Der Schoppenfetzer und die Bacchus-Verschwörung. Günter Huth
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Название: Der Schoppenfetzer und die Bacchus-Verschwörung

Автор: Günter Huth

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783429064655

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СКАЧАТЬ wenige Zeilen in steiler Hanglage wuchsen, war er mehr wert als seine übrigen Weinberge zusammen. Durch Zufall hatte er vor Jahren herausgefunden, dass dieser Weinberg ein Geheimnis barg, das er nur wenigen Männern im Dorf anvertraut hatte. Die Winzer hatten die Besonderheit dieses Weinbergs erkannt und in Gedenken an den Weingott Bacchus, dem sie ihrer Meinung nach dieses Geschenk verdankten, den Bund der Bacchus-Brüder gegründet. Sie hatten sich geschworen, das Geheimnis des Weinbergs unter allen Umständen zu wahren. Doch schon nach kurzer Zeit war bei einigen Mitgliedern der Bruderschaft der Wunsch nach einer kommerziellen Nutzung des Gottesgeschenks aufgekommen. Das hatte zum Streit geführt, infolgedessen sich jene Winzer vom ideellen Zweig der Bruderschaft abspalteten und sich fortan Retschter Bacchus-Bruderschaft nannten.

      Fuller saß nun zwischen zwei Stühlen. Einerseits wollte er das wunderbare Geheimnis wahren, auf der anderen Seite sah er aber auch ein, dass man ein solches Geschenk des Bacchus allen Menschen kostenlos zur Verfügung stellen sollte. So traf er in seinem Testament eine Regelung, die er allerdings für sich behielt. Wenn er darauf angesprochen wurde, wie er sich die Zukunft seines besonderen Weinbergs vorstellte, erklärte er nur, dass er eine für alle Parteien zufriedenstellende Regelung getroffen habe.

      Ein baldiges Ableben von Fuller war nicht zu befürchten gewesen, denn der alte Winzer war dank Bacchus’ Geschenk topfit. Schon seit Jahren trainierte er täglich kurz nach Sonnenaufgang in den Fluren der Gemeinde für den Würzburg-Marathon. Fuller rechnete sich gute Chancen aus, in seiner Altersgruppe auf einen der vorderen Plätze zu kommen.

      Bei seinem letzten Trainingslauf hatte er wie üblich die Verbindungsstraße zwischen Retzbach und Retzstadt bei der Einmündung zum Bendelsgraben überquert, um auf der anderen Seite des Grundes die Höhen des Langenbergs zu erlaufen. Fuller trug bei seinem Training stets Köpfhörer im Ohr, weil er beim Laufen gerne Country-Musik hörte, deren Rhythmus ihm zusätzlichen Schwung verlieh. Um diese frühe Zeit war auf der Verbindungsstraße praktisch kein Verkehr, so dass er nicht sonderlich aufmerksam war.

      Der starke Geländewagen tauchte so plötzlich auf, dass Fuller keine Chance hatte zu reagieren. Mit hoher Geschwindigkeit kam das Fahrzeug aus Richtung Retzbach herangerast. Fuller wurde von dem massiven Frontbügel des Wagens mit voller Wucht erfasst und mehrere Meter weit in eine angrenzende Wiese geschleudert. Er war auf der Stelle tot.

      Der Fahrer des Geländewagens fuhr mit kaum verminderter Geschwindigkeit weiter. Erst am Ortsschild Retzstadt wurde er langsamer. Kurz nach dem Dorf, in Richtung Gramschatz, stand rechts in einem Waldweg ein Abschleppfahrzeug. Die Laderampe des Lkw war ausgefahren. Der Geländewagen hielt an, der Fahrer sprang hinter dem Steuer hervor, öffnete den Gepäckraum und zog ein Mountainbike heraus. Er lehnte es gegen einen Baum, dann stieg er wieder ein und steuerte den Wagen auf die Ladefläche. Er und der Lenker des Abschleppwagens zurrten das Geländefahrzeug mit wenigen Handgriffen fest, dann zogen sie eine Abdeckplane über den Wagen und die Rampe wurde eingefahren.

      Der Geländewagenfahrer zog einen Umschlag aus der Tasche und übergab ihn dem Abschlepper. Dieser warf einen prüfenden Blick hinein und nickte zufrieden. Er stieg in die Fahrerkabine des Lkw und wendete. Schon nach kurzer Zeit verlor sich die Spur des Abschleppfahrzeugs auf den Straßen Unterfrankens. Der Geländewagen überlebte die Nacht nicht. Als handliches Metallpaket kam er drei Stunden später aus Richies Schrottpresse.

      Wenig später ärgerte sich der Jäger Fritz Stangl, der sich in diesen nächtlichen Stunden auf der Pirsch in den Wäldern auf den Höhen rund um Retzstadt befand, über einen verrückten Mountainbiker, der „wie ein Gestörter“, wie er schimpfte, an seinem Hochsitz vorüberraste und ihm den Ansitz damit gründlich verdarb.

      Der Tote in der Wiese wurde erst eine Stunde nach dem Unfall entdeckt, als sich ein Retzstadter Bürger früh auf den Weg zur Arbeit machte. Gegen den unbekannten Fahrer des Unglückswagens wurde von der Polizei ein Ermittlungsverfahren wegen Fahrerflucht und fahrlässiger Tötung eingeleitet. Aufgrund der am Unfallort vorhandenen Spuren konnte die Polizei feststellen, dass es sich bei dem Tatfahrzeug um einen Geländewagen gehandelt hatte. Auch den Typ des Geländewagens konnte man wenig später feststellen, und es wurde ein entsprechender Fahndungsaufruf eingeleitet, der aber ergebnislos verlaufen sollte.

      Da für das Verfahren gegen den flüchtigen Fahrer die genaue Todesursache und der Todeszeitpunkt festgestellt werden mussten, wurde Alex Fuller im Institut für Rechtsmedizin obduziert. Wie immer, wenn der obduzierende Pathologe eine Leichenöffnung vornahm, las er zuerst die Einlieferungspapiere durch. Als er dann das weiße Leinentuch von dem Körper des Toten entfernt hatte, konnte er nicht glauben, was er sah. Vor ihm lag der durchtrainierte Körper eines wohlgenährten Mannes im besten Alter und in einer sehr guten körperlichen Verfassung. Auch die spätere Untersuchung der inneren Organe des Toten entsprach dieser Einschätzung. Mehrmals vergewisserte sich der Mediziner anhand der Papiere, dass er sich nicht getäuscht hatte. Aber die Unterlagen ergaben eindeutig, dass Fuller zum Zeitpunkt seines Ableb ens über siebzig Jahre alt war. Man musste jetzt nicht unbedingt von einem medizinischen Wunder sprechen, es war aber doch so ungewöhnlich, dass der Pathologe seine Kollegen zu sich rief und ihnen den Toten präsentierte. Diese nahmen den Zustand von Fullers Leichnam ebenfalls mit Erstaunen zur Kenntnis. Eine sofort veranlasste Überprüfung der Angaben auf den Papieren ergab, dass kein Amtsversehen vorlag. Da hier ein über das Interesse der Staatsanwaltschaft an der genauen Todesursache hinausgehendes wissenschaftliches Interesse der Pathologen vorlag, wurden die entnommenen feingeweblichen Proben der Organe einer besonders gründlichen Untersuchung unterzogen. Dabei stellte man eine große Menge einer in den Zellen eingelagerten Substanz fest, die den Wissenschaftlern einige Rätsel aufgab. Diese Substanz war nicht toxisch, so viel stand fest. Sie musste sich über einen langen Zeitraum in den Zellen des Toten eingelagert haben. Trotz dieser merkwürdigen Umstände wurde der Leichnam Fullers schließlich zur Bestattung freigegeben, allerdings nicht, ohne vorher entsprechende Proben sicherzustellen.

      Das Ergebnis der Untersuchung ließ dem Pathologen keine Ruhe. Er schickte die Gewebeproben nach langen Überlegungen an einen Studienfreund nach Moskau. Dieser war Chemiker in einem bekannten Pharmaunternehmen Russlands. Er arbeitete dort in der Entwicklungsabteilung, die über ungleich feinere Untersuchungsmöglichkeiten verfügte und der ein fast unbegrenztes Budget zur Verfügung stand. Dieser Weg hatte zudem den Vorteil, dass von dem Befund vorerst kein deutsches Labor erfahren würde.

      Der Pathologe hatte das Gefühl, hier etwas ganz Besonderem auf der Spur zu sein.

      Es war in der Nacht nach dem Todestag von Axel Fuller, als sich eine dunkel gekleidete, kräftige Gestalt dem Anwesen des Verstorbenen näherte. Dieses grenzte direkt an den Waldrand, so dass die Person ungesehen den niedrigen Jägerzaun überwinden konnte. Als sie wenig später den Hintereingang des Hauses erreicht hatte, stellte sie fest, dass die Tür nicht abgeschlossen war. Der Verstorbene war ein sehr vertrauensseliger Mensch gewesen.

      Der Eindringling schob die Tür langsam auf. Plötzlich ertönte ein lautes Gepolter. Erschrocken wollte er, einem ersten Impuls folgend, flüchten, riss sich aber zusammen. Er ließ eine kleine Taschenlampe aufleuchten und erkannte einen Besen, der offenbar hinter der Tür angelehnt gestanden hatte. Aufatmend wischte sich der Eindringling den Schweiß von der Stirn. Er überlegte kurz, wo er zuerst nachsehen sollte, und entschied sich für das Wohnzimmer. Kaum hatte er die Schwelle zum Wohnraum überschritten, bekam er einen harten Schlag auf den Kopf und brach bewusstlos zusammen.

      Eine in einen schwarzen, eng anliegenden Trainingsanzug gekleidete männliche Gestalt verstaute mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen den mit Leder umwickelten Totschläger in der Jackentasche. Die Warnvorrichtung in Form des Besens hatte bestens funktioniert. Kurz musterte der Mann das Gesicht seines Opfers im schwachen Schein seiner kleinen Taschenlampe. Ein leiser Pfiff kam über seine Lippen. Er kannte den Mann. Nach einer kurzen Überprüfung des Pulsschlags des Niedergeschlagenen nickte er zufrieden. Sicher würde dieser am nächsten Tag СКАЧАТЬ