Die Schwester, die Dr. Härtling belog: Arztroman. A. F. Morland
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      Alle Personen wirkten flach und stilisiert. Die kleine Künstlerin hatte sich bei ihrer Darstellung auf das Wesentliche beschränkt und dieses so sehr überspitzt, dass es für die Betroffenen nicht eben schmeichelhaft war.

      Trotzdem lobte Sören die Zeichnung, wusste er doch, dass keine böse Absicht dahintersteckte.

      Er gab seiner Frau einen Begrüßungskuss. Jana trug einen schmeichelnd schönen himmelblauen Pulli, dessen Hauptgarn aus seidig glänzender Baumwolle bestand und der mit Krausrippen aus meliertem Garn und lustigen eingehäkelten Noppen aufgepeppt war. Leise flüsterte er ihr ins Ohr, er sei froh, dass sie in natura ein bisschen besser aussehe als auf Josees Zeichnung.

      Jana erkundigte sich schmunzelnd, wie sein Tag gewesen war. Früher Kinderärztin, heute Hausfrau und Ärztin für die eigenen Kinder, interessierte sie sich nach wie vor für alles, was die Klinik betraf, die ihr Vater, Professor Dr. Walter Paracelsus, nach dem Krieg gegründet hatte.

      Heute gab es nicht viel zu berichten. Der Tag war ohne Aufregungen und Höhepunkte abgelaufen. Sören hätte nichts dagegen gehabt, wenn es häufiger solche Tage gegeben hätte.

      Schwester Claudia kam ihm in den Sinn. „Wenn man sie bei der Arbeit beobachtet”, sagte er zu Jana, „könnte man meinen, sie hätte in ihrem ganzen Leben nichts anderes gemacht, als Kranke zu pflegen. Dabei ist sie noch sehr jung! Es ist wirklich erstaunlich, was sie leistet. Sie ist schnell, zuverlässig und sicher, und jeder Handgriff sitzt, als hätte sie ihn tausendmal geübt.”

      Mofageknatter erklang vor dem Haus. Gleich darauf kamen die siebzehnjährigen Zwillinge herein, Sie hatten wieder mal eine heiße Diskussion, und Sören war froh, dass sie ohne Schiedsrichter auskamen.

      „Wo ist Tom?”, erkundigte sich Sören.

      „Bei einem Freund”, antwortete seine Frau. „Der hat ein paar neue CD’s, die unser Herr Sohn unbedingt hören muss.”

      „Ich hoffe, er vergisst darüber nicht, wann wir zu Abend essen.”

      „Er wird rechtzeitig hier sein”, versicherte Jana ihrem Mann.

      Zwanzig Minuten später servierte Ottilie das Abendbrot, und Tom saß zwischen Josee und Ben am Tisch. Sogar mit sauberen Händen — was man bei ihm nicht unbedingt als Selbstverständlichkeit ansehen konnte!

      „Wisst ihr schon das Neueste?”, fragte Dana in die Runde „Oscar de Angelis hat geheiratet.”

      Ben staunte „Ist nicht wahr? Von wem hast du das?”

      „Von Rebekka Krantz. Die ist doch sein größter Fan. Es gibt nichts, was sie nicht von ihm weiß. Jeden seiner Filme hat sie mindestens fünfmal gesehen, und wenn er in München ist, belagert sie rund um die Uhr sein Hotel. Sie war ganz sicher, dass er sich irgendwann mal in sie verlieben würde”

      „Und nun diese kalte Dusche”, sagte Ben lächelnd.

      „Sie ist völlig geknickt. Sie hat mir gestanden, dass sie nicht mehr leben möchte.”

      „So ein verrücktes Huhn.” Ben schüttelte verständnislos den Kopf.

      „Für sie ist eine Welt zusammengebrochen.”

      „Das ist kein Grund, so etwas Dummes zu sagen. Wen hat Oscar de Angelis denn zur Frau genommen?”

      „Irgendein unbekanntes Starlet. Rebekka versteht die Welt nicht mehr.”

      „Sie wird darüber hinwegkommen”, warf Sören Härtling ein.

      „Um sie zu trösten, habe ich ihr gesagt, dass diese Ehe bestimmt nicht lange halten wird”, berichtete Dana weiter. „Nun wartet sie voller Ungeduld auf die Nachricht, dass Oscar de Angelis wieder zu haben ist.”

      Sören sah Jana schmunzelnd an. „Ob in dieser Schule auch noch Zeit für vernünftige Dinge bleibt?”

      6

      Schmerzen. Schmerzen. Schmerzen. Sie strahlten bis in den Oberschenkel aus. so dass Anja Bömer kaum noch gehen konnte.

      „Du musst zum Arzt”, sagte Roland Bömer, der nicht mehr mit ansehen konnte, wie sie sich quälte.

      „Du weißt, was ich von Ärzten halte”, gab Anja geringschätzig zurück. „Das sind doch alles bloß Quacksalber und Kurpfuscher. Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Doktor gebraucht”, fügte sie stolz hinzu. „Ich bin auch ohne ärztliche Hilfe fünfundvierzig Jahre alt geworden.”

      „Dieses Ischiasleiden muss behandelt werden. Anja”, sagte Roland Bömer eindringlich.

      Er saß im Wohnzimmer auf der Couch, die Tageszeitung auf den Knien, eine Flasche Bier in Reichweite. „Seit Monaten schleppst du dich nur noch ächzend und stöhnend herum und wartest darauf, dass es von selber wieder gut wird. Aber es wird nicht. Warum willst du dir nicht endliche helfen lassen? Ich kann dein schmerzverzerrtes Gesicht nicht mehr sehen. Ich leide mit dir. Du musst endlich etwas dagegen unternehmen. Ich geb' dir einfach keine Ruhe mehr, Anja. Morgen gehe ich mit dir zu Doktor Bretthammer. Ich seh’ mir das nicht länger an.”

      Dr. Karl Bretthammer war seit Jahren Roland Bömers Hausarzt. Aber nur seiner, denn Anja Bömer stand auf dem Standpunkt, dass der Mensch sehr gut ohne ärztliche Hilfe leben konnte. Besser sogar.

      Aber heute war der Ischiasschmerz wohl besonders quälend, denn heute gelang es Roland Bömer zum ersten mal, seiner Frau die Einwilligung zu einem Arztbesuch abzubringen.

      Er nahm sich den nächsten Vormittag frei, damit Anja keinen Rückzieher machen konnte, und fuhr mit ihr zu Dr. Bretthammer.

      Das Einsteigen in den Wagen war für die Kranke eine wahre Tortur, und beim Aussteigen machte sie auch einiges mit. Sie ging krumm. Ihr Rücken war verspannt, der Körper verzogen. Roland Bömer wagte seine Frau kaum anzufassen. Jedes mal, wenn sie aufstöhnte, glaubte er, er habe ihr weh getan.

      Er bot ihr seinen Arm. ,,Komm, häng dich bei mir ein, Oder möchtest du dich auf mich stützen?”

      Sie hängte sich ein. Für eine Strecke von hundert Metern — vor dem Haus des Arztes war alles verparkt — brauchte Anja Bömer eine halbe Ewigkeit.

      Und dann musste sie auch noch eine Treppe hochsteigen. Roland Bömer führte seine Frau zuerst ins Wartezimmer und meldete sie dann bei der Sprechstundenhilfe an. Sie mussten eine halbe Stunde warten. Dann wurde Anja über einen schnarrenden Lautsprecher aufgerufen.

      „Ich geh’ mit dir rein”, sagte Roland Bömer.

      Aber das wollte sie nicht. Sie schleppte sich allein ins Behandlungszimmer und kam kurz danach mit einem Rezept wieder heraus.

      „Und? Was hat Dr. Bretthammer gesagt?”, wollte Roland Bömer gespannt wissen.

      „Er hat sich natürlich gefreut, dass ich endlich auch mal zu ihm komme.” Anja seufzte.

      „Er ist doch ein netter Mensch, oder? Und ein guter Arzt ist er ebenfalls. Also, ich kenne jedenfalls niemanden, der schon mal etwas Nachteiliges über ihn gesagt hat.”

      „Er hat mir eine Salbe und Tabletten verschrieben.”

      „Wir СКАЧАТЬ