Spieltage. Benjamin Markovits
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Название: Spieltage

Автор: Benjamin Markovits

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Oktaven

isbn: 9783772544231

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СКАЧАТЬ Freiburg, Nürnberg, schließlich Landshut. Und überall, wo er hinging, nahm er seine Blumentöpfe und seinen großen Fernseher mit.

      «Du fragst dich wahrscheinlich, worauf ich eigentlich hinauswill», sagte er.

      «Du denkst, wenn ich nicht aufpasse, bin ich in zehn Jahren immer noch hier?»

      Aber er schüttelte den Kopf. Worauf er eigentlich hinauswollte, war, dass er in seinem ersten Jahr den Meistertitel der Liga geholt hatte. «Basketball ist genau wie alles andere auch. Du kannst aus dir machen, was du aus dir machen willst.»

      Es gab einen peinlichen Moment, als ich ging. «Was hast du vor?», fragte er. «Wir haben den ganzen Nachmittag Zeit.» Er wollte ein Video ansehen und sich dann vielleicht ein bisschen hinlegen, aber ich sei herzlich eingeladen, für den Film zu bleiben.

      «Du hast doch nur einen Sessel», meinte ich, während ich schon zur Tür ging, und dann stand er im Eingang und sah zu, wie ich mich die schmale Treppe hinuntertastete.

      8

      Als ich zum Abendtraining kam, waren die meisten schon am Aufwärmen. Im Obergeschoss der Halle gab es ein zweites Spielfeld, das viel schlichter als das untere war. Die Backboards waren nicht aus Glas, sondern aus Holz, und an der Seitenlinie gab es keinen Platz für eine Ersatzbank. Doch Mittwochabends mussten wir damit auskommen; eine Ballettstunde war überbelegt, daher brauchten sie die untere Halle.

      Um ehrlich zu sein, mochte ich das zweite Feld mehr: Es war so klein, dass man schon nach wenigen Minuten die Wärme des Spiels riechen konnte. Alle fühlten sich dort besser. Basketball war hier mehr ein Spiel als ein Beruf, was nicht heißen soll, dass wir uns nicht anstrengten. Als ich an diesem Abend eintraf, lag etwas Nervöses, Aufgeheiztes, Verspieltes in der Luft, und ich fragte mich, ob das vielleicht mit der Rückkehr des Amerikaners zu tun hatte.

      Nach einem leichten Aufwärmprogramm brachte Henkel die Trainingstrikots aufs Spielfeld. Das erste Team bestand aus Plotzke, Olaf, Milo, Karl und Charlie. Im zweiten waren ich, Darmstadt, Krahm, Hadnot und ein weiterer Neuzugang, ein Trumm von Mann, den Henkel in letzter Minute angeschleppt hatte und dessen Name sehr englisch klang – Thomas Arnold. Arnold war ein groß gewachsener, bleichgesichtiger, blonder und äußerst liebenswerter Kerl, der gerade seine Musikaufnahmeprüfung hinter sich gebracht hatte und Chorgesang studieren wollte. Seine Basketballerfahrung bestand aus nicht mehr als der nützlichen Rolle, die er in seinem Berliner Schulteam gespielt hatte. Um dem Wehrdienst zu entgehen, hatte er sich zum Zivildienst gemeldet, den er jetzt in einem Kinderkrankenhaus hier in der Stadt absolvierte. Er hatte sich bei den Yoghurts gemeldet, weil er niemanden kannte in Bayern, das für ihn ein barbarischer Ort war, voller rückwärtsgewandter Leute, die ein unverständliches Deutsch sprachen.

      Mittlerweile sollte klar sein, wie ungerecht wir verteilt waren. Plotzke war die einzige Schwachstelle im ersten Team, aber sogar er hatte schon fast zehn Jahre Basketball auf dem Buckel. Äußerlich betrachtet, war er ungemein hässlich, ständig am Meckern und fast schon bedenklich grobmotorisch, gleichzeitig war er aber, vielleicht aus denselben Gründen, überraschend effektiv. Milo hatte in der zweiten Bundesliga gespielt, Olaf sogar in der ersten. Charlie kam aus der NBA, obwohl er es nie über die Pre-Season-Trainingscamps hinaus geschafft hatte. Und Karl wurde bereits als vielversprechendstes Jungtalent der Liga gehandelt. Auf unserer Seite standen Arnold und Krahm, die im Grunde Studenten waren, die den Sport eher hobbymäßig betrieben. Darmstadt war Schüler, und ich selbst hatte seit der Junior-Highschool nicht mehr zu den Starting Five gehört. So lag es an Hadnot, das Ruder herumzureißen, nur war er übergewichtig, verletzt und nicht in Form. Trotzdem konnte es, wie Krahm beim Überstreifen des Maschentrikots sagte, «nicht schlimmer werden als bisher».

      Die zweite Gruppe war nach einem Monat der Niederlagen komplett demoralisiert; jeder von uns hatte gelitten. Wir spulten ein Programm ab, das für die einen Verlieren, für die anderen Gewinnen vorsah. Alle waren ausgepumpt. Verlieren kann etwas Gutes, etwas Angenehmes werden, genau wie jede andere Gewohnheit. Aber Hadnot nahm uns kurz zur Seite, bevor es losging, und sagte ohne jede Einführung zu Arnold und Krahm: «Du und du, ihr macht die Schultern breit und blockt. Aber passt auf: Ich geh hart an der Deckung vorbei.»

      Zu Darmstadt sagte er: «Wie heißt du, Kleiner?»

      «Willi.»

      «Okay, Willi. Ich will den Ball an meiner rechten Hüfte. Der Pass muss zur gleichen Zeit ankommen wie ich. Auf die Sekunde; ich bin alt und langsam. Wer übernimmt Karl?»

      Ich hob die Hand. Aber er sagte: «Ich mach das.» Und dann, mit einer fast schon nüchternen Sanftheit: «Er ist faul in der Abwehr, und ich will ein paar Treffer landen. Du passt auf Milo auf. Ist mir egal, ob du das mit dem Knie machst, aber halte ihn von der Grundlinie und vom Korb fern.»

      Hadnot hatte uns um sich herum arrangiert. Mir war das egal. Mit seinem Eifer hatte er letztendlich nur darauf hingewiesen, dass dieses Spiel wichtig war, ein Trainingsmatch an einem Mittwochabend vor der Saison, auf einem Feld halber Größe, in einer siebzig Kilometer von München entfernten Kleinstadt, in der die einzigen Sportarten, für die sich irgendjemand interessierte, Eishockey und Fußball waren. «Lasst uns diese Arschgeigen fertigmachen», sagte er. «Ich hasse es zu verlieren.»

      Es gibt die Regel, dass man nach einer Verletzung ein gutes Spiel hat, bevor die Beine schlappmachen und man sie wieder neu aufbauen muss. Vielleicht war es für Hadnot genau dieses Spiel. Niemand profitierte mehr von dem kleinen Feld als er. Man konnte schnell nach vorne und nach hinten laufen oder beim Gegenangriff mit zurücksprinten; schwierig war nur, in der Mitte genügend Spielraum zu finden. Das Gewicht, das er mit sich herumtrug, erfüllte dabei einen gewissen Zweck, es beanspruchte Platz. Er hatte uns gewarnt, er würde hart an der Deckung vorbeigehen. Und tatsächlich konnte ich am nächsten Tag kaum meinen rechten Arm bewegen: das war die Schulter, an der er vorbeirammte, wenn er sich vom Block löste. Nach kurzer Zeit machten wir nichts anderes mehr, als ihn freizublocken, um ihm den nötigen Raum zu verschaffen. Er traf von der Grundlinie, von innerhalb der Freiwurflinie, von außerhalb der Freiwurflinie. Er versenkte kurze Dreimeter-Floater, was vielleicht der schwierigste Wurf beim Basketball ist: wenn man aus der Wucht des Laufs einen hohen, langsamen Wurfbogen machen muss. Wenn es der Winkel erforderte, zielte er aufs Board; ansonsten fielen die Würfe durchs Netz, als hätte er über dem Korb gestanden.

      Für unerfahrene Augen müssen seine Treffer etwas sehr Elegantes und Weiches an sich gehabt haben. Er schien Selbstbeherrschung zu demonstrieren, so unauffällig schmiegten sich die Würfe in den Korb. Aber mein Gott, war der sauer. Nicht dass er viel sagte. Charlie war auf dem Feld mit allen im Dauergespräch. Hadnot dagegen machte nur den Mund auf, wenn er etwas wollte. «Ball!», rief er, «Ball!», sobald er sich von der Deckung gelöst hatte. Karl musste eine halbe Stunde lang kämpfen, um auch nur einigermaßen mithalten zu können, bis Charlie eine Wechselverteidigung einrichtete. Ab da war Hadnot jedermanns Sache. Sie kamen im Doppelpack auf ihn zu, sie schirmten ihn oben und unten gleichzeitig ab, aber Hadnot hatte eine Möglichkeit entdeckt, wie er trotzdem an ihnen vorbeikam. Er machte Headfakes, um die Hilfsverteidiger in die Luft zu kriegen, und drückte ihnen dann eine Schulter oder den Ellbogen ins Gesicht, um ein Foul zu provozieren. «Foul!», war das Zweite, was er rief, indem er in die Hände klatschte und den Ball forderte. Nachdem er mehrere Ellbogen abbekommen hatte, begann sogar Charlie, nicht mehr ganz so hart ranzugehen, und Hadnot hatte seine paar Zentimeter Platz.

      Wir gewannen das erste Spiel, sogar mit Vorsprung – es war das erste Spiel überhaupt, das an uns ging.

      Warum er so sauer war, weiß ich nicht. Aber die Wut hatte definitiv ihren Anteil an der Show, die er hinlegte. Es war nicht nur die Tatsache, dass er sich Karl vornahm, um leichter punkten zu können – obwohl er das auch machte. Es war zudem die Art und Weise, wie er hinten spielte. Hadnot war Karl gegenüber mit mehr als zehn Jahren, fünfundzwanzig СКАЧАТЬ