Название: Gesammelte Werke von Xenophon
Автор: Xenophon
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 4064066498634
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Chirisophus zog in aller Sicherheit an der Küste hin und kam im Hafen von Kalpe an. Xenophon aber nahm seinen Marsch mitten durchs Land. Die Reiterei desselben, welche vorauszog, stieß auf einige alte Leute, die irgend wohin reisten; diese wurden zum Xenophon geführt, der sie befragte, ob sie irgend ein andres griechisches Corps wahrgenommen hätten. Sie erzählten jene Vorfälle ausführlich und benachrichtigten ihn, daß jetzt die Griechen auf dem Hügel ringsum eingeschlossen von der ganzen Macht der Thrazier belagert würden. Xenophon ließ diese Menschen in sichere Verwahrung nehmen, um sich ihrer nöthigenfalls als Wegweiser zu bedienen, stellte hierauf zehn Vorposten aus, ließ das Heer zusammenkommen und sagte:
»Soldaten, ein Theil der Arkadier ist auf dem Platze geblieben, und der Rest wird auf einem Hügel belagert. Kommen diese noch um, so ist es, wie ich wenigstens glaube, auch um uns geschehen, da der Feind so zahlreich und so unternehmend ist. Wir können daher, meines Erachtens, nichts Besseres thun, als jenem Corps so schnell als möglich zu Hilfe kommen, und wenn es sich noch hält, mit ihm vereinigt fechten, um nicht, wenn wir nur allein noch übrig wären, auch die Gefahren allein bestehen zu müssen. Lagern können wir uns also erst, wenn wir uns das Abendbrod durch einen tüchtigen Tagemarsch verdient haben. Unterwegs mag Timasion mit der Reiterei vorausziehen, auf uns Acht geben und die vorliegende Gegend beobachten, damit uns nichts entgeht.« Zugleich schickte er einige leichte Truppen auf die Flügel und auf die Anhöhen, um sogleich von ihnen ein Zeichen zu erhalten, wenn sie von irgend einer Seite etwas gewahr würden und befahl ihnen, alles Brennbare, was sie antreffen würden, in Brand zu stecken. »Denn,« sagte er, »hier zu entfliehen, ist nicht wohl möglich, da es zu weit ist, nach Heraklea zurückzugehen, oder Crysopolis zu erreichen, und der Feind so nahe steht. Nach Kalpe, wo Chirisophus, wenn ihm nichts zugestoßen ist, wol angelangt sein wird, ist freilich der kürzeste Weg: allein fürs Erste finden wir dort keine Schiffe, um abzusegeln und hätten wir auch keine Lebensmittel, um nur einen Tag da bleiben zu können. Ueberdies wäre es, wenn die eingeschlossenen Griechen aufgerieben würden, nachtheiliger für uns, blos mit Chirisophus' Truppen verstärkt die Gefahren des Krieges bestehen zu müssen, als wenn wir, nachdem jenes Corps gerettet wäre, uns Alle zusammenzögen und gemeinschaftlich für unsere Wohlfahrt sorgten. Wir müssen also vorwärts, fest entschlossen jetzt, entweder rühmlich zu sterben oder die schönste That, die Rettung so vieler Griechen zu vollbringen, und vielleicht sind diese Umstände eine Schickung der Gottheit, um jene Griechen, die sich für klüger hielten als uns, für ihren Hochmuth zu demüthigen, uns aber, die wir unsere Unternehmungen mit den Göttern beginnen, vor ihnen auszuzeichnen. Wohlan nun, folgt mir nach und seid aufmerksam, um die gegebenen Befehle vollziehen zu können.« Mit diesen Worten begann er den Marsch. Die Reiterei zerstreute sich, so weit es sicher war, und steckte auf ihrem Zuge Alles in Brand; auch die Peltasten, welche die Anhöhen erstiegen, zündeten alles Brennbare an, was sie erblickten, und wenn etwas stehen geblieben war, worauf das Hauptcorps stieß, so wurde es von diesem in Flammen gesetzt, so daß die ganze Gegend zu brennen und ein großes Heer anzurücken schien. Als es Zeit war, besetzten sie einen Hügel und schlugen das Lager auf. Hier erblickten sie die feindlichen Feuer, – denn sie waren nur etwa vierzig Stadien davon entfernt, – und zündeten nun auch ihrerseits so viele Feuer an, als sie nur konnten. Nach der Abendmahlzeit wurde Allen Befehl gegeben, die Feuer so schnell als möglich auszulöschen, dann wurden die Posten für diese Nacht ausgestellt, und man begab sich zur Ruhe. Mit Anbruch des Tages beteten sie zu den Göttern, stellten sich in Schlachtordnung und rückten nun mit der möglichsten Schnelligkeit vorwärts. Timasion und seine Reiterei, die mit den Wegweisern voranzogen, kamen auf dem Hügel, wo die Griechen waren belagert worden, an, ehe sie es bemerkten. Hier trafen sie nun weder ihre Waffenbrüder noch den Feind an, – wovon sie Xenophon und das Heer benachrichtigten, – sondern alte Weiber und Männer, wenige Schafe und zurückgelassene Ochsen. Anfänglich staunten sie und wußten sich die Sache nicht zu erklären, endlich aber erfuhren sie von den zurückgebliebenen Leuten, daß die Thrazier sogleich Abends, die Griechen aber am Morgen ihren Abmarsch genommen hätten, ohne daß sie wüßten, wohin. Auf diese Nachricht brach Xenophon mit seinen Leuten nach beendigter Frühmahlzeit auf und eilte, um sich mit den Andern bei Kalpe zu vereinigen. Auf dem Marsche sahen sie die Fußtapfen der Arkadier und Achäer gegen Kalpe zu gerichtet, und als sie dort zusammenkamen, waren sie froh, einander wieder zu sehen und umarmten sich wie Brüder. Die Arkadier erkundigten sich bei Xenophon's Leuten, warum sie die Feuer ausgelöscht hätten? »Anfänglich,« fuhren sie fort, »da wir keine Feuer mehr sahen, erwarteten wir, ihr würdet den Feind in der Nacht angreifen, und dieser mochte wol, wie es uns schien, dasselbe befürchten, denn er nahm ungefähr um diese Zeit seinen Abzug. Als ihr aber nicht kamt und die Zeit verlaufen war, so vermutheten wir, ihr hättet euch auf die Nachricht von unserm Schicksale aus Furcht gegen das Meer zu geflüchtet, da beschlossen wir, uns nicht von euch zu trennen, und so nahmen wir unsern Marsch hierher.«
4.
Sie brachten also diesen Tag hier auf dem Ufer am Hafen zu. Dieser Ort, der Hafen von Kalpe benannt, liegt in dem asiatischen Thrazien. Dieses Thrazien erstreckt sich von der Mündung des Pontus, wenn man von derselben rechts hinsegelt, bis nach Heraklea. Eine mit Rudern getriebene Trireme hat von Byzanz bis Heraklea sehr gut einen ganzen Tag zu segeln. In der Mitte zwischen beiden trifft man keine andere, weder gegen die Griechen freundschaftlich gesinnte, noch griechische Stadt an, sondern nur bithynische Thrazier, die, wie man sagt, alle Griechen, die ihnen durch Schiffbruch oder auf eine andere Art in die Hände fallen, auf eine grausame Art behandeln. Der Hafen von Kalpe liegt gerade mitten zwischen Heraklea und Byzanz. Es ist eine in die See hervorragende Landschaft, deren Meerseite aus einem schroffen, und wo er am niedrigsten ist, wenigstens zwanzig Klafter hohen Felsen besteht; der mit dem festen Lande zusammenhängende Theil dieser Erdzunge ist höchstens vier Plethren breit, der Raum aber des ganzen Landstrichs könnte eine Bevölkerung von zehntausend Menschen fassen. Der Hafen, dessen Ufer gegen Westen sieht, ist dicht am Felsen. Eine Quelle von süßem und reichlich fließendem Wasser, die noch zu diesem Gebiete gehört, entspringt nahe an der See. Holz wächst hier auf der Küste in Menge und von mehreren Arten, besonders aber sehr vieles und schönes Schiffsbauholz. Der Berg am Hafen erstreckt sich beinahe zwanzig Stadien СКАЧАТЬ