Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон
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Название: Gesammelte Werke von Cicero

Автор: Марк Туллий Цицерон

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9788027209569

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СКАЧАТЬ in Aufnahme bringen; wenn die Bündner sich beschweren, werden sie nicht mehr an den ersten besten, der nicht zu reden versteht, gewiesen, sondern von einem zuverlässigen und sorgfältigen Anwalte verteidigt. (68) Das macht den Menschen Angst; da wühlen sie nun dagegen, daß nur ja dieser Brauch nicht aufkomme oder vielmehr nicht wiederkehre. Sie fürchten, wenn er erst zur Regel wird, dann wird die gesamte Rechtspflege anständig und energisch ausgeübt, nicht mehr von grünen Jungen oder Winkelkonsulenten. (69) Unsere Väter bedauerten den Brauch durchaus nicht, als Publius Lentulus, damals der erste in der Senatorenliste, im Verein mit Gaius Rutilius Rufus den Manius Aquilius verklagte, oder als der unvergleichliche Scipio Africanus, der schon zweimal Konsul und Censor gewesen war, den Lucius Cotta vor Gericht lud. Damals genoß die römische Rechtspflege den höchsten Ruhm, man hielt aller Orten das Recht für die gewaltigste Stütze unseres Staates. Gewiß wird niemand bei dem großen Africanus einen Schritt wunderlich finden, über den man sich jetzt bei meiner Wenigkeit – angeblich wundert, in Wahrheit ärgert. (70) »Was fällt ihm ein,« rufen sie, »will der Verteidiger jetzt plötzlich zum Kläger werden? Und noch dazu in diesem Alter? Er bewirbt sich ja schon um das Polizeipräsidium!« 29 – Ich finde dagegen, daß man in meinem oder auch in sehr viel höherem Alter und in jeder amtlichen Stellung die Gemeinheit verfolgen und das Elend lindern kann. Einem schwerkranken, nahezu aufgegebenen Staatsorganismus hilft dies Heilmittel oder keines; wo die Gerichtshöfe bestochen und durch die Nichtswürdigkeit einzelner Schurken entehrt werden konnten, müssen nur die anständigsten, bewährtesten Juristen die Rechtspflege in die Hand nehmen, sonst ist alles verloren. (71) Anderseits ist es ein Zeichen gesunder Verhältnisse, wenn der Kläger jedesmal seine moralische Existenz aufs Spiel setzen muß, wie der Beklagte sein materielles Dasein; die tüchtigsten Ankläger waren ja auch immer diejenigen, die das Gefühl hatten, es handle sich um ihren eigenen guten Ruf. 30

      XXII. Aus alledem muß der Gerichtshof die Folgerung ziehen: Quintus Caecilius, über den sich bisher überhaupt noch keine öffentliche Meinung gebildet hat und der auch in der bevorstehenden Verhandlung keinerlei Interesse erregen kann, der weder einen guten Ruf zu erhalten, noch irgend eine Hoffnung auf seine Zukunft zu bestärken hat – der wird einen solchen Prozeß wahrlich nicht mit der nötigen Schärfe, Energie und Gewissenhaftigkeit führen. Er hat im Fall einer Blamage nichts zu verlieren; sollt er mit Schimpf und Schande abziehen, so braucht er nichts zurückzuerobern. (72) Von mir dagegen hält Rom so manches moralische Pfand in Händen und ich muß all meine Kraft einsetzen, um es mit Ehren einzulösen. Ein solches Pfand ist die Bewerbung um ein hohes städtisches Amt; oder die Hoffnung auf meine weitere Entwicklung; oder ein mit saurer Arbeit bei Tag und Nacht mühsam erworbener Ruf. Dies alles wird Rom mir sicher erhalten und fördern, wenn ich im vorliegenden Prozesse mein Wollen und Können bewähre; passiert mir dagegen nur das kleinste Mißgeschick, der unscheinbarste Fehltritt, so ist es vorbei, und alles, was langsam Stück für Stück gesammelt war, ist mit einem Schlage für immer verloren. (73) Ihr, meine Herren, möget nach eigener Wahl entscheiden, wer zu diesem mächtigen Prozeß die nötige Einsicht, Sorgfalt, Zuverlässigkeit und Stellung mitbringt. Zieht ihr mir den Caecilius vor, so kann ich doch nicht annehmen, daß er mir an Wert überlegen sei; Rom aber – dürfte in diesem Falle annehmen, daß eine so ehrenhafte und sachgemäße Anklage euch und eurem ganzen Stande nicht eben erwünscht kommt; danach möget ihr euch einrichten.

      Erste Verhandlung. Einleitungsrede

       Inhaltsverzeichnis

      I. (1) Hoher Gerichtshof!

      Wir stehen vor einem großen Augenblick. Ein von uns allen aufs tiefste empfundenes Bedürfnis, dessen Befriedigung im Interesse eures so bösartig gefährdeten Rufes 31 wie im Interesse der arg kompromittierten Gerichtshöfe überhaupt auf das allerdringendste zu wünschen war, scheint jetzt befriedigt werden zu sollen. Daß euch jetzt, wo unser Staat eben eine Krisis durchmacht, eine solche Gelegenheit geboten wird, darin steckt nicht menschliche Einsicht, das ist göttliche Fügung. Es hat nämlich die für uns alle gefährliche, für den Staat aber geradezu unheilvolle Vorstellung allenthalben in Rom wie im Auslande Platz gegriffen, von unseren jetzigen Gerichtshöfen könne ein Mensch, der recht viel Geld hat, auch auf die schlimmsten Verbrechen hin nicht verurteilt werden. Diese Idee ist nicht nur allgemein verbreitet, sondern sie hat schon Wurzel gefaßt; sie spielt die Hauptrolle im Gerede der Leute. (2) Nun steht euer Stand, eure Gerichtshöfe auf dem Spiele; schon zeigen sich Menschen, die in Volksreden und Gesetzanträgen diese allgemeine Mißgunst gegen den Senat noch weiter schüren wollen 32 : da bietet sich euch plötzlich die günstigste Gelegenheit zur Rehabilitierung, man bringt euch den Gaius Verres auf die Anklagebank. Dieser Mensch ist zwar durch seine ganze Lebensführung, durch alles, was er gethan, ja sogar durch die öffentliche Meinung schon gerichtet; aber wenn es nach seinen ungeheuren Geldern und seinem zuversichtlichen Auftreten geht, so wird er freigesprochen werden. In diesem Prozeß habe ich nun unter allgemeiner Spannung und Zustimmung der Nation die Rolle des Klägers übernommen, nicht um den üblen Leumund eures Standes noch zu verschlimmern, sondern um euch Hilfe gegen den allgemeinen Klatsch zu bringen. Ich führe euch einen Menschen vor, der euch Gelegenheit giebt, den schon vernichteten Ruf der Gerichtshöfe wiederherzustellen, euch selbst mit dem römischen Volke zu versöhnen und den berechtigten Wünschen der Ausländer Genüge zu leisten; es handelt sich um nichts Geringeres als um fortgesetzten Diebstahl an der Staatskasse, um Aussaugung der Provinzen Kleinasien und Pamphylien, um betrügerische Führung der Gerichtsbarkeit in Rom, endlich um den grauenvollen Ruin der Provinz Sicilien. (3) Wenn ihr über einen solchen Menschen mit gewissenhafter Strenge richtet, so wird das eurem Stande jederzeit zukommende Prestige aufrecht erhalten werden; wenn dagegen der unermeßliche Reichtum des Angeklagten über das Gewissen und die Wahrheitsliebe der Gerichtshöfe den Sieg davon trägt, so wird mein Bemühen wenigstens den Erfolg haben, daß, wenn auch der Staat ohne Gerichtshof, immerhin der Richter nicht ohne Delinquenten, der Delinquent nicht ohne Kläger bleibt.

      II. Wenn ich mir eine persönliche Bemerkung erlauben darf, so gesteh ich: wohl hat Gaius Verres gegen mich gar manchen Anschlag zu Wasser und zu Lande ausgeheckt, den ich dann bald durch eigene Umsicht, bald durch die Güte aufmerksamer Freunde zunichte machte; aber so oft auch mein Leben bedroht war, nie empfand ich dermaßen das beklemmende Gefühl, mich in wirkliche Gefahr zu begeben, wie jetzt hier vor Gericht. (4) Was mich so sehr aufregt, ist nicht eigentlich die gewaltige hier versammelte Menschenmenge und die gespannte Erwartung, die sie meiner Anklage entgegenbringt – obwohl schon diese Momente mich im Innersten erschüttern –: vielmehr sind es hauptsächlich die nichtswürdigen Intriguen dieses Menschen da 33 , mit denen er gleichzeitig mir, euch, dem Gerichtspräsidenten Manius Glabrio, den verbündeten und auswärtigen Regierungen, namentlich aber dem Prestige des Senates zu Leibe gehen will. Er sagt sich nämlich: »Gefahr ist bloß für solche Leute vorhanden, die stehlen was sie für sich allein brauchen; ich habe aber soviel zusammen gestohlen, daß es für eine ganze Masse Menschen ausreicht; es giebt keine Festung, die mein Geld nicht bezwingt, es giebt kein Heiligtum, das mein Geld nicht entweiht.« (5) Wenn dieser Mensch seine Pläne so versteckt anlegte, wie er sie unverschämt ausführt, so hätt' er uns vielleicht noch in dem einen oder anderen Punkt anführen können; nun trifft sich's aber außerordentlich günstig für uns, daß er mit seiner unglaublichen Dreistigkeit eine ganz eigenartige Dummheit verbindet. Wie er seine Kassendiebstähle offen und ohne Scheu betrieb, so legt' er seine Pläne und Versuche zur Bestechung des Gerichtshofes in durchsichtigster Weise aller Welt vor. Ein einziges Mal in seinem Leben, so erklärt er, hab er Angst bekommen, nämlich damals, als ich die erste Klage wider ihn erhob; er kam frisch aus seiner Provinz, aber nichts weniger als frisch war der Makel der Ehrlosigkeit, der an ihm haftete; seit langem lasteten unausgesetzt Schimpf und Schande auf ihm: da lag der Zeitpunkt für die Bestechung des Gerichtshofes ungünstig. (6) Er fand folgenden Ausweg: als ich mir eine, übrigens sehr knapp bemessene Frist behufs eigener Nachforschungen in der Provinz Sicilien ausgebeten hatte, trieb er einen Menschen auf, der, angeblich zum Zweck ähnlicher Untersuchungen in der Provinz Achaia, eine um zwei Tage kürzere СКАЧАТЬ