Schuld ohne Reue. Günther Drutschmann
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Название: Schuld ohne Reue

Автор: Günther Drutschmann

Издательство: Автор

Жанр: Короткие любовные романы

Серия:

isbn: 9783954889181

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СКАЧАТЬ sie sich, Michael eilte ins Palais Walderdorff, dort fand um zehn Uhr eine Generalprobe statt, Anna und die Kinder wurde von einer Menschenmenge in Richtung Simeonstraße gedrängt. Dort warteten sie ungeduldig auf den Kaiser. Alles was Beine hatte, war hier zu sehen. Viel Militär, denn Trier war eine große Garnisonsstadt, Polizei und Bürger, die im Festgewand auf den hohen Herrn warteten.

      Endlich nach langem Warten erschien dieser umrahmt von militärischen Adjutanten, dem Bürgermeister und allen Stadtverordneten. Sie gingen auf der ganzen Breite der Straße, die Bürger jubelten und schrien Hochrufe und der Kaiser dankte in großer Uniform huldvoll lächelnd seinen Untertanen.

      Anna und die Kinder standen nahe der Porta Nigra und auch hier waren viele Menschen. Viel sahen sie vom Kaiser nicht. Peter und Minchen drängten sich ganz nach vorne in die Reihe und sahen noch am meisten, Anna stand mit dem Kinderwagen in der hintersten Reihe, ängstlich darauf bedacht, die beiden nicht aus den Augen zu verlieren. Plötzlich stand Anna-Maria neben ihr und das erleichterte sie sehr. Sie bat diese, sich zu den beiden vorzukämpfen und auf sie acht zu geben. Anna-Maria erreichte das Kunststück und sah so auch den Kaiser aus nächster Nähe.

      Jaakov Silbersein stand mit seiner Familie am Eingang des Hauptmarktes, eingekeilt in eine große Menschenmenge. Die kleinste Tochter trug er auf seiner Schulter, damit sie etwas sehen konnte. Eigentlich hatte er keine große Lust, bei diesem Spektakel dabei zu sein, aber Rachel wünschte es sich so sehr und da wollte er kein Spielverderber sein. Jaakov war nicht so begeistert von seinem obersten Kriegsherrn, er sah ihn nüchterner. Die Politik der letzten Jahre sah er mit Sorge und hoffte, dass es nicht eines Tages zu etwas Schlimmen kommen könnte. Als Oberleutnant der Reserve, er trug die Uniform heute, stand er auf der anderen Seite natürlich loyal zu seinem Kaiser. Er hoffte sehr, dass dieser auch weiterhin der Friedenskaiser sein würde. Die Zaberner Affäre gefiel ihm als liberaler Kopf nicht sonderlich und er hätte vom Kaiser und dem Kronprinzen etwas mehr Fingerspitzengefühl erwartet. Als Offizier stand er auf der Seite des Militärs, als Liberaler aber sah er die Gefahren, die entstanden, wenn das Primat der Politik unter die Aufsicht des Militärs gestellt wurde. Und gerade das war in Zabern geschehen. Er ging aber nicht so weit, das System als solches in Frage zu stellen.

      Im Palais Walderdorff liefen die Vorbereitungen auf vollen Touren. Der Saal war festlich geschmückt mit Fahnen, kleinen Tannenbäumchen und Drapieren, die lange Tafel mit erlesenem Porzellan und Blumenschmuck geziert. Der Chor nahm seinen vorgesehenen Platz ein, neben ihm ein Kammerorchester, beide sollten abwechseln die Tafelmusik darbieten. Allen stand die Aufregung im Gesicht geschrieben. Die Ordonanzen, Kellner und sonstige dienstbaren Geister hantierten nach einem streng festgelegten Plan, der städtische und der kaiserlichen Zeremonienmeister überwachte dies akribisch. Michael stand als einer der größten in der letzten Reihe des Chores.

      Der Kaiser und sein Gefolge betraten den Raum und nahmen die ihnen vorgesehen Plätze ein. Neben dem Kaiser der Oberbürgermeister von Bruchhausen, daneben der Landrat und der Regierungspräsident und weitere Offizielle.

      Nachdem sich das Stühle rücken und Plätze finden gelegt hatte, servierten die Ordonanzen die Suppe und präsentierten den Wein. Anschließend erhob sich der Oberbürgermeister und hielt eine kleine Rede, an deren Schluss er den Kaiser hochleben ließ und alle mit einstimmten. Der Postchor stimmte »Heil dir im Siegerkranz an«, und alle außer dem Kaiser sangen stehend mit. Danach erwiderte dieser mit einer kleinen Stehgreifrede.

      Das Dinner nahm nun seinen gewohnten Lauf. Die Speisefolgen liefen nach einem festgesetzten Plan ab. Chor und Orchester brachten abwechselnd ihre Darbietung vor. Es waren Lieder von patriotischem und volkstümlichem Einschlag, das Orchester spielte klassische Stücke von Mozart, Haydn und einige Melodien von Franz Lehar und Johann Strauß

      Nach ungefähr eineinhalb Stunden hob der Kaiser die Tafel auf, in dem er sich bei den Gastgebern bedankte. Danach schritt er unprogrammgemäß auf unsere Musiker zu. Er begrüßte die beiden Dirigenten und lobte das Dargebrachte, dabei schaute er in die Gesichter der einzelne Sänger und Musiker. Die stattliche Figur und die leuchtenden Augen unseres Michaels waren ihm während des Banketts aufgefallen. Nicht umsonst munkelte man im Reich über Wilhelms homosexuellen Neigungen. Er bat eine Ordonanz, den jungen Mann zu ihm herunter zu geleiten. Michael wurde ganz blass nach der Aufforderung des Ordonanzoffiziers, ihm zum Kaiser zu folgen. Dieser gab unserem Michael ganz leutselig die Hand.

      »Sie sind mir aufgefallen ob Ihres Eifers und begeisterten Gesichtsausdrucks«, begann der Kaiser. »Wie kommt das?«

      »Ich verehrte Eure Majestät sehr, Sie sind mein großes Vorbild und es ist für mich eine unvorstellbare Ehre, vor Ihnen singen und dann auch noch stehen zu dürfen.«

      »Das freut mich. Haben Sie gedient und welche Stellung nehmen Sie jetzt ein«, fragte der Kaiser geschmeichelt.

      »Gefreiter der Reserve im Infanterie Regiment Graf Werder und Anwärter auf den unteren Postbeamtendienst«, erwiderte Michael aufgeregt aber in strammer Haltung.

      »Sehr schön, mit Ihrer eifrigen und patriotischen Einstellung werden Sie es noch weit bringen. Es freut mich immer wieder, wenn ich strebsame junge Menschen sehe. Machen Sie weiter so«, gab ihm noch einmal freundlich die Hand und schritt weiter.

      In diesem Augenblick war unser Michael der glücklichste Mensch auf der ganzen Welt. Der Kaiser hatte mit ihm gesprochen, er konnte sein Glück kaum fassen. Er schwamm in Glückseligkeit, wurde getragen von einer Welle des Glücks. Nie hätte er es sich träumen lassen, seinem geliebten Idol so nahe zu sein.

      Der Raum leerte sich langsam, die Honoratioren verließen die Bühne. Michael stand wie benommen da. Bei den anderen löste sich die Spannung und sie umringten ihn um ihm zu gratulieren. »Mensch Michael«, tönte es von allen Seiten, »Solch ein Glück, solch eine Auszeichnung, was hast du für ein Schwein.«

      Jetzt löste sich auch bei ihm die Spannung und er lächelte glücklich. Sein Schwiegervater trat neben ihn und gratulierte ihm, indem er ihm die Hand schüttelte. Das gleiche tat der Dirigent.

      »Michael«, meinte er stolz und anerkennend, »du hast dem Chor große Ehre gemacht. Welch eine Auszeichnung.«

      »Sie gilt uns allen«, erwiderte er bescheiden, »ich habe in eurer aller Namen die Glückwünsche dem Kaiser dargebracht und seine Huld entgegengenommen.«

      Er war der Held des Tages. Stets gut gelitten im Chor stieg heute sein Ansehen ins Unermessliche. Sie waren stolz auf ihn und damit Stolz auf sich selbst. In diesem Augenblick identifizierten sie sich völlig mit dem Kaiser und der sie tragenden Ordnung.

      »Was machen wir jetzt?« Mit dieser Frage brachte Bernhard Bläsius alle vom Himmel auf die Erde zurück.

      »Wir gehen alle etwas essen«, meinte der Dirigent, »ich habe in der Kiste reservieren lassen. Ein gutes Essen und ein guter Tropfen werden uns guttun.«

      Die anderen nickten beifällig und begannen, ihre Sachen zusammenzusuchen und zum Aufbruch zu blasen

      Jaakov Silberstein trennte sich von seiner Familie, sobald der Kaiser samt Tross durchgezogen war. Er strebte dem Kasino des Anwaltvereins zu, denn hier sollte zu Ehren des Tages ein Festessen mit Huldigungsadresse an den Kaiser erfolgen. Auf dem Weg dorthin traf er einen Kollegen, der ebenfalls in Uniform, dem Casino entgegenstrebte. Viele Anwälte waren Offiziere der Reserve, es gehört zum guten Ton und war eigentlich ein gesellschaftliches Muss. Der Leutnant der Reserve stellte den Schlüssel zum Eintritt in die bürgerliche Gesellschaft dar.

      »Hat es Ihnen gefallen Silberstein«, schmunzelte der Kollege, »imposante Erscheinung unser Kaiser.«

      »Stimmt«, erwiderte dieser trocken.

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