Federspuren. Birgit Rentz
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Название: Federspuren

Автор: Birgit Rentz

Издательство: Автор

Жанр: Короткие любовные романы

Серия:

isbn: 9783957441010

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СКАЧАТЬ schloss er die Augen. Er wollte nicht mehr. Nichts war ihm geblieben. Am meisten verbitterte ihn, dass er so viel Zeit in seine Arbeit gesteckt hatte. Wozu? Es interessierte keinen Menschen mehr.

      Er versuchte, auf sein Leben zurückzublicken. Seine Lebensspur, wo war sie? Kurz vor ihrem Tod hatte sie ihm ein Buch gegeben, es ging um Lebensspuren. So ein Blödsinn, hatte er zu ihr gesagt und das Buch auf dem Tisch liegen lassen. Nie hätte er gedacht, dass die Spuren seiner Frau so tief gewesen waren. Sie, die niemals gearbeitet hatte, die nur zu Hause gewesen war.

      Seine Spuren hatte die Zeit verweht. Er schüttelte den Kopf, der Gedanke kam ihm zum ersten Mal und lähmte ihn. Von ihm würde nichts bleiben, nur die Erinnerung an den Anwalt, der er längst nicht mehr war. Niemand kannte ihn und er kannte niemanden.

      Er hatte alles falsch gemacht. Sein Leben vertan. Den Rest seiner Zeit musste er noch absitzen. Er konnte nur hoffen, dass es nicht mehr lange dauern würde.

      Wieder schüttelte er den Kopf. Warten auf ein Ende. Das war alles, was ihm geblieben war.

      

Weißt du eigentlich, wie oft ich an dich denke? Ob ich will oder nicht, auf einmal bist du da. Ich muss nur etwas hören, sehen oder lesen, was mich an dich erinnert. Manchmal überfällt es mich geradezu und meine Gefühle geraten durcheinander. Dann spüre ich deine Nähe, drehe mich um, suche dich, suche deine Spur. Aber ich finde sie nicht, sie existiert nicht mehr. Nicht in diesem Leben.

      Als du deine Spur noch täglich erneuert hast, verlief sie geradeaus, zielgerichtet und war stark und ausgeprägt. Du wusstest, was du wolltest und hattest immer eine Erklärung für die Wahl deines Weges. Die Menschen, denen du begegnet bist, erinnern sich an dich als einen fairen, optimistischen, geduldigen und liebevollen Menschen. Ihre Augen leuchten, wenn sie von dir sprechen. Die Erinnerungen sind stark.

      Es gibt keine Lebensspur, die meiner so ähnlich ist wie deine. Dein Weg hat mich geprägt wie kein anderer. Warst du in meinen ersten Lebensjahren wie eine lenkende Hand, so gestaltete ich mein Dasein später nach deinem Vorbild.

      Wir teilten zahlreiche Vorlieben und genossen gemeinsam – still und voller Ehrfurcht – jedes erreichte Ziel.

      Den Blick zum Himmel gewandt stiegen wir auf Gipfel, uns lag die Welt zu Füßen und wir waren dem Schöpfer nah. Dein Wanderstab begleitete mich und verlieh mir die Liebe zur Natur. In diesen Momenten verliefen unsere Spuren parallel und dicht beieinander.

      Über den Wolken einen einzigen Schritt ins Leere zu wagen, den freien Fall zu erleben, um dann, von der stillsten Stille umgeben, sanft zur Erde zu schweben, war eines der größten Gefühle, die uns je verbanden.

      Deine Spur, so stark sie auch war, zeigte irgendwann auf ihr Ende. Der Tag, an dem du deinen Wanderstab abgeben würdest, war nah. Die Fäuste geballt, gegen das Unausweichliche kämpfend, gingst du deinen letzten Weg. Deine Spur endete trotz ständig neuer Hoffnungsschimmer abrupt mit einer Träne auf deiner Wange. In dieser Sekunde übernahm ich deinen Wanderstab und ging meinen Weg weiter. Und immer wieder sah ich deine Fußstapfen dicht bei mir.

      Und ich sehe sie heute noch. Wenn ich unter meinem – oder besser: deinem – Baum stehe, seinen inzwischen mächtigen Stamm umfasse und die Sonne durch sein kühlendes Blätterdach blinzeln sehe, dann bist du es, der mich anschaut.

      Wenn ich deinen lange in der Versenkung verschwundenen Brief vor mir halte, den du mir vor drei Jahrzehnten zu meinem achtzehnten Geburtstag übergeben hast, dann höre ich deine vertraute Stimme, die das Geschriebene vorträgt. Und ich vernehme Worte, die ich ganz genau so formuliert hätte, wie du es getan hast. Und schon sehe ich wieder deine Fußstapfen, in die ich noch immer trete, und deine Spur wird wieder sichtbar. Du gehst also auch heute immer neben mir und schaust mir dabei zu, wie ich mein Leben meistere.

      Deinen Wanderstab führe ich stets bei mir, und ich weiß auch schon, an wen ich ihn weitergebe, wenn meine Lebensspur einmal endet.

      Ich danke dir, dass du mich zu dem geformt hast, was ich geworden bin. Du warst der beste Vater, den ich mir vorstellen kann.

      Wasser

      

Haben Sie schon mal eine Katze Cola trinken sehen oder Ihren Lieblingskaktus mit Bier begossen?

      Schauen Sie nicht so ungläubig, ich meine diese Fragen durchaus ernst.

      Sie möchten sicher wissen, warum ich so etwas frage, wenn ich doch schon weiß, dass ich kein Ja von Ihnen hören werde.

      Ich habe nur eben über die Katze und den Kaktus nachgedacht – nicht zum ersten Mal übrigens. Fragen dieser Art stelle ich mir häufiger, und zwar immer dann, wenn ich so wie heute Morgen im Supermarkt stehe und die Wunschliste meiner Familie abarbeite: diverse Sixpacks Apfelschorle – null Komma fünf Liter, für die Schule –, zwei Kisten stilles Mineralwasser für den großen Durst, eine Kombikiste Cola – schmeckt ja so lecker! –, ein Pfund Kaffee und eine Dose kakaohaltiges Getränkepulver für den Frühstücksdurst. An der Kasse angekommen, verrät mein Blick in den Einkaufswagen, dass wieder einmal mehr als die Hälfte aller Einkäufe Getränke sind. Auch auf dem Bon, den mir die Kassiererin nach dem Bezahlen in die Hand drückt, ist der Posten für Flüssiges nicht gerade unbedeutend. Bis zu zweihundert Euro vertrinkt meine Familie im Monat. Und ich kaufe fast nur im Discounter ein. Wenn ich das auf ein Jahr hochrechne, könnten wir vier von dem für Flüssiges verwendeten Geld in der Nebensaison drei oder vier Wochen Urlaub in Dänemark machen …

      Ich darf einfach nicht rechnen, dabei wird mir ganz anders. Bin ich eigentlich verrückt, diese Wünsche, die mir meine Lieben auf meinen Einkaufszettel kritzeln, immer wieder zu erfüllen? Ich trinke doch auch die meiste Zeit des Tages nur Wasser – und zwar aus dem Wasserhahn, jawohl! Okay, dann und wann darf es auch ein Milchkaffee sein. Aber ansonsten: Kein Kistenschleppen und nur Pfennigbeträge, so trinke ich mich durchs Leben. Wäre das schön, wenn ich meine Familie mit dieser Gewohnheit anstecken könnte. Ich sage nur: Dänemark!

      Apropos Leben: Der Mensch muss trinken, weil er sonst nicht überlebt. Ist doch so, oder? Überall, wo wir hinhören, heißt es, wir sollen täglich acht Gläser Wasser trinken. Und alle nicken dazu. Ob Kaffee denn auch dazu zählt, wurde ich in meiner Eigenschaft als Ernährungsberaterin immer wieder gefragt. Schließlich besteht Kaffee zu fast hundert Prozent aus Wasser. Die paar unbedeutenden Kaffeepulveranteile machen den Kohl doch nicht fett. Nein, das nicht, aber sie machen das Wasser zu einem ungesunden Lebensmittel.

      Jetzt habe ich aber etwas gesagt: Lebensmittel. Drehen wir das doch mal um: Mittel zum Leben. Ohne Wasser kein Leben. Wasser erfüllt ein Grundbedürfnis des Körpers.

      Und was macht der Mensch aus diesem Bedürfnis? Er erfindet das Rad neu, kreiert zum Beispiel Wellness-Getränke. Doch steigern die das Wohlbefinden, wie der Name es vorgaukeln mag? Vielleicht das Wohlbefinden derer, die daran verdienen – einschließlich des Zahnarztes. Der Körper wird allerdings nicht das Gefühl haben, dass diese Art von Getränken sein Grundbedürfnis erfüllt. Ihm wird Zucker zugeführt, und das nicht zu knapp. Vielleicht auch noch Farbstoffe und andere dubiose Zutaten. Aber warum trinken wir so etwas? – Weil wir glauben wollen, dass es uns guttut? Wo „Wellness“ draufsteht, kann doch nichts Schlimmes drin sein.

       Wer braucht schon Wellness-Getränke?

      Der Mensch braut Bier und brennt СКАЧАТЬ