Название: Extra Krimi Paket Sommer 2021
Автор: A. F. Morland
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783956178986
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Der Motor hustete und protestierte, nach so langer Ruhezeit wollte er erst nicht anspringen, Rogge trat der Schweiß auf die Stirn. Er fuhr nicht über die Feltenwiese, sondern benutzte brav die reguläre Autobahnauffahrt Dreschbach/Bellhorner Berge.
Die Freifrau bestaunte ihn wie den Mann vom Mond: »Dich gibt’s noch?«
»In voller Größe und Schönheit. Ich wollte nur meinen Glückwunsch abladen.«
»Für das Urteil gegen Gillbrecht? Dann komm mal rein.«
Im Wohnzimmer umkreiste sie ihn und lobte: »Das trifft sich gut. Du hast zu- und ich hab abgenommen.«
»Was?«
»He? Bist du blind für die schlanke Schönheit, die vor dir steht?«
»Ich will nicht bestreiten, nicht einmal anzweifeln, dass du abgenommen hast, aber ich soll zugenommen haben?«
»Und ob. Es steht dir gut!«
»Dir auch. Aber ansonsten spinnst du wie immer.«
»Nix. Dieser Rock hat zwölf traurige Monate im Kleiderschrank verbracht, weil ich den Nähten und dem Reißverschluss nicht mehr trauen konnte, und nun sieh selbst!«
»Er sitzt so, dass man ihn gerne beseitigen möchte«, antwortete er listig, aber sie schwenkte den ausgestreckten Zeigefinger vor seiner Nase hin und her: »Erstens kommst du zu spät, ich habe eine Verabredung, und zweitens mag ich keine anzüglichen Komplimente.«
Rogge durfte den Verweis nicht schweigend wegstecken: »Alle Menschen werden prüder.«
»Dichtete Schiller und übersah auf der Korrekturfahne den Druckfehler.«
Dass Rogge es vier Tage im Stockauer Bären ausgehalten hatte, beeindruckte Dörte, aber bei der Begründung für seinen Recherchenurlaub schüttelte sie zweifelnd den Kopf: »Das ist verdammt weit hergeholt, lieber Jens.«
»Kein Widerspruch. Aber alles andere hat Grem wirklich gründlich untersucht. Bis eben auf diesen Punkt: Kann es Zeugen auf dem Parkplatz gegeben haben?«
»Und du hoffst...«
»Hoffen ist der richtige Ausdruck.« Jetzt schwenkte Rogge seinen Zeigefinger vor ihrer Nase: »Alles verrate ich nicht, Frau Staatsanwältin.«
»Aber hoffentlich, wie lange du da noch rumhängen willst.«
»Erst mal die nächste Woche noch. Wenn das Wetter so schön bleibt.«
Die Unterredung mit Simon verlief nicht so erfolgreich, wie Rogge sich das vorgestellt hatte. Der Kriminalrat musterte ihn kühl und hörte wortlos zu; dass Rogge sich einfach so für eine Woche verabschiedet hatte, wurmte ihn.
»Sie haben mir den Fall aufgedrängt.«
Nach einer Weile zuckte Simon mit den Schultern.
»Ich decke auch nicht immer alle Karten gleich auf, aber mich stört, dass Sie nicht einmal zugeben wollen, dass Sie noch Karten in der Hinterhand haben.«
»Das vermuten Sie nur«, berichtigte Simon höflich.
Darauf antwortete Rogge nicht und für drei lange Minuten trat ein unbehagliches Schweigen ein. Beide beherrschten sie die Kunst, den Mund zu halten und sich nicht nervös machen zu lassen. Im Präsidium war Simon immer äußerst korrekt gekleidet, Anzug, einfarbiges Hemd und dezente Krawatte; mit Sakko und Hose fiel er schon auf. Nun hatte Rogge an der Tür geblinzelt: Den Kriminalrat in Kordhosen und Sweatshirt hatte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Auch nicht, dass sein Chef einem Hobby frönte. Aber Simon hatte ihn ohne jede Erklärung in den Keller des Reihenhauses geführt, wo eine riesige Modelleisenbahn aufgebaut war, an der er gerade bastelte. Die Platte für den großen Rangierbahnhof füllte fast einen ganzen Raum und aus diesem Raum liefen Schienen in die Nachbarkeller, auf schmalen Brettern montiert, die mit Winkeleisen an den Wänden befestigt waren. Das Ganze wurde digital gesteuert, Simon hatte an einer Platine gearbeitet und mit einem leisen Seufzer den Lötkolben ausgeschaltet, auf den er immer wieder sehnsüchtig schielte, während Rogge seine Geschichte vortrug und seinen Wunsch äußerte: »Das ist nicht mehr unser Bezirk und Sie müssten klären, wer den Einsatz übernimmt.«
Die Eisenbahn imponierte Rogge. In der Anlage mussten einige zehntausend Mark stecken.
»Also gut«, urteilte Simon schließlich knapp. »Wenn Sie meinen, es sei einen Versuch wert ...«
»Ich möchte noch die nächste Woche im Bären bleiben. Auf der Feltenwiese werde ich mich nicht mehr blicken lassen, die Amateurprostituierten interessieren nicht.«
»Aber ihre Freier ...«
»Nur so weit, wie man sie befragen könnte.«
»Schön. Sie vermuten Hehlerei?«
»Wenn dieser Junge von dem Ökohof nicht übertrieben hat ja. Aber auch das raubt mir nicht den Schlaf.«
»Mit anderen Worten - Sie glauben, dass diese Inge Weber nicht zufällig auf diesem Parkplatz gestrandet ist?«
»Glauben wäre zu viel gesagt. Aber ich akzeptiere Grems These von der zufälligen Strandung nicht mehr ohne Vorbehalt.«
»Eine solche Formulierung würde Ihre Staatsanwältin begeistern«, kommentierte Simon trocken. »Aber nach meiner Aktenkenntnis scheint Inge Weber nicht in das Schema einer Gelegenheitsnutte zu passen.«
»Nein, das unterstelle ich auch nicht. Aber was, wenn sie Zeugin einer Straftat geworden ist?«
»Sicher, möglich ist fast alles. Aber die Amnesie ist damit noch immer nicht erklärt.«
»Ich bin noch keine Woche dran, Herr Simon.«
Der Einwand vergrätzte den Kriminalrat, weil er nicht widersprechen konnte. »Na schön, ich will sehen, was ich tun kann.«
»Gut, danke, bis zum nächsten Wochenende.«
Oben begegnete Rogge Frau Simon, die ihm erfreut die Hand entgegenstreckte: »Ein seltener Gast. Wie geht es Ihnen?«
»Danke, gut, Frau Simon.« Unwillkürlich lächelte er, sie war eine fröhliche Frau mit viel Humor, die wahrscheinlich verhindert hatte, dass aus ihrem ernsten Ehemann ein mürrischer Muffel wurde.
Die Villa in Steinfurth hatte Rogge schon bei seinem ersten Besuch voller Neid betrachtet. Der Bauherr hatte es großzügig geliebt, aber offenbar mit Hilfe eines guten Architekten vermieden, dass der Bau großkotzig ausfiel. Inzwischen verbarg sich das Haus hinter dichten Sträuchern und hohen Bäumen; unten auf der Straße, am Tor, das mit einer Fernsehkamera gesichert war, erkannte man nur die Auffahrt und СКАЧАТЬ