Название: Schweizer Wirtschaftseliten 1910-2010
Автор: Thomas David S.G.
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная деловая литература
isbn: 9783039199327
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Die Ausdehnung des «allgemeinen» Stimmrechts auf die Frauen 1971 stellte die Weichen für ihren künftigen Zugang zu Machtpositionen in der Gesellschaft. Denn selbst wenn diese Verfassungsänderung keine direkte Wirkung auf den wirtschaftlichen Bereich hatte, begünstigte der Eintritt der Frauen in die Politik doch eine gewisse Öffnung in den Unternehmen. So veränderte sich die Präsenz von Frauen in den 110 grössten Unternehmen ab den 1980er-Jahren deutlich: Zum einen waren sie zahlreicher vertreten. Auch wenn dieser zahlenmässige Anstieg von einem bescheidenen Niveau ausging (fünf Frauen im Jahr 1957), so sind die 20 weiblichen Verwaltungsrätinnen und Direktorinnen 1980 für die Schweiz beachtenswert. Zweitens veränderte sich ihr Profil: Zwar waren einige dieser Frauen immer noch Firmenerbinnen – so sass beispielsweise die 1926 geborene Hortense Anda-Bührle im Verwaltungsrat von Oerlikon-Bührle. Die Mehrheit der Frauen jedoch gelangte an die Spitze von Unternehmen, die sich nicht in Familienbesitz befanden. Häufig hatten sich diese Verwaltungsrätinnen des neuen Typs in der politischen Arena einen Namen als Frauenrechtlerinnen gemacht und sich für einen (bürgerlichen) Feminismus engagiert.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts öffnete sich die Welt der Grossunternehmen langsam auch für Frauen. Diese Öffnung war allerdings stark vom Fortwirken gewisser Geschlechterstereotypen geprägt: Von den 20 1980 erfassten Frauen waren 13 im «weiblich» konnotierten, dem (Haushalts-)Konsum verbundenen Sektor der Grossverteiler tätig. Allein dem Verwaltungsrat der Migros gehörten fünf Frauen an. Die Migros war damit das einzige Unternehmen, dessen Strategieorgan mehr als ein weibliches Mitglied hatte. Die übrigen Frauen verteilten sich auf die Verwaltungsräte von Coop, Grand Passage, Innovation, Jelmoli und andere im Detailhandel tätige Unternehmen. Gänzlich fehlten in den berücksichtigten Stichjahren Frauen übrigens in den Branchen Versicherungen, Lebensmittel, Bau, Energie, Uhren und Transport.
Eine Kombination von Faktoren führte dazu, dass Frauen bis in die 1980er-Jahre von Machtpositionen in Schweizer Grossunternehmen ausgegrenzt wurden: die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, das Kooptationssystem und die Bedeutung der Militärkarriere. In eigentümlicher Weise begünstigte der Familienkapitalismus – in dieser Ära die vorherrschende Logik der Corporate Governance – in den Grossfirmen zugleich den Aus- und den Einschluss der Frauen. Einerseits bevorteilte ein patriarchalisches System die männlichen Familienmitglieder in den Familienbetrieben. Umgekehrt stammten die wenigen Verwaltungsrätinnen vor 1970 ausschliesslich aus den Besitzerfamilien. Das Frauenstimm- und Wahlrecht war ein wichtiger Wendepunkt. Seine Einführung 1971 brach das Monopol der Männer auf Führungspositionen in der Wirtschaft und ermöglichte es einer Handvoll Pionierinnen, die gläserne Decke zu durchbrechen. Trotzdem blieb in der Wirtschaft der Widerstand gegen eine Feminisierung der Machtpositionen stärker und hartnäckiger als in der Politik. Tatsächlich verlief das Vorrücken von Frauen in Führungspositionen der Grossbetriebe ab den 1970er-Jahren deutlich langsamer als im Parlament (Kapitel 9).
Pionierinnen in Machtpositionen
Annie Dutoit (1909–1999)
Weil ihre Eltern dagegen waren, musste Annie Dutoit sich ihr Jurastudium selbst finanzieren. Als Rechtsanwältin und Selfmadewoman trat sie 1972 in den Verwaltungsrat des Warenhauses Innovation ein und übernahm 1979 dessen Präsidium. Sie war damit die zweite der in Tabelle 2 (S. 35) aufgeführten Frauen, der es gelang, die gläserne Decke zu durchbrechen und ins Präsidium einer Grossfirma vorzustossen. Im Übrigen war Annie Dutoit Mitglied der Liberalen Partei und präsidierte 1968 als erste Frau den Gemeinderat von Lausanne.
Rosmarie Michel (*1931)
Rosmarie Michel übernahm 1956 die Leitung der 1869 in Zürich gegründeten Confiserie Schurter, ein Familienunternehmen, das bis anhin ihrer Mutter gehört hatte. Sie hatte also bereits ein Standbein in der Geschäftswelt, als sie in der Frauenbewegung aktiv wurde. Dort setzte sie sich für eine bessere Vertretung der Frauen in der Wirtschaft ein und gehörte von 1977 bis 1989 dem Vorstand der International Federation of Business and Professional Women an, die sie von 1983 bis 1985 präsidierte. Anfang der 1980er-Jahre war sie Mitglied des Verwaltungsrats der Merkur AG, einem Detailhändler, der über ein schweizweites Filialnetz Kaffee und Schokolade verkaufte.
Mary Paravicini-Vogel (1912–2002)
Mary Paravicini-Vogel besuchte als Tochter eines Kaufmanns eine Handelsschule und heiratete 1937 einen Rechtsanwalt. 1942 trat sie dem Landesring der Unabhängigen (LdU) bei und gründete 1957 den Schweizerischen Bund der Migros-Genossenschafterinnen. Auch sie war eine politisch engagierte Persönlichkeit, von 1946 bis 1956 Vorstandsmitglied der Vereinigung für Frauenstimmrecht Basel und Umgebung, sowie von 1947 bis 1957 Vorstandsmitglied des Schweizerischen Verbands für Frauenstimmrecht. Zudem leitete sie 1955 die eidgenössische Delegation am Weltkongress der Frauen in Ceylon (heute Sri Lanka). Zusätzlich zur Frauenbewegung war sie auch im Konsumentenschutz stark engagiert.
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