menschen mit ganz unterschiedlichen Biographien, Berufen, Gefühlen und Gedanken. „An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich; die Leute aber standen am Ufer. Und er sprach lange zu ihnen in Form von Gleichnissen“ (Mt 13,1–3a).

      Jesus lebte zu dieser Zeit in Kafarnaum, einer Stadt am See Gennesaret. Am Ufer des Sees hatte er einen Lieblingsplatz, an dem er sich gerne in den frühen Abendstunden aufhielt. Das hatte sich herumgesprochen. Nach einem langen und anstrengenden Arbeitstag kamen auch heute wieder viele Menschen aus der ganzen Gegend an den See, um Jesus zu treffen. Andere kamen eher zufällig vorbei. Da war eine Mutter, die sich Sorgen machte um ihre Kinder; da war ein Fischer, der in letzter Zeit nur wenig Fische im Netz hatte; da waren spielende Kinder; da war ein Synagogenvorsteher, der sich über die vielen Menschen wunderte; da waren Menschen, die um einen lieben Angehörigen trauerten … Jesus bemerkte sie, jeden und jede in der Menge nahm er wahr. Er sah sie liebevoll an und las in ihren Gesichtern, ihre Ängste und Nöte, ihre Unruhe und Fragen. Und er redete lange zu ihnen und eröffnete ihnen mit Bildern, die sie verstanden, das Reich Gottes. Bei einigen dieser Menschen begann das Herz immer stärker für Jesus zu schlagen. Seine Worte taten ihnen gut, sie entlasteten. Gnadenlose Überforderung, Leistungsdruck und Versagensängste kamen in der Wirklichkeit, die er verkündete, nicht vor. Als sie erkannten, dass er selbst mit dem Schatz im Acker und mit der besonders wertvollen Perle gemeint war (Mt 13,44–46), fingen ihre Herzen an, für ihn zu brennen, denn sie spürten: Jesus allein genügt, um das Leben zu haben.

      Wenn wir uns heute in seinem Namen versammeln und das Evangelium hören, nimmt Jesus Christus uns besonders in den Blick und liest in unseren Gesichtern. Schlägt, ja brennt unser Herz für ihn? Können suchende und fragende Menschen, die uns Christen im Alltag begegnen oder uns im Gottesdienst und bei Veranstaltungen im Gemeindehaus erleben, mit einem liebevollen und gütigen Blick rechnen? Fragen wir uns bei den Entscheidungen, die wir zu treffen haben, und bei all dem, was wir uns – ob im persönlichen Leben oder im Leben der Gemeinde – vornehmen: Was würde Jesus jetzt tun? Oder vermeiden wir diese Frage lieber, weil sie auch unbequeme Antworten bedeuten könnte?

      Mit dem Blick auf die Menge am See bedeutet Lokale Kirchenentwicklung, im großen Raum der Pfarrei Orte zu pflegen und zu gestalten, die für alle Menschen erreichbar und offen sind; Orte, an denen Menschen mit ihren Sorgen und Nöten Gehör finden, Stärkung erfahren und andere Menschen finden, die von ihrem Glauben an Gott und ihrer Hoffnung erzählen. Solche Orte sind zum einen die eigenen Kirchen, Kapellen und Gemeindehäuser, zum anderen städtische und kommunale Begegnungsstätten, soziale Einrichtungen, Krankenhäuser, Altenheime, Kindertagesstätten, Schulen etc. Gemeinsam mit weiteren Ehrenamtlichen und dem Pastoralteam stehen Mitglieder der Gemeindeleitungsteams an diesen Orten als Ansprechpersonen zur Verfügung, beraten und vermitteln und geben eigene Impulse zur Gestaltung des christlichen Lebens vor Ort.

       Gebet

      Jesus, segne uns mit Händen,

      die es wagen, Menschen zu berühren

      und sie aufzurichten.

      Segne uns mit Worten,

      die Not beim Namen nennen

      und Verkrümmtes heil werden lassen.

      Segne uns mit einem Herz,

      das Leiden erspürt,

      sich treffen lässt

      und zum Handeln drängt.

      Segne uns mit der Bereitschaft,

      uns immer neu zu dir rufen zu lassen,

      um heil zu werden.

      Amen.

       (Katja Süß, aus: Jeden Augenblick segnen, S. 55)

       2.5 Berufen – zum Schaf und zum Hirten

      Jeder Christ, jede Christin, jeder Mensch, der sich zu Jesus Christus hingezogen fühlt, ist ein Gerufener und Berufener. Jesus ruft Menschen zusammen aus allen Richtungen, gesellschaftlichen Schichten, Milieus und Strömungen. Er sammelt Menschen, macht sie vertraut mit der Liebe Gottes, behütet sie wie ein guter Hirt seine Schafe und gibt ihnen zugleich Anteil an seiner Hirtensorge. Im biblischen Bild vom guten Hirten (vgl. z.B. Joh 10,11–18 und Joh 10,27–30) können wir erkennen, wie Gott für uns Menschen da ist und wie wir für unsere Mitmenschen zum Segen werden können.

      Der gute Hirt freut sich über jedes neue Schaf. Er kennt alle seine Schafe und weiß, was sie brauchen und wie viel. Seine Schafe liegen ihm am Herzen. Er denkt und fühlt sich in seine Schafe hinein und studiert aufmerksam ihr Verhalten, um sie nicht zu überfordern und frühzeitig Schaden von ihnen abwenden zu können. Hat sich ein Schaf verirrt, sucht der gute Hirt, bis er es gefunden hat. Verfängt sich ein Schaf im Dornengestrüpp, befreit er es. Muss die Herde eine gefährliche Stelle an einem steilen Abgrund passieren, leitet der gute Hirt sie vorsichtig weiter. Hat sich ein Schaf verletzt, verbindet er sorgfältig die Wunde. Besonders gibt der gute Hirt auf die Muttertiere acht. Ist ein Lamm erschöpft, trägt er es auf seinem Rücken. Bedroht ein Wolf seine Herde, stellt sich der gute Hirt schützend vor seine Schafe. Verantwortungsvoll führt er seine Schafe immer wieder auch in unbekannte Gebiete. Er freut sich mit den Schafen, wenn sie die saftigen Wiesen und das frische Wasser erreicht haben. In der Nacht wacht der gute Hirt über seine Herde.

      Jesus Christus ist der gute Hirt der Menschen. Das hat er selbst von sich gesagt. Wir dürfen uns ihm anvertrauen und uns von ihm rufen und berufen lassen: im Gebet, im Evangelium, in der Feier der heiligen Zeichen und in den Menschen, denen wir täglich begegnen. Jesus Christus hat viele, sehr viele Menschen berufen, als Hirtinnen und Hirten den Mitmenschen beizustehen. Christen sind also dazu berufen, in ihren Nöten und ihrer Hilfsbedürftigkeit Schaf zu sein sowie mit ihren Erfahrungen, Charismen und Fähigkeiten, Beauftragungen und Weihen für all unsere Mitmenschen Hirtin und Hirt zu sein. Beides ist Geschenk Gottes, beides ist Gnade!

      Mit was für einer Gesellschaft haben wir es zu tun, wenn sich – wie so oft – nicht einmal Nachbarn kennen, sie sich gegenseitig nicht über den Weg trauen und überhaupt kein Interesse aneinander zeigen? Es kann uns doch nicht egal sein, wenn sich Menschen rechts- oder linksradikalen Gruppen anschließen oder in Sekten ihre geistliche Heimat suchen, in denen sie manipuliert und ausgebeutet werden. Es kann uns doch nicht gleichgültig sein, wenn sich Menschen immer tiefer in Schuld verstricken. СКАЧАТЬ