Nadelherz. Rose Zaddach
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Название: Nadelherz

Автор: Rose Zaddach

Издательство: Автор

Жанр: Короткие любовные романы

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isbn: 9783961456338

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СКАЧАТЬ Xavelia begann mir immer mehr ihren weichen Kern zu zeigen: ihre Sanftheit, ihre Treue, ihre Fähigkeit zu trösten, wie sie es schon lange bei den Tieren tat.

      Meine eigene Zuneigung war plötzlich in gefährliches Fahrwasser geraten. Ich begann ihr immer mehr Platz in meinem Leben einzuräumen. Auch sah ich, wie Xavelia mir mit ihren Blicken eindringlich zu folgen begann. Ich roch den Wind ihrer Nähe, der aus den Tropen zu kommen schien und alle Gerüche üppiger Vegetation und den Geschmack von kostbaren Gewürzen mitbrachte. Doch ich klammerte mich an meinen Verstand und verwarf mit aller Kraft den Wunsch, mich ihr noch mehr zu nähern. Trotzdem konnte ich mir selbst nicht verbergen, dass ein Sog entstanden war. Wir begannen, uns Briefe zu schreiben. Sie offenbarte ihre kleinen Geheimnisse und ich antwortete ihr, indem ich ihre Rechtschreibung verbesserte und Zeichen der Zuneigung hinzufügte, die sie zu deuten wusste. – Wir erfanden einen Geheimcode. Für mich war es noch ein Spiel. Wie oft hatte ich mich in meiner Jugendzeit, die noch nicht so lange zurück lag, auf solche Spiele mit den Mädchen im Hause eingelassen.

      Die Grenzen verwischten sich. Ich stürzte mich weiter in so viel Arbeit, wie möglich und redete mir ein, der Zustand ginge bald wieder vorüber, wie es immer war. Ich reparierte Autos von Freunden, wozu ich eine große Begabung hatte. Ich gab Reitkurse. Ich machte die Buchhaltung des Hauses bis tief in die Nacht. Meine Arbeit in Schule und Wohnbereich musste ich zu eingeteilten Zeiten erfüllen.

      Zu den Aufgaben im Wohnheim, in dem ich ab dem Nachmittag tätig war, gehörte auch das Zeremoniell am Abend. Die Kinder und Jugendlichen wurden mit besonderer, persönlicher Zuwendung in die Nacht verabschiedet. Man sprach mit jedem ein nettes Wort. Manche erhielten medizinische Anwendungen oder Medikamente. Xavelia erhielt abends ein Fußbad und man massierte anschließend ihre Füße mit einer Salbe ein, um die Schwielen zu behandeln, die sie von der Arbeit in Hof und Stall davongetragen hatte. Sie mutete sich viel zu. Ich durfte diese Zeremonie einmal übernehmen. Es war ein Abend, bei dem wir eine Intimität erlebten, die den Abstand noch mehr verringerte. Wir sahen uns schüchtern und verschämt in die Augen, in denen wir unsere Gefühle lesen konnten, wenn wir wollten. Aber ich wollte sie nicht wahrhaben. Ich ging schnell davon.

      Es geschah an einem Abend, als meine Eltern im Theater waren und ich die Aufgabe übernommen hatte, sie zu vertreten. Ich schaltete gegen 23.00 Uhr den Computer aus und machte noch handschriftliche Aktennotizen. Das Haus war still. Alles schlief. So schien es. Ich wollte bald das Licht löschen. Da sah ich Xavelia über den dunklen Gang auf mich zukommen Sie kam wie eine Elfe zu mir geschwebt und setzte sich auf meinen Schoß. Sie umschlang mich und weinte still und untröstlich an meiner Schulter.

      Sie gestand mir, dass sie verzweifelt sei wegen unseres Altersunterschiedes, dass sie sich innig wünschte, älter zu sein, weil es ihr dann erlaubt sein würde, immer mit mir zusammen zu sein. Dann gab sie mir einen Kuss auf die Wange und verschwand wieder im dunklen Gang. Ich hörte, wie die Treppe nach oben leicht knarrte. In dieser Nacht tat ich kein Auge zu. Die Dämme waren gebrochen. Hatten wir uns vorher nicht immer wieder ohne Absicht liebevoll berührt, aber so getan, als wäre die Berührung zufällig? Waren wir nicht längst schon eine heimliche Einheit geworden?

      Es war geschehen und nicht mehr ungeschehen zu machen. Ich habe ihr Geständnis unwidersprochen angenommen. Jeder weitere Schritt war strafbar. Ich wollte die Grenzen zwischen uns nicht überschreiten, aber gleichzeitig wollte ich sie lieben mit meinem ganzen Herzen, mit aller Kraft, aber ich würde mit ihr zusammen ins Unglück stürzen, wenn ich nichts dagegen unternahm. So sollte es auch kommen, obwohl ich zunächst das Verhängnis abwehren konnte. Aber ich tat wohl nicht das Richtige: mich meinen Eltern anzuvertrauen. Warum tat ich das nicht?

       DIE FLUCHT

       (Berret)

      Ich, Berret Gardot, wollte nicht die Gesetze übertreten. Ich wollte uns vor unüberlegten Handlungen schützen. Noch sah ich klar. Ich wollte der unerlaubten Liebe entfliehen. Wusste ich doch, dass ich laut Gesetz und als Lehrer und Erzieher der Einrichtung keine Verbindung mit einer Schülerin eingehen durfte. Am nächsten Morgen erbat ich mir dringlich eine Auszeit von meiner Anstellung als Praktikant. Ich wollte Bedenkzeit. Ich sprach mit solcher Dringlichkeit, dass mein Vater einwilligte, ohne eine Frage zu stellen. Wahrscheinlich hatte er verstanden, was in mir vorging, denn sein Blick ruhte länger auf mir als sonst. Hätte er doch nur Fragen gestellt! Aber er tat es nicht und im Innern war ich froh und erleichtert darüber. Ich hob mir ausreichend Geld von meinem Konto ab, nahm meine Papiere, schnürte heimlich meinen Rucksack und mein Zelt. Ich buchte einen Flug nach Andalusien. Ob ich zurückkehren würde, wusste ich nicht. Xavelia ging ich an diesem letzten Tag aus dem Weg und schrieb ihr in der Nacht vor meiner Abreise folgenden Brief:

      „Liebe Xavelia,

      Du musst jetzt stark und tapfer sein. Ich bin verreist und habe diese Entscheidung bei Nacht und Nebel getroffen. Ich tue es für uns beide. Du hast mir Deine Liebe erklärt und ich liebe Dich auch. Du wirst es sicherlich verstehen. Aber ich muss verreisen, um Zeit zum Nachdenken zu haben. Ich möchte nicht, dass Dir und mir ein Leid geschieht. Ich möchte, dass unsere Liebe eine wirkliche Chance hat. Diese Reise fällt mir schwer. Fern von Dir zu sein, ist ein unerträglicher Gedanke! Ich habe den großen Wunsch, dass Du mir glaubst, dass ich diese Entscheidung nur aus Liebe getroffen habe. Betreue unsere Tiere gut, so, als wäre ich da. Ich vertraue Dir Abraxis an, mein Pferd. Sorge gut für ihn. Es kann lange dauern, bis ich wieder zurück bin. Aber ich komme, wenn die Zeit dafür besser ist als jetzt,

      Dein Berret“

      Zwei Stunden später startete ich heimlich und leise. An der Straßenecke wartete mein Freund Paul mit seinem Auto. Paul fuhr mich zum Flughafen. Er war der Einzige, den ich in die Situation halbwegs einweihte. „Paul“, sagte ich zu ihm, „ich muss hier weg! Ich bin in eine Sache hineingeschliddert, aus der ich nicht mehr heraus komme. Gefühle, weißt du! Verbotene Gefühle! Heute Nacht geht mein Flug“.

      Er sah mich an, ohne zu fragen. „Verstehe“, antwortete er nur. „Ich bringe dich zum Flughafen“.

      „Danke“, sagte ich. „Ich weiß nicht, ob ich zurückkomme“

      Paul wartete pünktlich auf mich an der Straßenecke. Wir schwiegen während der ganzen Fahrt. Als wir uns am Flughafen verabschiedeten, klopfte er mir Mut machend auf die Schultern. „Alles Gute“, sagte er, aber es war so ernst gemeint, wie es ein Freund nur meinen kann.

      Ich war froh, dass er nichts gefragt hat und dass ich den Namen „Xavelia“ nicht aussprechen musste. Ich verließ Deutschland. Ich bewunderte die Leichtigkeit, mit der das Flugzeug von der Erde abhob, in mir sah es anders aus. Als das Flugzeug von der Erde abhob, erfasste mich ein nie gekannter Schmerz, so, als reiße er mich auseinander. Eine Hälfte blieb bei Xavelia auf der Erde, die andere floh vor einer unüberwindbaren Leidenschaft in dunkle Wolken davon. Vier Stunden später kam ich in Sevilla an. Dort schien die Sonne. Ich hatte vor, nach Cadiz weiterzureisen. In Cadiz hatte ich einmal das wilde Leben genossen und diese Stadt als Ort der Ablenkung und Zerstreuung tief im Gedächtnis behalten. Ich hätte also gleich nach Cadiz weiterreisen können. Aber irgendetwas in mir wollte noch Zeit gewinnen.

      In Cadiz hätte es herrliche Strände gegeben, der alte Stadtkern mitten auf einer Landzunge zwischen Wassern erbaut. Vom Hafen fahren Schiffe nach Afrika und den Kanarischen Inseln. Vielleicht sollte ich mich absetzen. Nie mehr zurückkehren. Der Gedanke schmerzte. Nadelstiche. Xavelia nähte eine Naht in mein Muskelgewebe, das sich Herz nannte. Mitten in meiner Brust klaffte, für andere unsichtbar, die ungelenk vernähte, weiter blutende Wunde.

      In die Tasche hatte ich Landkarten eingepackt. Vorsorglich. Vielleicht zöge ich auch gegen Norden. Ich hatte gehört von der Ruta de la Plata, der Silberstraße in die Einsamkeit. In das Bergland zur portugiesischen Grenze. Und dann immer der Grenze entlang. Eine Gratwanderung, СКАЧАТЬ