Название: Tod auf der Massagebank
Автор: Joachim Bräunig
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783961456765
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Lucy Weiland war der aktivere und treibende Partner, während Richard eher den zurückhaltenden Part spielte. Beide hatten vor zwei Jahren ihre Silberhochzeit gefeiert und niemand hegte Zweifel an der tiefen Verbundenheit des Paares. Sie hatten in vielen Angelegenheiten die gleichen Ansichten und jeder ließ dem anderen bezüglich seiner Hobbys den erforderlichen Freiraum, sodass sie sich bestens ergänzten und sich keiner eingeengt fühlte. Richard Weiland war Ingenieur und als Technischer Leiter in einer großen Firma tätig. Er hatte einen durchtrainierten Körper, was im Wesentlichen auf seine sportliche Aktivitäten zurückzuführen war. Er hatte kräftiges dunkles Haar, strahlend weiße Zähne und fast blaue Augen sowie eine makellose Haut, die er ständig pflegte und mehrmals im Monat besuchte er eine Kosmetikerin zu einer Hautbehandlung. Auf Fremde machte er einen eitlen Eindruck, was jedoch nicht stimmte, sondern in seinem zurückhaltenden Auftreten begründet war. Seine Frau liebte besonders an ihm, dass er sich nie in den Vordergrund drängte und sich geschickt zurückhielt. Er sprach wenig, aber seine Bemerkungen waren stets zutreffend und von einer gewissen Leichtigkeit und einem eigenen Humor getragen. Lucy Weiland trug ihr blondes Haar wie immer streng anliegend nach hinten gekämmt und formte das lange Haar zu einem Pferdeschwanz, was sie nach ihrer Auffassung jünger wirken ließ. Sie war nicht auffallend schlank, sondern hatte für ihr Alter eine angemessene gute weibliche Figur und ging gut gekleidet, ohne besonderen Wert auf Schmuck zu legen, was ihr Mann ihr gelegentlich empfahl und ihr wiederholt Schmuckstücke gekauft hatte, die sie jedoch nur zu besonderen Anlässen trug. Sie war eine sehr umgängliche Frau und hatte keine Schwierigkeiten mit ihren Mitmenschen in Kontakt zu kommen. Die Familien Lutter und Weiland hatten nach ihrem ersten gemeinsamen Treffen im Golfclub schnell guten Kontakt zur Familie Geisler aufgenommen und seit diesem Treffen hatte sich eine Freundschaft zwischen den drei Familien entwickelt, was sie in der Vergangenheit zu mehreren gemeinsamen Unternehmungen nutzten, bei denen stets die Belange aller berücksichtigt wurden.
Die Geburtstagsgesellschaft begab sich, nachdem alles im Haus und im Vorgarten aufgeräumt war, in Richtung Hafen. Ihr Weg führte durch die Siedlung, wobei es von den Anwohnern der Nachbarhäuser wiederholt Glückwünsche für Julia Geisler gab, denn ihr rundes Jubiläum war in der Siedlung nicht unbekannt geblieben. Durch diese ständigen Glückwünsche verzögerte sich das Vorankommen zur Jacht erheblich, weshalb Werner nach einiger Zeit bemerkte: „Wenn wir weiter im gleichen Tempo vorankommen, können wir gleich hierbleiben.“
„Ich freue mich über die Glückwünsche, das könntest du auch tun“, erwiderte Julia leicht gereizt.
„Ich freue mich für dich, aber ich habe einen gewissen Zeitplan.“
„Der interessiert mich wenig.“
„Sei nicht böse, aber ich fürchte, deine Überraschung leidet darunter.“
Nach Verlassen des Siedlungsgeländes kam die Gemeinschaft zügig voran. Ihr Weg führte sie am Leuchtturm vorbei, welcher ein Wahrzeichen des Erholungsparks war, und sie erreichten ohne weitere Hindernisse den Hafen. Hier hatte die Gaststätte bereits geöffnet und viele Gäste hatten auf der Terrasse Platz genommen – es war kein freier Tisch mehr verfügbar. Die Gaststätte war nicht besonders groß und bot im Inneren für circa fünfzig Personen Platz, während auf der Freiterrasse lediglich acht Tische zur Verfügung standen. Auf Grund des schönen Wetters und der bereits zu dieser frühen Stunde herrschenden hohen Temperatur, versuchten alle Gäste im Freien Platz zu bekommen, was jedoch nicht möglich war, sodass einige mit dem Innenraum vorliebnehmen mussten.
Am Ufer vor der Gaststätte ankerten drei Hausboote, die in einen sehr guten Eindruck machten und mit dem Nötigsten, was an Sicherheitsforderungen gefordert wurde, ausgestattet war. Der Eigentümer der Boote verhandelte bereits mit mehreren Urlaubern und Gästen, welche eines für den heutigen Tag nutzen wollten. Prinzipiell war der Preis für ein Boot für eine tägliche Nutzung bis in die Abendstunden festgelegt, aber einige Personen versuchten durch zusätzlichen finanziellen Anreiz ein Boot zu erwerben, obwohl alle bereits vergeben waren, was den Eigentümer in Verlegenheit brachte. Zwei Boote waren bereits fest vergeben, doch beim dritten kam es zu Problemen, da sich ein Mann absolut nicht damit abfinden wollte, dass das Boot schon einem anderen versprochen war, und dem Eigentümer eine noch größere Summe anbot. Schließlich musste der Eigentümer Konsequenzen ziehen und verwies den aufdringlichen Mann des Bootssteges, was von den Umstehenden, welche das Auftreten des Mannes beobachtet und widerlich empfanden, mit Beifall beklatscht wurde.
Die Geburtstagsgemeinde ging weiter in Richtung der gegenüberliegenden Anlegestelle der Jacht der Familie Geisler. Die Jacht trug den Namen „Isabell“. Eigentlich wollte Werner die Jacht auf den Namen seiner Frau taufen, aber sie war dagegen, sodass sie sich nach Absprache in der Familie auf den Namen ihrer ältesten Tochter verständigten. Die Jacht war schneeweiß, hatte einen erhöhten Kapitänsaufbau und konnte komplett mittels Segelplanen überdacht werden. Sie bot Platz für mindestens zehn Personen, aber die Familie Geisler hatte bei manchen Ausflügen bereits mehr Personen an Bord gehabt. Die Sitzplätze an den Bordwänden waren mit weißem Leder bezogen und das Geländer der Reling war verchromt, sodass die Jacht einen sehr luxuriösen Eindruck erweckte. Sie bot Übernachtungsmöglichkeiten für vier Personen, wobei sich diese durch verstellbare Wände unterteilen ließen. Die Küche war vollständig und hochwertig ausgestattet. Im hinteren Raum auf der Heckseite war eine kleine Nasszelle eingebaut, welche Möglichkeiten zum Waschen, der kosmetischen Pflege und zur Toilette bot. Sie konnten Jacht damals aufgrund ihres sparsamen Lebensstils von einem Kollegen von Werner erwerben.
Nachdem alle an Bord waren, sagte Werner: „Es ist ein üblicher Brauch auf unserer Jacht, dass wir vor Ablegen gemeinsam einen Schluck Sekt zu uns nehmen, damit uns Neptun wohlgesonnen ist.“
Er gab seinen Töchtern ein Zeichen und beide brachten ein volles Tablett mit Gläsern, in denen der eingeschenkte Sekt bereits sprudelte.
„Lasst uns auf einen schönen Tag anstoßen und besonders auf das Wohl meiner Frau Julia“, sprach Werner Geisler in herzlichen Worten und strahlte seine Frau an.
Die Gäste stießen wiederholt auf das Wohl von Julia an und prosteten ihr zu. Sie bedankte sich mit einem Lächeln und bat danach ihren Mann: „Sag jetzt endlich, wohin die Reise geht!“
„Der Tag ist noch lang, aber ich denke, bis zum Abend werden wir unser Ziel erreichen“, erwidert Werner.
„Aber ein Ziel gibt es?“, fragte Julia.
„Sicher und ich hoffe, dass mir die Überraschung gelingt, aber nun freie Fahrt“, sagte Werner und gab seinem Schwiegersohn auf dem Kapitänssitz ein Zeichen, den Motor anzustellen, während er gemeinsam mit seinen Töchtern die Leinen der Jacht aus den Halterungen an der Anlegestelle löste. Die Jacht verließ den Hafen und fuhr nicht wie von einigen erwartet Richtung Bad Saarow, sondern wendete bei Erreichen des offenen Gewässers Richtung Großer Storkower See. Die Fahrt führte direkt Richtung Storkow. Die Stadt Storkow, ungefähr im Jahre 1200 gegründet, liegt am Ende des Sees. Sie ist eine der ältesten Städte Brandenburgs und ist sehr stolz auf den sehr schön angelegten historischen Stadtkern. Der Storkower See ist mit dem Scharmützelsee verbunden und bildet mit ihm eine V-förmige Figur. Die Umgebung von Storkow bietet ein reichhaltiges Angebot an Ausflugsmöglichkeiten, sowohl zu Wasser wie zu Land. Eine Besonderheit bildet die Burg Storkow, welche sich unmittelbar im Herzen der Stadt befindet und den Besuchern viele Reliquien aus vergangener Zeit zeigt. Ein weiteres besonderes Wahrzeichen ist der Wasserturm der Stadt. Die umliegenden Orte von Storkow haben zum Teil untypische Ortsnamen, wie beispielsweise Philadelphia oder Neu Boston. Diese Namen sind auf die historischen Kolonistendörfer zurückzuführen, die aus der Zeit der Auswandererbewegung um 1748 stammen, als Friedrich II den Bürgern Land zuteilte, damit sie nicht nach Amerika gingen. Es war auch derselbe König, der den neun Kilometer langen Storkower Kanal anlegen ließ, um für die Flößer eine Wasserverbindung über die Dahme nach Berlin zu schaffen.
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