Название: Gesammelte Werke von Cicero
Автор: Марк Туллий Цицерон
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9788027209569
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Σοφὸς Σοφοκλη̃ς, σοφώτερος δ' Ευριπίδης,
’Ανδρω̃ν δὲ πάντων Σωκράτης σοφώτατος.
XXII.
79. Bei Xenophon 220 aber spricht sich der ältere Cyrus nahe vor seinem Tode also aus: »Glaubt nicht, o meine theuersten Söhne, daß ich, wenn ich von euch geschieden bin, nirgends oder gar nicht mehr sein werde. Ihr saht ja auch, so lange ich bei euch war, meine Seele nicht; aber daß sie in diesem Körper wohne, erkanntet ihr aus den Handlungen, die ich verrichtete. Glaubt also, daß sie gleichfalls fortbestehe, wenn ihr sie auch nicht sehen werdet. 80. Und wahrlich, die Ehrenbezeigungen berühmter Männer würden nach ihrem Tode nicht fortdauern, wenn ihr Geist Nichts wirkte, wodurch wir das Andenken an sie länger bewahrten 221. Ich wenigstens konnte mich nie davon überzeugen, daß die Seelen, so lange sie in den sterblichen Körpern seien, lebten und, wenn sie aus denselben herausgegangen seien, dahinstürben; auch nicht, daß die Seele vernunftlos sei, wenn sie aus dem vernunftlosen Körper entwichen sei; sondern vielmehr, daß, wenn sie, von aller körperlichen Beimischung befreit, rein und lauter zu sein begonnen habe, dann erst weise sei. Auch ist es, wenn das Wesen des Menschen durch den Tod aufgelöst wird, deutlich, wohin jeder der übrigen Bestandtheile komme; es kehrt nämlich Alles dahin zurück, woher es entstanden ist; die Seele allein aber ist, weder wenn sie da ist, sichtbar, noch wenn sie weggeht. Ferner seht ihr, daß Nichts dem Tode so ähnlich ist als der Schlaf. 81. Nun aber thun die Seelen der Schlafenden am Meisten ihr göttliches Wesen kund; denn wenn sie losgespannt und frei sind, sehen sie Vieles von der Zukunft voraus. Hieraus ersieht man, wie sie beschaffen sein werden, wenn sie sich völlig von den Banden des Körpers losgemacht haben. Darum, fährt er fort, wenn dem so ist, verehrt mich wie einen Gott; ist es aber die Bestimmung der Seele, zugleich mit dem Körper unterzugehen, so werdet ihr doch aus Ehrfurcht vor den Göttern, die dieses schöne Weltall schirmen und leiten, das Andenken an mich fromm und unverletzt bewahren.«
XXIII.
82. So äußerte sich der sterbende Cyrus. Laßt uns nun, wenn es beliebt, einen Blick auf unsere Geschichte thun. Niemand wird mich, mein Scipio, je überzeugen, daß dein Vater Paullus 222 oder deine beiden Großväter Paullus und Africanus 223 oder des Africanus 224 Vater oder Oheim oder viele andere ausgezeichnete Männer, die aufzuzählen nicht nöthig ist, so große Dinge unternommen hätten, die mit dem Andenken der Nachwelt in Beziehung stehen, wenn sie nicht in ihrem Geiste erkannt hätten, daß die Nachwelt mit ihnen in Beziehung stehe. Oder meinst du, – um auch von meiner Person nach Art alter Leute Etwas ruhmredig zu sagen, – ich würde so große Mühen bei Tage und bei Nacht im Frieden und im Kriege übernommen haben, wenn ich meinen Ruhm durch dieselben Gränzen, wie mein Leben, hätte beschränken wollen? Wäre es alsdann nicht ungleich besser gewesen mein Leben in Muße und Ruhe ohne alle Mühe und Anstrengung hinzubringen? Aber mein Geist, der sich, ich weiß selbst nicht wie, emporrichtete, blickte immer so auf die Nachwelt hin, als ob er dann erst leben würde, wenn er aus dem Leben herausgetreten wäre. Verhielte es sich nicht so, daß die Seelen unsterblich seien; so würden nicht die Seelen gerade der Edelsten am Meisten nach dem Ruhme der Unsterblichkeit 225 streben. 83. Wie? daß gerade die Weisesten mit der größten Gemüthsruhe, die Thörichtesten mit dem größten Unmuthe sterben, scheint euch darin nicht ein Beweis zu liegen, daß der Geist, der mehr und weiter sieht, erkennt, er gehe zu einem besseren Leben über, während derjenige, dessen Blick minder scharf ist, es nicht erkennt? Ich wenigstens fühle mich von dem Verlangen gehoben euere Väter, die ich verehrt und geliebt habe, zu sehen. Aber ich wünsche nicht allein mit denen zusammenzukommen, die ich selbst kannte, sondern auch mit denen, von denen ich gehört, gelesen und selbst geschrieben habe. Und wenn ich mich auf dem Wege dahin befände, so dürfte mich wahrlich nicht leicht Jemand davon zurückbringen, noch wie den Pelias wieder aufkochen 226. Und wollte es mir die Gottheit verleihen aus diesem Alter in die Kindheit zurückzukehren und in der Wiege zu wimmern, so würde ich mich dessen weigern, und ich würde in Wahrheit nicht wünschen gleichsam nach durchlaufener Bahn vom Ziele wieder zu den Schranken 227 zurückgerufen zu werden.
84. Denn was hat das Leben für Annehmlichkeiten? was hat es nicht vielmehr für Mühseligkeiten? Aber mag es immerhin jene haben, so hat es doch gewiß auch seine Sättigung oder sein Maß. Denn ich habe keine Lust das Leben zu bejammern, wie es viele und zwar gelehrte Männer oft gethan haben; auch gereut es mich nicht gelebt zu haben, weil ich so gelebt habe, daß ich nicht umsonst geboren zu sein meine, und ich scheide so aus dem Leben wie aus einem Gasthause, nicht wie aus einem Wohnhause. Denn zum Verweilen hat uns die Natur eine Einkehr gegeben, nicht zum Wohnen. O des herrlichen Tages, an dem ich zu jener göttlichen Versammlung und Zusammenkunft der Geister gehen und aus diesem Gewühle und Gewirre scheiden werde. Denn ich werde nicht allein zu den Männern kommen, von denen ich zuvor sprach, sondern auch zu meinem Cato 228, dem edelsten, dem durch kindliche Liebe ausgezeichnetsten Manne, der je geboren ward, dessen Leichnam ich verbrannte, während er dem meinigen diesen Dienst hätte erweisen sollen. Sein Geist aber, der mich nicht verläßt. sondern nach mir zurückschaut, ist unstreitig in jene Räume hingegangen, wohin ich gleichfalls, wie er wußte, kommen muß. Diesen meinen Unfall sah man mich standhaft ertragen, nicht als ob ich ihn mit Gleichgültigkeit ertragen hätte, sondern ich tröstete mich selbst mit dem Gedanken, daß die Trennung und Scheidung zwischen uns von nicht langer Dauer sein werde.
85. Solche Vorstellungen, mein Scipio, – das war es ja, was du, wie du sagtest 229, mit Lälius zu bewundern pflegtest, – machen mir das Alter leicht und nicht allein nicht beschwerlich, sondern sogar erfreulich. Wenn ich nun darin irre, daß ich an Unsterblichkeit der menschlichen Seele glaube, so irre ich gerne, und ich werde mir diesen Irrthum, an dem ich Freude finde, so lange ich lebe, nicht entreißen lassen. Sollte ich aber nach meinem Tode, wie gewisse kleinmüthige Philosophen 230 meinen, kein Bewußtsein mehr haben, so fürchte ich nicht, daß die todten Philosophen diesen meinen Irrthum verspotten. Ist es nun auch unsere Bestimmung nicht unsterblich zu sein, so ist es doch für den Menschen wünschenswerth, daß sein Leben zu seiner Zeit erlösche. Denn die Natur hat, wie für alle anderen Dinge, so auch für das Leben ein gewisses Maß festgesetzt. Das Greisenalter ist aber der letzte Aufzug des Lebens, wie der eines Schauspieles, und in ihm müssen wir die Ermüdung meiden, zumal wenn Sättigung hinzutritt.
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