Das Leben ist ein tiefer Fluss. Rose Zaddach
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Название: Das Leben ist ein tiefer Fluss

Автор: Rose Zaddach

Издательство: Автор

Жанр: Современная зарубежная литература

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isbn: 9783960087519

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Sie tranken den heißen Kaffee auf der Terrasse.

      Diese war mit Hecken und Weinlaub zugewachsen.

      Man sah sie von der Straße nicht.

      Das beruhigte sie.

      Sie aß von dem Pflaumenkuchen zwei Stück und sah sich in seiner Wohnung um: alles weitläufig und viel Platz. Er konnte sich überallhin bewegen. In einer Ecke ein altes Klavier. Bilder im Raum verteilt. Sie glühten in Farben und reflektierten das Licht. Sie konnte sie nicht direkt ansehen, so sehr blendeten sie ihre Augen. Das Atelier?

      Sie wollte es nicht sehen.

      Bücher. In den Regalen viele Bücher.

      Das kam ihr im Augenblick vertrauter vor.

      Und auch ein Gemälde an der Wand! Hieroglyphengleich waren Farben und Zeichen darauf verteilt. Man musste seine Geheimschrift entziffern. Sie griff fast wahllos eines der Bücher, stellte es wieder in das Regal, suchte weiter. Er reichte ihr einen dünnen Band, den sie nach Hause trug mit dem Titel: “Glut“

      „Warum diesen Band?“, dachte sie. Die Glut ist in mir erloschen. Bedauerlich. Sie fühlte sich für einen Moment wieder kalt und leer.

      Sie las, brachte das Buch zurück, trank wieder Kaffee bei ihm, las ein neues Buch, das er für sie bereitgelegt hatte, brachte es wieder zurück, bis sie eines Abends zusammenblieben und gemeinsam Wein tranken. An diesem Abend rollte er seinen Rollstuhl zum Klavier und begann zu spielen, eine Gefahr, die sie witterte, die sie aber ausblendete.

      Doch sie spürte, das hier war ihre Welt.

      Die Bücher, die Musik, die Bilder, die Farben, die Formen, das Licht. Das Glück war zurückgekommen. Was im Einzelnen passiert war, konnte niemand sagen. Charlotte B. erschien nach einer längeren Pause wieder im Ort, schön, schlank und mit Hut.

      Diesmal trug sie ein neues Modell mit lila Federn, und die Menschen drehten sich wie früher bewundernd, neidisch, lästernd und anerkennend nach ihr um.

      Ergraut, aber elegant, an der Seite den zwanzig Jahre jüngeren Maler Max Rendy im Rollstuhl, betrat sie das Rathaus, um das Aufgebot zu bestellen. Der Ort stand Kopf. Einige waren skeptisch, mache schüttelten den Kopf, viele beglückwünschten sie. Anschließend gab es ein Fest mit einem spektakulären Feuerwerk, das den Himmel über der Ortschaft erleuchtete. Auch Nachbarn, Freunde und Bekannte waren eingeladen.

      Paula war ebenfalls dort. Sie stand allein und ein wenig frierend im Garten und sah der funkelnden, blitzenden, krachenden und Sterne sprühenden Illusion zu, die sich am Nachthimmel abspielte. Sie dachte an ihre eigene, verflossene Liebe, an die Einsamkeit und an die Zweisamkeit.

      Charlotte und Max Rendy eröffneten wenig später ihre bis heute erfolgreiche Galerie, in der sie mit Fingerspitzengefühl und Fachkenntnis junge Talente entdeckte, und er sich ein Publikum für seine eigene Kunst erobern konnte.

      PAULAS NEUES LEBEN

      Paula lernte KA in der Galerie Rendy anlässlich einer Ausstellung kennen. Er stand mitten im Raum, umgeben von einer Schar eifriger Frauen.

      Sie umschwärmten ihn wie Bienen einen Honigtopf.

      KA aber konzentrierte sich auf die Begrüßung und die Laudatio, beobachtete das Geschehen um sich herum, versenkte sich in die Betrachtung der Bilder, blieb seinen Begleiterinnen gegenüber freundlich und zugewandt, ließ sich aber nicht vereinnahmen. Er schien unabhängig, was Paula beindruckte.

      Paula beobachtete ihn von ihrem Standort aus. Sie fand ihn sympathisch. Sein markantes Gesicht, seine Haarpracht, sein wilder Bart hatten etwas von einem Seemann an sich, der die Weite liebte, den Blick frei bis zum Horizont. Gleichzeitig aber strahlte er Sensibilität und Feinfühligkeit aus. Paula fand: eines seltene Mischung.

      Immer wieder schaute sie zu KA herüber, der eigentlich Konrad Anton Kirsch hieß, der aber der Abkürzung halber KA genannt wurde. Paula übernahm sogleich den Namen und konnte sich später nicht mehr umstellen.

      KA also war an diesem Tag so eng von einer ihn umschwärmenden Damenschar umgeben, dass es nicht zu einer näheren Begegnung kam, auch nicht zu einem einzigen Wort. Sie ging wieder nach Hause und KA strebte in eine andere Richtung davon. Doch Paula traf ihn von da an immer wieder, mal bei Jazzkonzerten, bei einer Ausstellung oder einem Vortrag, ohne dass sich ein Kontakt ergab. Irgendwann aber musste es passieren. Paula war nun schon acht Jahre allein. Sie war ausgefüllt und zufrieden mit ihrem Leben. Aber sie begann die Zweisamkeit zu vermissen.

      Die Begegnung mit KA entzündete ihre Phantasie, sodass sie sich öfter dabei ertappte, wie sie ihn in ihre Zukunft einplante und mit ihm unterwegs war.

      Auch KA hatte begonnen, Paula bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen der regionalen Kulturszene zur Kenntnis zu nehmen. Er sah sie rank und schlank, eine leger gekleidete, jugendlich wirkende Person, etwa gleich alt wie er selbst, mit ergrauten Haar, in das der Friseur hübsche, rotbraune Strähnchen gezaubert hatte. Hinter ihrer dicken Hornbrille entdeckte er aufmerksame Augen. Einmal lächelten sie sich zu.

      Ansonsten nahm er sie wahr wie einen vorübergehenden Film, an den man sich gerne erinnert. Sein wirkliches Leben spielte aber in einem anderen Orchester. KA war Leiter einer Institution für Erwachsenenbildung und dort von Dozentinnen und Sekretärinnen umgeben, die ihn anhimmelten, ihn bewunderten und tagtäglich in den Genuss seiner hervorragenden Fähigkeiten kamen: Klugheit und scharfer Verstand, soziales Einfühlungsvermögen und Souveränität sowie männliche Ausstrahlungskraft. Er wurde aufgrund dieser Eigenschaften der Held mancher Frauenträume. Einige machten sich Hoffnungen, da KA seit kurzem solo war.

      Paula wollte keinen Helden. Vor allem keinen Frauenhelden, deshalb ging sie ihm aus dem Wege und suchte keine Gelegenheit, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Sie wollte eine seriöse Reisebegleitung in ihrem Alter. Keine Abenteuer. Keine Aufregung. Die Gelegenheit ergab sich aber trotzdem, und es ergab sich noch eine zweite Gelegenheit, die dann zu einer dauerhaften Verbindung führte.

      Allein unterwegs wie so häufig, an einen Pfeiler im Raum gelehnt, ein Sektglas in der Hand, feierte sie mit anderen geladenen Gästen die neue dadaistisch anmutende Malerei von Max Rendy, zu dessen Ehre die heutige Matinee stattfand.

      Nichts als Schnipsel, Collagen aus aktuellen Zeitungen auf Leinwand fixiert, und darüber große, schwarze Kleckse, die alles infrage stellten, und mittig Fotografien aus der digitalen Welt, Tablets, Smartphones, Notebooks, fragile Zeichen wie aus der Geisterwelt gerufen. Die Tradition hatte mal wieder ausgedient. Max beschäftigte sich seit einiger Zeit mit dem Thema und hatte seine eigene Version anlässlich eines DADA Gedenkjahres auf die Leinwand gebracht.

      Außerdem hing ein großes Plakat mit dem Text aus einer DADA-Zeitschrift der 1920er Jahre mitten im Raum, das allen in die Augen sprang.

      Was ist Dada?

      Eine Kunst? Eine Philosophie? Eine Politik?

      Eine Feuerversicherung? Oder: Staatsreligion?

      ist dada wirkliche Energie?

      oder ist es>>>>>>Garnichts.

      Alles?

      In dem Augenblick, als Paula das Plakat las, entdeckte sie, an die Rückseite der Säule gelehnt, KA, alleine, ohne Frauenschwarm. Er wandte sich ihr СКАЧАТЬ