Название: Perry Rhodan 2306: Die Kristallbörse
Автор: Horst Hoffmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Perry Rhodan-Erstauflage
isbn: 9783845323053
isbn:
Vielleicht war er einmal interessant für sie, spätestens in etwa … zwei, drei oder vier Jahren.
Amanda van Veer lächelte ihre drei Mitspieler mit betörendem Aufschlag der falschen Wimpern an, als sie die Karten mischte und nach dem Einsatz fragte.
Sie hatte es im Gefühl. Dies war ein guter Tag für sie. Es war einfach so. Und wenn sie im Spiel verlor – nun, es gab immer noch andere Möglichkeiten, ganz besonders an einem Ort wie diesem. Hier gab es mehr als einen Schatz zu heben.
Amanda van Veer war keine Närrin. Sie kam niemals allein. Nirgendwohin.
*
Wer LE-prachtvoll kannte, der hatte auch vom »Kämmerer« gehört. Seit der Wiedereröffnung der Plattform nach der Übernahme durch die Organisation Taxit war diese geheimnisvolle Gestalt die oberste Instanz in der Kristallbörse und sorgte mit ihrer Börsen-Garde mit eiserner Hand für Ruhe und Ordnung. Wer dieser Mann war, das wusste niemand, was dazu geführt hatte, dass sich die abenteuerlichsten Gerüchte um ihn rankten. In Händlerkreisen wurde sogar die Ansicht geäußert, es handele sich um einen Geist, den die ebenfalls nebulösen Betreiber der Plattform erfunden hatten, um gar zu übermütige Elemente entweder einzuschüchtern oder von vornherein abzuschrecken.
Doch wenn es ein Geist war, vermummte er sich mit einem prächtigen goldenen Cape und einer Gesichtsmaske aus weißem Porzellan. Seine Identität war nicht festzustellen, denn selbst die Stimme des Kämmerers wurde von einem Prozessor zu einer Art Maschinenstimme verfremdet, wie die »Erfahreneren« unter den Besuchern wissen wollten – Händler, die immer wieder kamen und schon oft auf LE-prachtvoll gewesen waren. Individualschwingungen schien der Geheimnisvolle auch nicht zu besitzen, oder sie waren durch ein Antiortungsfeld verfälscht. Daher glaubten nicht wenige, dass es sich beim Börsen-Kämmerer schlicht und einfach um einen Roboter handle.
Bekannt war auch, dass der Kämmerer der Oberste Richter der Kristallbörse war und seine Urteilssprüche schnell und unbürokratisch fällte. Es gab im Streitfall weder einen Ankläger noch einen Verteidiger. Für endlose Verfahren schien man an Bord der ehemaligen Kasino-Plattform nichts übrig zu haben. Wer sich etwas hatte zu Schulden kommen lassen, hatte also ziemlich schlechte Karten – und das ganz besonders dann, wenn er beim »Kristallbetrug« erwischt worden war; denn dieser galt als das am schwersten wiegende Verbrechen an Bord der Börse überhaupt.
Entsprechend düster sah für Patriarch Jorgas Etoto seine nähere Zukunft aus, als er mit seinen drei Söhnen und seiner Tochter auf das Erscheinen des Kämmerers wartete.
Die Paralyse war mittlerweile abgeklungen, sie konnten sich wieder bewegen. Ein erster Blick auf sein Armband hatte Etoto gezeigt, dass seit der »Verhandlung« mit den Arkoniden mehr als fünf Stunden vergangen waren. Er hatte keine Ahnung, wo genau sie sich jetzt befanden. Es war ein großer, sechseckiger Raum mit zwei rechteckigen Tischen – an dem einen saßen die Sippenmitglieder, an dem anderen die drei Arkoniden – und einem Podest, auf dem sich ein Pult und ein Sessel befanden. Hinter den Delinquenten standen mit unbewegten Gesichtern ein halbes Dutzend Uniformierte, die sie hierher gebracht hatten.
Die Börsen-Garde!, dachte Etoto, als er sie missmutig musterte und die Waffen sah, die gut sichtbar an ihren Hüften hingen. Die Garde war berühmt und berüchtigt. Ihre Mitglieder waren die Einzigen, die an Bord der Kristallbörse solche Waffen tragen durften. Und wie sich gezeigt hatte, machten sie schnell und kompromisslos von ihnen Gebrauch. Wahrscheinlich konnten die Springer von Glück sagen, dass sie nur paralysiert worden waren. Es hätte auch anders kommen können. Die Gardisten besaßen die Lizenz zum Töten, wenn einem Unruhestifter anders nicht beizukommen war.
Die Männer verzogen keine Miene. Tugasha hatte bereits versucht, sie durch einige wüste Beschimpfungen zu provozieren. Sie hatte keine Chance. Ebenso gut hätten Roboter dort stehen können, die Hände auf den Griffen der Strahler.
Die Zeit zog sich in die Länge. Patriarch Jorgas hasste es zu warten – vor allem dann, wenn es nichts Gutes war, dem er entgegenzusehen hatte.
Es dauerte über zwei Stunden, dann entstand in der Wand hinter dem Podest eine Öffnung, und zwei Bewaffnete traten ein. Sie postierten sich zu beiden Seiten des soeben entstandenen Eingangs und standen stramm an der Wand.
»Du glaubst es nicht«, sagte Tugasha. »Die Dreckskerle salutieren gleich noch!«
»Halt den Mund!«, zischte Jorgas ihr zu. Sie wollte auffahren, besann sich aber noch rechtzeitig und blies sich eine rostrote Lockensträhne aus dem feisten Gesicht, was allerdings auch keine Schönheit mehr aus ihr machte. Als sie den Unterkiefer energisch vorschob, war die Ähnlichkeit mit einer terranischen Bulldogge nur mehr schwer zu leugnen.
Der Patriarch biss die Zähne zusammen, dass es knirschte. Seine Finger trommelten nervös einen Wirbel auf die Tischplatte, der eigentlich nicht einmal schlecht zu den zackig stehenden Gardisten und dem mit Spannung und einem sehr unguten Gefühl erwarteten Auftritt des Kämmerers passte. Der Bursche macht es verdammt spannend, dachte er. Wenn hier nicht bald etwas passiert, werde ich Beschwerde einlegen!
Aber bei wem? Er war der Garde und dem Kämmerer ausgeliefert, das wusste er gut genug. Der Kämmerer war hier der alleinige Herr. Über ihm gab es nichts mehr, und wenn er nur halb so hart war, wie es hieß, dann würde mit ihm auch kaum zu reden sein. Unbestechlichkeit, hatte Jorgas schon immer gewusst, war nun einmal der natürliche Feind aller aufrichtigen Händler. Eine Pest!
»Jetzt lässt er sich blicken«, sagte Rubahl, als ein Schatten in der Wandöffnung erschien.
»Wenn er Mumm hat«, knurrte Tugasha. Jorgas stieß sie mit dem Ellbogen in die Seite.
Der Kämmerer betrat den Raum. Die Gardisten, auch die im Rücken der Springer, salutierten tatsächlich. Der Mann – falls es einer war – blieb kurz stehen, sah sich um und nickte. Die Uniformierten nahmen wieder normale Haltung an, und er schritt mit energischen Bewegungen zu dem Sessel hinter dem Podestpult.
Es stimmte also. Er hatte ein über der Brust geschlossenes, golden schimmerndes Cape an und versteckte sein Gesicht hinter einer weißen Maske mit erhabenen, klassischen Zügen. Warum?, fragte sich Jorgas, der sich dadurch nicht beeindrucken ließ. Was hatte er zu verbergen? Oder wollte er mit seinem Mummenschanz nur Angst einjagen? Dann war er bei ihm an der richtigen Adresse.
»Ich verlange …«, begann der Patriarch, aber der Kämmerer brauchte nur eine Geste, um ihn zur Ruhe zu bringen. Und um ein zweites Mal anzusetzen, blieb Jorgas überhaupt keine Zeit.
Der Kämmerer forderte sie nicht erst zum Setzen auf. Er verlas nicht ihre Namen, belehrte sie nicht über ihre Rechte – falls sie solche hatten –, sondern kam sofort zum Punkt.
»Die Etoto-Sippe aus dem Volk der Mehandor-Springer ist des versuchten Kristallbetrugs angeklagt«, sagte eine Stimme, die so energisch klang wie die ganze Erscheinung des Kämmerers, aber tatsächlich an die eines primitiven Roboters ohne ausgefeiltes Sprachmodul erinnerte. »Als Beweis wurde die angebliche Khalumvatt-Probe sichergestellt und von meinen Spezialisten untersucht. Es handelt sich um Howalgonium mit einer Beimischung aus wertlosem rotem Quarz. Es wurde festgestellt, dass im Schiff der Sippe insgesamt 1,6 Tonnen dieses Howalgoniums lagern, was die Vermutung nahe legt, dass nicht nur einmal ein Kristallbetrug versucht werden sollte.«
»Das ist eine Unterstellung!«, brauste Jorgas auf. »Dafür gibt es keine Beweise!«
»An den Haaren herbeigezogen!«, rief Tugasha. »Sofern du überhaupt so etwas wie richtige Haare hast, du maskierter Mistkerl!«
Der СКАЧАТЬ