Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон
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Название: Gesammelte Werke von Cicero

Автор: Марк Туллий Цицерон

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788027209569

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СКАЧАТЬ ich, der Durstende beim Trinken nicht Lust? – Wer wollte das leugnen? – Ist dies dieselbe Lust wie nach gestilltem Durst? – Doch nur in einer andern Art, sagte er; denn die Lust aus dem gestillten Durst ist ruhender Natur, während die Lust des Stillens selbst eine Lust in Bewegung ist. – Wie kommt es da, dass Du zwei so verschiedene Dinge mit einem Worte bezeichnest? – (§ 10.) Erinnerst Du Dich nicht, sagte er, dass ich vorher gesagt, wie nach Beseitigung allen Schmerzes die Lust nur wechseln, aber nicht sich steigern könne? – Ich entsinne mich dessen sehr wohl, sagte ich, allein Du hast dies zwar gut in unsrer Sprache, aber doch wenig klar ausgedrückt. Denn varietas (der Wechsel) ist ein Wort, was zunächst für ungleiche Farben benutzt wird, aber dann auf vieles Andere übertragen wird; wechselnd ist z.B. ein Gedicht, wechselnd eine Rede, wechselnd die Sitte, wechselnd das Glück; auch die Lust nennt man wechselnd, die man aus verschiedenen Dingen verschieden empfindet. Wenn Du dies einen Wechsel nennst, so verstehe ich es, auch wenn Du es nicht erklärst; aber ich verstehe nicht recht, was der Wechsel ist, wenn Du sagst, dass man dann, wenn man von Schmerzen frei sei, die höchste Lust empfinde, aber dass, wenn man von den Dingen geniesse, welche die Sinne angenehm erregen, die Lust in Bewegung sei, was zwar einen Wechsel in der Lust bewirke, aber jene Lust der Schmerzlosigkeit nicht vermehre. Ich kann nicht einsehen, weshalb Du letztere eine Lust nennst.

      Kap. IV. (§ 11.) Aber kann es, sagte er, etwas Angenehmeres geben, als frei von Schmerzen zu sein? – Es mag meinetwegen nichts Besseres geben, sagte ich, danach frage ich noch nicht; ist deshalb aber die Lust mit der, ich möchte sagen, Unempfindlichkeit dasselbe? – Allerdings, sagte er; sie ist sogar die höchste Lust, die keiner Steigerung fähig ist. – Was zögerst Du daher, sagte ich, wenn Du das höchste Gut so bestimmt hast, dass es lediglich in der Schmerzlosigkeit bestehe, diesen Satz dann ausschliesslich fest zu halten, zu schützen und zu vertheidigen? (§ 12.) Weshalb ist es nöthig, die Lust in die Versammlung der Tugenden so einzuführen, wie eine öffentliche Dirne in die Gesellschaft ehrbarer Frauen? Die Lust ist ein verhasster, schändlicher, verdächtiger Name; deshalb hört man es so oft von Euch, dass wir nicht verstehn, was Epikur unter der Lust begreife. Wenn ich dies hören muss, und es mir oft genug gesagt worden, so überläuft mich doch mitunter der Zorn, so nachsichtig ich auch sonst im Streiten bin. Ich soll also nicht wissen, was die hêdonê im Griechischen und die voluptas (die Lust) im Lateinischen bedeutet? Welche von beiden Sprachen kenne ich denn nicht? Und wie kommt es, dass ich es nicht weiss, während es Alle wissen, die Epikureer sein wollen? Und dabei führt Ihr so schön aus, dass ein Philosoph die Kenntniss der Wissenschaften nicht brauche. Wie unsre Altvordern den Cincinatus vom Pfluge wegholten und zum Dictator machten, so holt Ihr von allen Dörfern die Leute zusammen, die zwar brav, aber schwerlich sehr gelehrt sein mögen. (§ 13.) Diese also sollen verstehn, was Epikur sagt, ich aber nicht? Aber damit Du siehst, dass ich es weiss, so sage ich zunächst, dass voluptas (die Lust) dasselbe bezeichnet, was Epikur hêdonê nennt. Oft muss man nach einem lateinischen Worte suchen, was dem griechischen genau entspricht, aber hier war dies nicht nöthig. Es giebt kein Wort, was so wie voluptas im Lateinischen dasselbe sagt, wie jenes griechische. Unter diesem Wort begreift man überall, wo man Lateinisch versteht, zweierlei: eine Fröhlichkeit in der Seele und eine sanfte Erregung des Angenehmen im Körper. Sowohl jener Mann des Trabea, welcher die Fröhlichkeit »eine sehr grosse Lust der Seele« nennt, wie jener Mann des Cäcilius, welcher sagt, dass er »in allen Fröhlichkeiten fröhlich sei«, meinen dasselbe. Indess findet hier der Unterschied statt, dass man das Wort Lust auch bei der Seele gebraucht, was allerdings nach den Stoikern ein Fehler ist, da sie die Lust dahin definiren, dass sie eine Erhebung der Seele ohne Grund sei, indem sie nur meine, ein Gut zu geniessen, aber Fröhlichkeit und Freude würden nicht von dem Körper ausgesagt. (§ 14.) Die Lust beruht nun nach dem Sprachgebrauch aller Lateiner in der Annehmlichkeit, welche die Sinne erregt, und diese Annehmlichkeit magst Du meinetwegen auch auf die Seele übertragen, denn das Behagen (juvare) wird bei Beiden gebraucht und deshalb auch das Behagliche (jucundum); nur musst Du einsehen, dass zwischen Jenem, der sagt:

      »Ich bin von so grosser Fröhlichkeit erfüllt,

       dass ich kaum noch meiner mächtig bin !«

       und Dem, der sagt:

       »Jetzt brennt es mir aber in der Seele«

       von denen der Eine vor Freude ausgelassen ist, der Andere von Schmerzen gepeinigt ist, es noch Einen in der Mitte giebt, der mit seinen Worten:

       »Obgleich wir erst kürzlich mit einander bekannt geworden«

       sich weder freut noch ängstigt, und ebenso giebt es zwischen Dem, der die ausgesuchteste Lust des Körpers geniesst, und Dem, der von dem höchsten Schmerze gepeinigt ist, noch Einen, dem Beides abgeht.

      Kap. V. (§ 15.) Was meinst Du nun? Kenne ich wohl genügend den Sinn der Worte, oder muss ich auch jetzt noch erst griechisch oder lateinisch sprechen lernen ? Und dabei bedenke doch auch, ob, wenn ich den Epikur nicht verstehen sollte, obgleich ich das Griechische fertig verstehe, die Schuld nicht Den trifft, der so spricht, dass man ihn nicht versteht. Dies kann allerdings in zwiefacher Weise geschehen, ohne dass man es tadeln kann; entweder wenn es absichtlich geschieht, wie bei Heraklit, der den Beinamen des »Dunkeln« bekommen hat, weil er über die Natur zu Dunkles lehrte, oder wenn die Dunkelheit des Gegenstandes und nicht die der Worte die Rede unverständlich macht, wie in Plato's Timäus. Aber Epikur will, glaube ich, wenn er kann, deutlich und klar sprechen, und ebenso wenig behandelt er, wie die Naturforscher, einen dunklen oder, wie die Mathematiker, einen verwickelten Gegenstand, sondern einen sehr bekannten und leichten, den bereits Jedermann aus dem Volke kennt. Wenn Ihr also nicht bestreitet, dass wir den Begriff der Lust kennen, sondern nur nicht wissen, was Epikur damit bezeichne, so folgt daraus nicht, dass wir den Begriff jenes Wortes nicht kennen, sondern dass Epikur seine besondere Sprache redet und um unsre sich nicht kümmert. (§ 16.) Wenn er dasselbe meint, wie Hieronymus, welcher das höchste Gut in ein Leben ohne Beschwerde setzt, weshalb gebraucht er da das Wort Lust statt Schmerzlosigkeit, wie Jener thut, der weiss, was er sagt? Wenn er aber die Lust, welche in Bewegung ist, hinzufügen zu müssen glaubt (denn er nennt das angenehme Gefühl die Lust in Bewegung und die Schmerzlosigkeit die Lust in Ruhe), was bezweckt er damit? Denn er kann es doch unmöglich dahin bringen, dass Jemand, der sich selbst kennt, d.h. der seine Natur und seine Gefühle durchschaut hat, die Schmerzlosigkeit und die Lust für dasselbe halten sollte? Das heisst, mein Torquatus, den Sinnen Gewalt anthun und aus der Seele die Bedeutungen der Worte herausreissen, in denen man auferzogen worden ist. Jedermann muss ja hier drei natürliche Zustände anerkennen: einen, wo man sich in der Lust befindet, einen zweiten, wo man Schmerzen hat, und einen dritten, in dem ich jetzt bin, und ich glaube, auch Ihr, nämlich den von Schmerz und Lust freien. Deshalb hat derjenige Lust, welcher beim Gastmahle sitzt, und der Schmerzen, welcher gefoltert wird; und solltest Du nicht zwischen diesen die grosse Anzahl von Menschen sehen, die weder Lust noch Schmerz empfinden? – (§ 17.) Durchaus nicht, sagte Torquatus, vielmehr behaupte ich, dass Jeder, der keine Schmerzen hat, sich in der Lust, und zwar in der höchsten befindet. – Sonach hätte also Der, welcher einem Andern das Getränk mit Honig mischt, ohne selbst zu dursten, und Der, welcher durstet und es trinkt, die gleiche Lust?

      Kap. VI. Da sagte Torquatus: Lass ab mit Fragen, wenn Du magst. Ich hatte schon gleich im Beginn darum gebeten, weil ich diese verfänglichen Fragen voraussah. – Also willst Du, sprach ich, dass wir lieber rednerisch als gesprächsweise die Erörterung fortsetzen? – Sollte denn, sagte er, die fortlaufende Rede blos den Rednern und nich auch den Philosophen gestattet sein? – Der Stoiker Zeno ist es, sagte ich, welcher, wie schon früher Aristoteles, meinte, die ganze Kraft der Rede sei in zwei Theile gesondert, von denen er die rednerische mit der flachen Hand und die gesprächsweise geführte mit der Frucht verglich, weil die Redner breiter, die Dialectiker aber gedrängter sprächen. Ich erfülle daher gern Deinen Wunsch und werde nach Möglichkeit rednerisch sprechen, aber doch nur in der Weise der Philosophen, nicht wie es im öffentlichen Gerichtsverfahren geschieht, wo man vor dem Volke spricht und deshalb etwas weniger scharfsinnig sich ausdrücken muss. (§ 18.) Allein wenn Epikur, mein Torquatus, die Dialektik verachtet, СКАЧАТЬ