Deutsche Geschichte. Ricarda Huch
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Название: Deutsche Geschichte

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962817725

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СКАЧАТЬ Wenn es auch eng­li­sche und schwe­di­sche, dä­ni­sche und nor­we­gi­sche Kö­nig­rei­che gab, die sich un­ter­ein­an­der be­krieg­ten, wenn auch die Sach­sen und Frie­sen sich be­wusst wa­ren, zum Rö­mi­schen Rei­che Deut­scher Na­ti­on zu ge­hö­ren, wenn sie auch ver­schie­de­ne Spra­chen re­de­ten und ver­schie­de­ne Zie­le ver­folg­ten, so fühl­ten sie sich doch als Nord­leu­te, ver­bun­den durch das nor­di­sche Meer, das ge­gen ihre Küs­ten flu­te­te, das ihre Schif­fe be­fuh­ren, das ihr ge­mein­sa­mes Schick­sal war. Oft scheint es so­gar, als fühl­ten die Sach­sen mehr Ver­wandt­schaft zu den An­gel­sach­sen, Dä­nen und an­de­ren Nord­leu­ten als zu den Schwa­ben und Bay­ern; selbst das be­deu­ten­de Mo­ment der Zu­sam­men­ge­hö­rig­keit, das das Chris­ten­tum bil­det, kommt nicht im­mer ge­gen das ger­ma­ni­sche Ver­wandt­schafts­ge­fühl auf.

      Cla­rum in­ter Ger­ma­nos Fri­siorum no­men. Berühmt ist un­ter den Deut­schen der Name der Frie­sen, sag­te Ta­ci­tus. Kaum er­scheint ihr Name in der Ge­schich­te, hat­ten sie schon Ta­ten ge­tan, die sie als Rä­cher ih­rer Frei­heit zeig­ten. We­der Her­ren noch Knech­te lit­ten sie un­ter sich. Jahr­hun­der­te hin­durch war ihre Chro­nik Kampf und Sieg über alle, die sie un­ter­wer­fen woll­ten. Vie­le Gra­fen von Hol­land, die die Frie­sen als ihre Un­ter­ta­nen be­trach­te­ten, fan­den in ih­ren Sümp­fen ihr Grab. Wie die Mö­wen, die sich krei­schend vor gie­ri­ger Lust in den Sturm wer­fen, wenn sie am Stran­de ge­hen, et­was von ge­müt­li­chen En­ten ha­ben, so sagt man von den Frie­sen, dass sie da­heim stumpf­sin­ni­ger Un­tä­tig­keit ver­fal­len; aber wenn eine Sturm­flut Deich oder Vieh be­droht, oder auf dem Mee­re, stür­men sie furcht­los in die Ge­fahr, rin­gen sie wie ein un­bän­di­ges Ele­ment mit den Ele­men­ten. Die­ser Frie­sen­stolz war al­len Nord­leu­ten bis zu ho­hem Gra­de ei­gen. Man hat be­merkt, dass die Spra­che der Frie­sen der eng­li­schen nä­her als der deut­schen ver­wandt ist, von der sie sich stär­ker als ein Dia­lekt un­ter­schei­det, und dass sie auch im Cha­rak­ter den Eng­län­dern glei­chen; al­lein auch den Sach­sen wa­ren sie so ähn­lich, dass es schwer ist, eine be­stimm­te Gren­ze zwi­schen Sach­sen und Frie­sen zu zie­hen. Wa­ren doch auch die Eng­län­der da­mals un­ver­misch­te Sach­sen, viel­leicht schon mit Frie­sen ver­schmol­ze­ne. Meeran­woh­ner wa­ren sie alle, als Kin­der des Mee­res ein­an­der ver­schwis­tert. Sach­sen und Frie­sen wa­ren viel eher Chris­ten ge­wor­den als die Skan­di­na­vier; aber wie die­se wa­ren jene durch die wil­de Tau­fe des Mee­res ge­feit, ein Ge­schlecht, das mit­ten im Un­ter­gang, wenn Erde und Ster­ne wan­ken, die Won­ne sei­ner Kraft am si­chers­ten fühl­te. Auf den ewig von Stür­men ums­aus­ten Dü­nen wuch­sen kei­ne Bäu­me, gab es kei­ne hei­li­gen Hai­ne; hei­lig war dort die Frei­heit. Noch jahr­hun­der­te­lang be­te­ten auf den frie­si­schen In­seln die Pfar­rer selbst um ge­seg­ne­ten Strand, näm­lich dass vie­le Schif­fe schei­ter­ten. Als die Blut­ra­che längst nicht mehr im Schwan­ge war, schlu­gen die An­ge­hö­ri­gen ei­nes Ge­tö­te­ten noch mit dem Schwert an die Kirch­hofs­pfor­te und an die Tür des Mör­ders und mur­mel­ten: Ra­che! Ra­che! Die Wei­sen, die beim frie­si­schen Fest­mahl zur Har­fe ge­sun­gen wur­den, wa­ren bald stür­misch, bald un­säg­lich süß und zwan­gen alt und jung zu tan­zen, tol­le, heid­nische Tän­ze, bis sie be­sin­nungs­los hin­fie­len. Die nor­di­schen Glau­bens­hel­den be­hiel­ten als Chris­ten ihre schwung­vol­le Faust. Bi­schof Ever­mod von Rat­ze­burg woll­te ein­mal einen vor­neh­men Dith­mar­schen, dem ein Ver­wand­ter er­schla­gen wor­den war, be­we­gen, von der Ra­che ab­zu­ste­hen. Ver­ge­bens pre­dig­te er ihm die Grund­sät­ze christ­li­cher Nächs­ten­lie­be, ver­ge­bens drang er mit Bit­ten und Fle­hen auf den Un­ver­söhn­li­chen ein, end­lich fiel er ihm zu Fü­ßen. Der Dith­mar­sche ver­schwur sich mit schreck­li­chen Ei­den, sich nie­mals mit dem Be­lei­di­ger zu ver­söh­nen. Da hol­te der Bi­schof aus und ver­setz­te dem Man­ne einen ge­wal­ti­gen Ba­cken­streich, wor­auf der Dith­mar­sche nach­gab und ver­zieh. Au­ßer­or­dent­lich stark und ver­we­gen war Dank­brand, der Sohn ei­nes säch­si­schen Gra­fen. Nach­dem er we­gen ei­nes schö­nen Mäd­chens mit ei­nem dä­ni­schen Gro­ßen in Streit ge­ra­ten war und ihn er­schla­gen hat­te, floh er nach Eng­land und wur­de dort Ka­plan des be­rühm­ten nor­we­gi­schen Kö­nigs Olaf Trygg­va­son, der so­eben mit der un­ge­stü­men Lei­den­schaft, die ihm ei­gen war, das Chris­ten­tum er­grif­fen hat­te. Olaf Trygg­va­son war ein Kö­nig nach dem Her­zen der Nord­leu­te: fröh­lich, präch­tig, glück­lich und gü­tig, im Zor­ne un­auf­halt­sam zer­stö­rend wie das Feu­er. Er be­gann so­fort die Hei­den zu be­keh­ren und schick­te den küh­nen Dank­brand zu die­sem Zwe­cke nach Is­land. Ei­ni­ge Hei­den, die sich der Tau­fe wi­der­setz­ten, schlug Dank­brand so­fort tot, ei­nem be­son­ders star­ken Hel­den er­bot er sich, die Über­le­gen­heit sei­nes Got­tes im Zwei­kampf zu be­wei­sen. Trotz man­cher auf die­se Art er­run­ge­nen Er­fol­ge hiel­ten es die er­staun­ten Is­län­der für rat­sam, den ge­fähr­li­chen Mis­sio­nar aus ih­rem Lan­de zu ver­ban­nen. So wa­ren die nor­di­schen Küs­ten­be­woh­ner: fun­kelnd vor Kraft und Über­mut und Grau­sam­keit wie das Meer, halb Kin­der, halb Rie­sen.

      Meer­kö­nig im Nor­den zu wer­den, die ver­schie­de­nen, das frie­si­sche Meer be­gren­zen­den Län­der zu ei­nem Reich zu­sam­men­zu­fas­sen, war eine Lo­ckung für Ero­be­rer­her­zen. Dä­nen und Deut­sche ka­men da­bei haupt­säch­lich in Be­tracht, Dä­ne­mark und Deutsch­land ha­ben jahr­hun­der­te­lang um die Be­herr­schung der Nord- und Ost­see ge­run­gen, bald kämp­fend, bald sich ver­tra­gend. Der ers­te, der die Auf­ga­be mit großem Sinn er­fass­te, war der Kö­nig von Dä­ne­mark, Knut, der im Be­ginn des 11. Jahr­hun­derts Eng­land mit sei­nem Lan­de ver­ei­nig­te und mus­ter­haft re­gier­te. Sein An­se­hen war so über­zeu­gend, dass Kon­rad II., der da­ma­li­ge Kai­ser, es für das bes­te hielt, in Freund­schaft mit ihm aus­zu­kom­men, ihm das Land zwi­schen Ei­der und Schlei ab­trat, sei­nen Sohn Hein­rich mit Knuts Toch­ter ver­hei­ra­te­te. Auch Erz­bi­schof Un­wan von Bre­men, ein Nach­kom­me Wi­du­kinds und Vet­ter des Bi­schofs Mein­werk von Pa­der­born, dem er dar­in glich, dass er an­ge­stamm­ten Reich­tum sei­nem Bis­tum zu­gu­te kom­men ließ, un­ter­hielt mit Knut freund­schaft­li­che Be­zie­hun­gen. Er emp­fing ihn in Ham­burg, wo er gern Hof hielt, um ihn zu eh­ren, zu­gleich aber auch, ihm einen Ein­druck von sei­ner fürst­li­chen Macht zu ge­ben. Die Erz­bi­schö­fe von Ham­burg-Bre­men wa­ren die größ­ten Her­ren im deut­schen Nor­den, mäch­ti­ger als die Her­zö­ge von Sach­sen, die ei­fer­süch­tig sie zu schä­di­gen trach­te­ten. Es war des­halb na­tür­lich, dass ei­nem von ih­nen die Vi­si­on des Nor­di­schen Rei­ches auf­ging, wenn sie es auch nur in kirch­li­che Gren­zen ban­nen konn­ten.

      Nach­dem Knut und Un­wan ge­stor­ben wa­ren, er­nann­te Hein­rich III. Adal­bert, einen Gra­fen von Go­seck, zum Erz­bi­schof von Bre­men. Ge­gen­über von Naum­burg sind noch Res­te sei­ner Stamm­burg er­hal­ten, die er und sei­ne Brü­der in ein Klos­ter ver­wan­del­ten. Von al­len Lei­den­schaf­ten, die die­sen un­ge­wöhn­li­chen, hoch­be­gab­ten Mann be­weg­ten, war Ruhm­be­gier­de die stärks­te. Man hät­te den­ken kön­nen, ihr wäre Ge­nü­ge ge­tan, als der Kai­ser, der ihn hoch­schätz­te, ihn zum Papst ma­chen woll­te; aber er lehn­te es ab, um ein Pa­tri­ar­chat im Nor­den zu er­rich­ten. So sehr hat­te der Nor­den sei­nen Sinn be­rückt. Al­ler­dings konn­te er im Nor­den un­ab­hän­gi­ger sein als ein vom Kai­ser er­nann­ter Bi­schof von Rom. Um die nor­di­schen An­ge­le­gen­hei­ten СКАЧАТЬ