Mit Charme gewinnen - kämpfend vorangehen. Karl Graf
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Название: Mit Charme gewinnen - kämpfend vorangehen

Автор: Karl Graf

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

Серия: Ignatianische Impulse

isbn: 9783429064860

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СКАЧАТЬ mit meinem Tod rechneten. Ich erholte mich dann zwar, jedoch nur langsam. Die Zeit im Bett vertrieb ich mir mit Ritterphantasien und dem Träumen von Heldentaten. Wie du, Teresa, hätte ich gerne Ritterromane gelesen. Doch es waren keine im Haus. Meine Schwägerin Magdalena brachte mir dann zwei religiöse Bücher, nämlich eine »Vita Christi« und eine Sammlung von Heiligenlegenden. Was mich sowohl bei den Ritterromanen wie bei den Heiligenlegenden interessierte, waren die Heldentaten. Ich träumte immer noch davon, etwas Besonderes zu vollbringen. Manchmal dachte ich an Heldentaten als Ritter, manchmal an ein heroisches Leben als Heiliger.

       Teresa

      Oh Ignatius! Ich habe dir ja schon erzählt, wie ich als Heldin gegen die Mauren kämpfen und als Märtyrerin sterben wollte. Da das nicht möglich war, entschied ich mich fürs Kloster, um, wie schon gesagt, der Hölle zu entkommen und patriarchalen Zwängen weniger ausgeliefert zu sein. Dort suchte ich über viele Jahre meinen ganz eigenen Weg als Frau. Meine praktische Begabung und meine Kontaktfreudigkeit schützten mich vor allzu verstiegenen Träumen.

      Doch wie hast du, Ignatius, vom Träumen ins reale Leben gefunden?

       Ignatius

      Mit der Zeit brachte mich die radikale Unterbrechung meiner Karriere in eine Krise, die mich zum Nachdenken zwang und zu einer grundlegenden Umorientierung führte. In den langen Stunden auf meinem Krankenbett entwickelte und vertiefte sich meine Selbstwahrnehmung. Ich stellte fest, dass die Träume von Ritterabenteuern und Heldentaten mich leer zurückließen, während ich nach der Beschäftigung mit spiritueller Literatur eine positive Energie in mir spürte und ich mich bestärkt und getröstet fühlte. Die früheren

      Karriereziele kamen mir zunehmend leer und sinnlos vor. So entschied ich mich, in meinem Leben neue Prioritäten zu setzen.

       Teresa

      Ich staune über deine entschiedene Neuorientierung, Ignatius. Bei mir zog sich der Prozess der Umorientierung viel länger hin. Du weißt ja um die Schwierigkeiten in unseren Klöstern. Es gab zwar viele eifrige Mitschwestern, aber die Bedingungen waren für das kontemplative Leben nicht günstig. In »meinem« Kloster der Menschwerdung lebten 180 Nonnen, die auch aus purer wirtschaftlicher Not viele Außenkontakte pflegten. Es ging zu wie in einem Bienenhaus. Die vielen mündlichen Gebete im Auftrag unserer Wohltäter erlebte ich oft als äußerliche Pflichterfüllung und meine Seele fand kaum Nahrung. Aber es gab etwas ganz Entscheidendes, das mich in diesen schwierigen Jahren, in diesem Hin und Her getragen hat, nämlich das innere Gebet. Es war jedoch ein langer und schwieriger Weg. In meiner Vida schrieb ich über diese stürmische Zeit: »Weil ich mich an dieser starken Säule des inneren Gebetes festklammerte, trieb ich mich fast zwanzig Jahre auf diesem stürmischen Meer herum mit diesem Fallen und Aufstehen, aber das nur schlecht – denn ich stürzte wieder … Ich kann nur sagen, dass das eine der mühseligsten Lebensweisen ist, die man sich meines Erachtens vorstellen kann, denn weder erfreute ich mich Gottes, noch fand ich in der Welt mein Glück« (V 8,2). Es war sehr hart und ich litt an meinem inneren Zwiespalt, hin- und hergerissen zwischen meinen vielen Kontakten sowie weltlichen Zerstreuungen und meiner Freundschaft mit Jesus. Trotzdem: Das innere Beten vertiefte sich und wurde immer mehr zur tiefsten Quelle meiner Spiritualität.

      4. Spiritueller Angelpunkt

      Bei Christus verweilen wie bei einem Freund – Gott und seinen Willen suchen und finden

       Teresa

      Ich hatte diese »Säule des inneren Betens« mit dem Buch »Das dritte geistliche Alphabet« des Franziskaners Francisco de Osuna kennengelernt. Mein Onkel Pedro hatte es mir gegeben, als ich 1538, schwer erkrankt, auf dem Weg zu einer Heilerin war. Dieses Buch lehrte mich, dass Beten etwas ganz Einfaches und sehr Persönliches ist, und mir wurde bewusst, dass ich in meiner Kindheit quasi selbstverständlich so gebetet hatte. Ich hatte mir zum Beispiel vorgestellt, mit Jesus am Ölberg zu verweilen. In meiner Vida beschrieb ich diese Weise zu beten später als trato de amistad, als Freundschaftspflege mit Gott: Inneres Gebet ist »nichts anderes … als Verweilen bei einem Freund, mit dem wir oft allein zusammenkommen, einfach um bei ihm zu sein, weil wir sicher wissen, dass er uns liebt« (V 8,5).

       Ignatius

      Ich bin berührt, wie du von deiner jahrelangen Krise und deinem Weg zum inneren Beten erzählst. Auch mir war es sehr wichtig, mit Christus im Gespräch zu sein wie mit einem Freund. Und doch gab es, so scheint es mir, einen typischen Unterschied. Du betontest das Verweilen bei Christus, »einfach um bei ihm zu sein, weil wir sicher wissen, dass er uns liebt« (V 8,5). Ich habe in meinem Exerzitienbuch geschrieben: »Das Gespräch wird gehalten, indem man eigentlich spricht, so wie ein Freund zu einem andern spricht oder wie ein Knecht zu seinem Herrn« (EB 54). Dabei ging es mir zentral darum zu erkennen, »was ich für Christus tun soll« (EB 53).

      Das war dir auch wichtig, das weiß ich. Doch im Unterschied zu dir entwickelte ich nicht eine eigene Form des inneren Betens und Verweilens, sondern die Methode der »Geistlichen Übungen« mit dem Ziel, Gott und seinen Willen zu suchen und zu finden bzw. Christus »mehr zu erkennen, um ihm mehr zu dienen und nachzufolgen« (EB 130). Wie ich es den Übenden nahelegte, beendete ich dazu selber jeden Tag mit dem »Examen«, dem »Gebet der liebenden Aufmerksamkeit«, wie manche diese Übung gerne nennen. Dabei führte ich mir den vergangenen Tag vor Augen und bedachte ihn dankend, klagend und bittend vor Gott. Dieses Gebet wurde mir zur wichtigsten Viertelstunde des Tages. Ich dankte für Geschenktes und Gelungenes, bat um Vergebung für meine Verfehlungen und um Kraft, Mut und Beistand auf das Kommende hin.

      In meinem Exerzitienbuch habe ich alle meine geistlichen Übungen systematisch zusammengestellt und da steht am Schluss jeder Übungseinheit das Gespräch mit Gott. Das war mir sehr wichtig, da ich dazu anleiten wollte, radikal Gott und seinen Willen zu suchen. Auch in der geistlichen Begleitung von Menschen vertraute ich zutiefst darauf, dass Gott in jedem Menschen einmalig wirkt und Gottes Wille ein Liebeswille ist. Ich versuchte deshalb konsequent, auf Beeinflussung zu verzichten. Das war in der damaligen Zeit gar nicht selbstverständlich. Das hast du ja mit manchen Beichtvätern schmerzlich erlebt.

       Teresa

      Was du sagst, lieber Ignatius, bewegt mich. Es ist deine große Stärke, das Wesentliche knapp und klar auf den Punkt zu bringen. Was mir zusätzlich sehr gefällt, ist, dass du schriebst »Gott umfängt uns«. Du bist ja sonst eher zurückhaltend mit dem Ausdruck von Gefühlen – im Unterschied zu mir! Wobei, du lässt in den Exerzitien sogar um Gefühle bitten, zum Beispiel bei der Betrachtung der Auferstehung: »Gnade erbitten, um fröhlich zu sein und mich innig zu freuen …« (EB 221). Einig sind wir uns allerdings darin, dass Gefühle nicht das Entscheidende sind.

      Ich muss sagen, Ignatius, ich finde unser Gespräch spannend und erhellend. Unsere Herkunft, unsere Lebensform und unser Geschlecht spiegeln sich offensichtlich in unserer Spiritualität. Du warst viel – oft allein – unterwegs, ein Pilger, und dein Angelpunkt war die Suche nach dem Willen Gottes im Hier und Jetzt. In langjähriger Arbeit hast du deine Übungen systematisiert und damit für unzählige Übende zugänglich gemacht.

      Dies war weniger meine Art. Ich lebte im Kloster in einer Gebetstradition, die das mündliche Beten betonte – mit der Gefahr, dass das gemeinsame Stundengebet ohne eine echte, spirituelle Gottesbeziehung »absolviert« wurde. Das klingt vielleicht etwas despektierlich. Aber ich litt darunter und dies trug wesentlich dazu bei, dass mir das innere Gebet so wichtig wurde. Wir waren also beide aus unterschiedlichen Gründen herausgefordert, eine eigene Spiritualität und Gebetspraxis sozusagen neu zu erfinden. Für dich waren das Betrachten des Weges Jesu und das aufmerksame Wahrnehmen der inneren Regungen zentral, eine Praxis, die du in der langen Genesungszeit auf dem Krankenbett begonnen hattest. Für mich war es ein langjähriger, СКАЧАТЬ