Zuckerrübenmord. Gerd Hans Schmidt
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Название: Zuckerrübenmord

Автор: Gerd Hans Schmidt

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783960085003

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СКАЧАТЬ ausgehändigt bekommen. Ich würde den Vorfall mal unter dem Aspekt ›Verrückter stößt Mann vor die U-Bahn‹ einordnen.«

      »Wolff, mach es dir nicht zu leicht. Die genaue Schilderung des Angriffs spricht gegen einen Verrückten. Gegen den Professor hat jemand was. Und der Grund ist das viele Geld, das in seiner Hand liegt. Besser gesagt, das Geld, das irgendjemand nicht bekommen hat. Ich werde mich gleich anschließend einmal gründlich mit diesen Agrarsubventionen befassen. Mal sehen, was die Presse im Netz so zu berichten hat!«

      *

      »Das war alles?«, Dr. Ruschka macht ein enttäuscht vorwurfsvolles Gesicht.

      »So geheim wir unsere Identität hielten, so geheim waren die Informationen, auf die wir gehofft hatten. Herr Dr. Habermüller darf eigentlich gar nichts zu seiner Arbeit sagen. Er deutete zwar an, dass er sich mit seiner Arbeit nicht nur Freunde macht, aber das war dann auch schon alles. Da weiß nicht einmal die Vorzimmerdame Genaueres. Ich habe mich noch mal etwas eingelesen. Die Daten mussten bis zum Jahr 2009 veröffentlicht werden. Über die Webseite des Bayerischen Agrarministeriums konnte jeder genau nachlesen, wer wie viel an Subventionen erhalten hatte. Der Grund war, dass eine Organisation auf Veröffentlichung der Daten erfolgreich geklagt hatte. Aber die Empfänger der Gelder und die Politik haben in der Folgezeit alle juristischen und gesetzlichen Hebel in Bewegung gesetzt, dass diese Veröffentlichungspflicht der Daten wieder wegfiel. Da frag einer, warum. Da wird sicherlich gemauschelt und getrickst und kein Empfänger und schon gar nicht die da oben wollen, dass der deutsche Michel den Geldfluss nachverfolgen kann! Mittlerweile werden wieder Daten von juristischen Personen veröffentlicht. Aber die Suche auf der Seite der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung ist sehr eingeschränkt. Man kann keine Liste der Empfänger einsehen, sondern nur gezielt suchen. Und Einzelfirmen findet man nicht und schon gar nicht die Antragsteller, die nicht berücksichtigt werden konnten.«

      Auch Ilse will jetzt Genaueres wissen und bemüht die Suchmaschinen. »Agrarsubventionen Betrug«.

      Da tauchen doch schon eine ganze Menge Inhalte auf. Gleich der erste Klick offenbart eine interessante Methode. Einige findige Männer, sagen wir in einem eher östlich gelegenen Mitgliedsland der EU, haben jahrelang für eine Rinderzucht mit fast 2000 Tieren Subventionen erhalten. In Millionenhöhe. Tatsächlich gab es kein einziges dieser Rinder, alles fiktiv. Angemeldet waren so acht bis neun Bauernhöfe. Waren Kontrollen angekündigt, hatte man sich kurzerhand eine entsprechende Anzahl von Tieren für diesen Hof ausgeliehen. Bis die Behörde umfassende Kontrollen anordnete. Die Schwindler waren so dreist, dass sie sogar gegen dieses Kontrollrecht der Verwaltung klagten. Dann flog der Schwindel auf. Geld und Betrüger waren zu diesem Zeitpunkt schon über alle Berge.

      Und das. In einem eher südlich gelegenen Mitgliedsland. Da wurde Milch von Zigtausenden von registrierten Kühen verkauft und subventioniert. Nur dass die Kühe entweder schon zu alt zum Melken oder bereits tot waren. Eine kleine Datenmanipulation und schon flossen die Millionen aus Brüssel.

      Ah, da. Mal was ohne Rindviecher. Die Ausfuhr von Zucker in bestimmte Drittländer wird mit Vergünstigungen subventioniert. Und so fährt man mit seinem Zucker-LKW nicht 1000 Kilometer in das Land, wo das süße Zeug dann verkauft wird, sondern man nimmt einen Umweg von 3000 Kilometern in Kauf und fährt zunächst in ein Staatsgebiet, in das die Ausfuhr subventioniert wird. Schon steht auf den Frachtpapieren das gewünschte Land. Wo der Zucker danach hingekarrt wird, interessiert keinen Menschen mehr und verkauft ist er obendrein. Macht man das so 200 Mal, gibt es auf dem Konto ein süßes Plus von 1,4 Millionen.

      Ah, hier, so geht es also auch. Da gibt es einen sehr bekannten Limonadenhersteller, der weltweit agiert und natürlich auch in Deutschland seine Niederlassungen hat. In Limonade ist Zucker, das dürfte hinreichend bekannt sein. Wird diese Limonade nun an ausländische Militärbasen hier in Deutschland geliefert, gilt das nach den Richtlinien als Export von Zucker! Und der wird bekanntlich subventioniert! Mit rund 200.000 Euro. Zur Stellungnahme gedrängt, erklärte der Konzern, die Subventionen seien als Rabatt an die Verbraucher weitergegeben worden. Und wer prüft’s nach? Und warum soll der EU-Bürger Limotrinken in der Kaserne billiger machen? Einen Haken hat die Sache aber noch. Wenn die Limo billiger ist, dann trinken die Soldaten mehr. Und dann ist es doch ein Geschäft für den Konzern!

      »Wolff, wir können froh sein, dass dieser Haberdingsda noch lebt. Würde man einen Verdächtigen in den Kreisen der abgelehnten Antragsteller suchen, also weil der Professor vielleicht irgendetwas gerochen hat, da kämen viele in Frage. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass da nur beschissen wird!«

      »Und so wie die Industrie da mit drin hängt, müssten wir bei jedem Verdacht erst oben nachfragen, ob wir ermitteln dürfen. Du weißt schon, Ermittlungen gegen Persönlichkeiten der Gesellschaft. Ein beliebtes Spiel bei uns Polizisten.«

      Wir schreiben unseren Bericht und besprechen die Sache ausführlich mit unserem Chef, Dr. Ruschka. Weder ein konkreter Tatverdächtiger noch ein irgendwie geartetes Motiv konnten ermittelt werden. »Derzeit geht die Mordkommission davon aus, dass es sich nicht um ein Tötungsdelikt, sondern um die Unachtsamkeit eines anderen Fahrgastes oder zufälligen Passanten handelte, der in Eile war und das Anrempeln der Zielperson nicht bemerkte«.

      Dr. Ruschka runzelt die Stirn. »Das ist euer Ernst? Mit dieser Nummer wollt ihr den Fall zu den Akten legen?«

      »Geben Sie uns umfassende Einsicht in die Vergabeunterlagen, dann legen wir los!«

      Nach langer Diskussion einigen wir uns schließlich doch auf unseren Abschlussbericht.

      Dr. Ruschka muss danach nach München zum Appell. Der Minister ist überraschender Weise sehr zufrieden mit unserer Arbeit.

      *

      »Wolff, Schatz, wir wollten heute Abend essen gehen, was schlägst du vor?«

      Ah, dieses Wort. Ich bin kein Schatz. Ich muss einen Weg finden, um Ilse davon abzubringen, dieses Wort zu verwenden.

      Wir landen im Bratwurst Röslein. Auf dem Weg über den Hauptmarkt muss ich wieder an die Lochgefängnisse und den Koch in der Harrer-Klinik denken. Hoffentlich sitzt der da schon bei Bratwurst und Käse. Lebenslänglich!

      *

      Im Herbst kamen nicht viele neue Fälle herein. Meistens Schlägereien, bei denen ein versuchtes Tötungsdelikt im Raum stand. Es wird immer brutaler zur Sache gegangen, egal ob das Opfer ein kräftiger Mann oder ein junges Mädchen ist. Es wird rücksichtslos geprügelt, mit aller Gewalt, blindwütig. Es gibt kein Halten mehr, vor allem, wenn das Opfer schon am Boden liegt. Und wenn mehrere Täter gleichzeitig am Werk sind. Dann kommen die harten Tritte gegen den Kopf. Oft tragen die Opfer bleibende Schäden davon, mit denen sie leben müssen. Manch einer erholt sich davon nie, gesundheitlich und wirtschaftlich nicht. Gerade wurde in Berlin eine junge Frau einfach totgeschlagen, weil sie einen Streit schlichten wollte.

      Und die Täter? Der Tötungsvorsatz kann ihnen selten nachgewiesen werden und sie können mit milden Strafen rechnen. Der gesetzliche Strafrahmen wird selten ausgeschöpft. Die Politik schreit in solchen Fällen lautstark nach härteren Gesetzen. Aber das ist der pure Populismus. Es ist überhaupt in der Politik zur Gewohnheit geworden, auf Ereignisse, die das Wohl des Volkes gefährden, drastische Maßnahmen anzukündigen. Egal, ob es brutale Übergriffe oder Lebensmittelskandale sind. Man stellt sich vor das Mikrofon der willigen Presse und verkündet sofortige Schritte. Sobald das Mikrofon und die Kameras dann abgeschaltet sind, geht man zur Tagesordnung über oder besser ausgedrückt, zum ständigen Bemühen um die Wiederwahl. Nur das scheint zu zählen.

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