Название: Geistesgegenwärtig führen
Автор: Daniel Zindel
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная деловая литература
isbn: 9783862567140
isbn:
»Rede Herr, dein Knecht hört«,1 das heißt, zuerst hingegeben hören ist wichtiger als gleich zum Wettlauf antreten, wo es dann heißt: »Rede Herr, dein Knecht läuft schon.«
Im Bild herrscht Spannung und zugleich tiefe, fast zärtliche Einheit:
Der Handwerker und der Engel bedeuten für mich: Alltagsarbeit und Erleuchtung sind Zwillinge. Transpiration und Inspiration gehören zusammen wie Schale und Kern einer Frucht. Berufliches Können und begnadete Kunst durchdringen sich. Professionalität und Spiritualität sind Freunde. Du bist im Alltag ganz bei der Sache und zugleich geistesgegenwärtig offen für den Gedankenblitz von oben. Wer an der irdischen Institution baut, traut der göttlichen Inspiration. Umgekehrt fehlen der Inspiration, die nicht in eine Institution mündet, die Hände. Sie wird nicht Fleisch. Sie bleibt schwebend und verpufft, weil der Heilige Geist immer auf Verleiblichung aus ist. Was wäre, wenn der Engel spräche und es wäre kein Schuster da, der Nägel mit Köpfen macht?
Institution ohne Inspiration bleibt flach, technisch und leblos. Sie verfehlt in bester Absicht vielleicht Gottes Absicht. Sie perfektioniert ihre Form ohne Inhalt. Anstatt dass sie ein Feuer hütet, bewahrt sie Asche auf. Man tut in ihr vielleicht viele Dinge richtig, aber nicht die richtigen Dinge. »Als sie die Orientierung endgültig verloren hatten, verdoppelten sie ihre Anstrengungen« (Mark Twain).
Managergebet
Lebendiger Gott,
der Schuhmacher ist Macher – wie ich. Ich mache gerne Nägel mit Köpfen. Ich schlage sie gerne ein, damit sichtbar etwas entsteht. Ich kann gut mit dem Hammer umgehen. Vergib mir, dass ich dann manchmal alles in der Welt für einen Nagel halte.
Ich will wirken, bewegen, damit ein tauglicher Schuh entsteht, ein aufbauendes Buch, ein heilendes Heim, eine Leben fördernde Gemeinde, ein guter Cashflow – damit dein Reich komme.
Lass mich, den Beweger, bewegt werden. Sprich dein das Ohr und das Herz öffnendes Wort, dass es den Rahmen meiner kleinen, dunklen Werkstatt sprengt. Lass mich über meinem kleinen Ziel dein großes, kommendes Reich im Auge haben. Sprich mich aus der Ewigkeit an, damit ich stets modern bleibe. Wecke mein Ohr mit Himmelsmusik, damit ich gute und sinnvolle Alltagsprodukte hervorbringe. Flüstere mir zärtlich das Geheimnis deiner Wachstumskräfte ins Ohr, damit durch mein gutes Hämmern und Nageln nicht nur ein Werk, sondern deine Frucht entsteht.
Amen
I. Drei Arten, eine christliche Organisation zu betrachten
1. Es ist wichtig, zu unterscheiden
Unsere inneren Bilder davon, was eine christliche Organisation ihrem Wesen nach ist, wie sie funktioniert und welche Zwecke sie erfüllen sollte, sind sehr verschieden. Diese inneren Landkarten prägen aber entscheidend die Art und Weise, wie wir Führungsverantwortung wahrnehmen, welche Wege wir führungsmäßig einschlagen und woran und wie wir uns im Führungsalltag orientieren.
Eine christliche Arbeitsgemeinschaft kann wie die Ehe von ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten her beschrieben werden. Ist die Ehe eine Arbeits- und Zweckgemeinschaft von Mann und Frau, die zusammen einen Haushalt führen, eine Lebensgemeinschaft bilden und die Verantwortung für die Erziehung ihrer Kinder übernommen hat? Ja, das ist sie. Oder ist die Ehe eine Liebesgemeinschaft, wo Zärtlichkeit und Erotik kultiviert werden? Ja, das ist sie auch. Oder ist sie eine geistige Gemeinschaft, wo wir gegenseitig unsere Gedanken und Gefühle austauschen, entweder nach dem Motto Hölderlins: »Seit ein Gespräch wir sind« oder wie in einem Stummfilm – meistens aber irgendwo dazwischen? Natürlich, das stimmt auch. Oder ist die Ehe ein Sakrament, eine göttliche Stiftung, ein geistliches Geheimnis? Doch, durchaus, auch das ist die Ehe. Alle diese Aspekte gehören zur Ehe. Je nach Blickwinkel und Wahrnehmung tritt ein Aspekt deutlicher in unser Blickfeld und die anderen werden eher in den Hintergrund geschoben. Je nach Lebensalter und Reifestufe betonen wir das eine mehr, das andere weniger.
In ähnlicher Art und Weise unterscheide ich drei Aspekte, unter denen man eine christliche Organisation betrachten kann: den spirituellen, den organischen und den mechanischen Aspekt. Je besser wir die verschiedenen Aspekte unterscheiden – nicht scheiden! –, desto weniger unheilvolle Vermischungen geschehen, wenn wir unsere Führungsverantwortung in einer Gemeinde oder einem Werk wahrnehmen.
Vor einiger Zeit war ich in einem christlichen Hotel zufällig Zeuge folgender Episode: Eine Betriebsangestellte hatte die Nasszelle eines Zimmers nicht gründlich genug gereinigt. Die hauswirtschaftliche Betriebsleiterin, liebevoll Fräulein Rottenmeier genannt, stellte dies bei ihrer Kontrolle fest und schickte ihre Mitarbeiterin zur Nachreinigung. Diese sagte: »Ich möchte dich um Vergebung bitten, dass ich unsorgfältig gearbeitet habe.« »Weißt du«, sagte ihr die Vorgesetzte, »für mich ist das nicht eine Sache der Schuld und Vergebung, sondern der Professionalität. Wir wollen doch alle einfach unseren Job gut machen.«
In christlichen Organisationen führt gut, wer gut unterscheiden kann. So sagt Benedikt von Nursia, der Ordensgründer, betreffend den Abt Folgendes: »Ob sein Arbeitsauftrag, den er erteilt, Göttliches oder Weltliches betrifft, wisse er zu unterscheiden und Maß zu halten.« Der Abt ist geistlicher und weltlicher Leiter eines Klosters, wo Beten und Arbeiten den Grundrhythmus angeben. Das Kloster steht für uns modellhaft für eine christliche Organisation. Zu dieser Gabe und Aufgabe der discretio (Unterscheidung) schreibt Anselm Grün, Geschäftsführer (Cellerar), Seelsorger und Psychotherapeut im Kloster Münsterschwarzach: »Die Unterscheidungsgabe ist für Benedikt die Mutter aller Tugenden. Sie ist gerade für den Abt die Voraussetzung einer klugen und besonnenen Führung. Wer unterscheiden kann, kann auch entscheiden. Er trifft seine Entscheidungen nicht nach irgendwelchen Methoden, sondern aufgrund seiner Unterscheidungsgabe, aufgrund seines inneren Gespürs für das Richtige.«2
Ich schildere im Folgenden die drei Betrachtungsweisen, indem ich immer gleich drei Fragen mitbedenke. Erstens: Welches Menschenbild wird damit zum Ausdruck gebracht? Zweitens: Welches sind typische Gesetzmäßigkeiten, die zu diesem Ansatz gehören? Drittens: Welche Chancen und Gefahren stecken hinter diesem Denkansatz?
2. Die spirituelle Betrachtungsweise: Unsere Organisation ist ein Gefäß für den Geist
Jede christliche Organisation ist letztlich ein geistliches Gefäß, eine Plattform, wo der Heilige Geist wirkt. Wir könnten auch von einem Tempel sprechen, in dem Gott wohnt. Die Form des Gefäßes kann sehr verschieden sein, der Tempel mag die Form eines schlichten Holzkirchleins oder einer Kathedrale aufweisen, inhaltlich geht es immer um das eine: Gefäß sein für Gottes Präsenz: »Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.«3 In seinem Namen versammelt sein bedeutet: Wir sind unter seiner Autorität, seinem Schutz, seiner Wegweisung und seinem Segen zusammen. Wir ringen um eine gemeinsame Schau für unsere Sendung in seinem Namen. Wir lassen Nähe und Intimität vor Gott zu und horchen auf seine Stimme, wie der Schuster in seiner Werkstätte auf den Engel hört.
Wie fing das Unternehmen Kirche genau an? Lukas berichtet uns, wie Jesus seinen Jüngern den Auftrag gab: »Verlasst Jerusalem nicht! Bleibt so lange hier, bis in Erfüllung gegangen ist, was euch der Vater durch mich versprochen hat. Ihr werdet bald mit dem Heiligen Geist getauft werden.«4 Die Jünger Jesu sollen also noch in Warteposition verharren, bis sie die nötigen Ressourcen für ihre Aufgaben bekommen werden, obschon sie die beste dreijährige theologische Ausbildung mit Leiterschaftstraining beim fähigsten СКАЧАТЬ