Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон
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Название: Gesammelte Werke von Cicero

Автор: Марк Туллий Цицерон

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788027209569

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СКАЧАТЬ nicht zum wenigsten Cicero, bedurfte der griechischen Erzieher und des griechischen Umganges, um mit seinem Latein zu machen, was zu machen war. So hatte Cicero auch nach Absolvierung seiner Studien in der Heimat wie auf ausländischen Hochschulen noch lange an sich zu arbeiten, bis er die vollendete Technik erreicht hatte; dann aber begann erst die wahre Arbeit, die Feile am eigenen Inneren, die Läuterung des Geschmackes, in dessen Dienst die Technik gestellt werden mußte. Zur Zeit des Verresprozesses hatte er diese Höhe längst erklommen, und nach dem Verresprozesse konnte ihm niemand mehr den Prinzipat streitig machen.

      In diesem Prozesse ward ihm die Verwendung seines Könnens schwerer gemacht als je zuvor. In der Vorrede zur ersten Verhandlung erzählt er selbst in knapper, ansprechender Weise von den Intriguen, die die feindliche Partei ins Werk setzte, um ihn kalt zu stellen; da ward ein Scheinkläger gedungen, der Verres wegen seiner Erpressungen in Achaia, also wegen eines verhältnismäßig geringfügigen Vorganges, anklagen sollte, unmittelbar ehe Cicero von seinen Materialsammlungen in Sicilien, zu denen er sich eine Frist von 110 Tagen ausgebeten hatte, zurückkehren könnte; aber dieser Versuch schlug fehl, da Cicero, von seinem Vetter Lucius Tullius Cicero unterstützt, die ungeheuere Arbeit schon in 50 Tagen beendete. Anderseits stiftete man einen gewissen Quintus Caecilius an, die Scheinklage für Sicilien zu übernehmen, und Cicero mußte eigens die den Prozeß einleitende Rede ausarbeiten, um den falschen Konkurrenten aus dem Felde zu schlagen und den Richtern zu beweisen, daß sie ihm, dem erwählten Anwalte der Sicilianer, die Anklage gegen Verres zu überlassen hatten. Nun versuchte man's mit einer Bestechung Ciceros, mit Wühlereien gegen ihn bei seinen Zeugen und bei den Richtern; als das alles nicht gelang, blieb der Camorra noch ein letztes Mittel: man versuchte den Austrag des Prozesses, der im August begann, bis nach Neujahr zu verschleppen, wo die wichtigsten Staatsämter in den Händen der Camorra befindlich, übrigens beim Publikum die erste Aufregung über den gewaltigen Skandal längst verrauscht und damit der moralische Erfolg von vornherein verloren war. Die Verschleppung schien durchführbar, weil das Gesetz nach erfolgtem Verdikt den Appell des Verurteilten an eine zweite Verhandlung gestattete und inzwischen die verschiedenen Festspielperioden mit obligaten Gerichtsferien einsetzen würden. Um daher schnell zum Ziele zu gelangen, disponierte Cicero sein Verfahren ausnahmsweise so, daß er auf eine zusammenhängende Rede verzichtete und nach jedem einzelnen Klagepunkte sofort die in Betracht kommenden Zeugen verhören ließ; diese Anklage dauerte neun Tage. Ihre Wirkung war überwältigend; Verres wartete den zweiten Termin nicht ab, sondern ging freiwillig in die Verbannung, und der Gerichtshof bestätigte durch sein Urteil diese schwerste aller gegen einen römischen Bürger damals erlaubten Strafen. Verres' Vermögen wurde, soweit man dessen habhaft werden konnte, eingezogen und den Sicilianern überwiesen; von einem wirklichen Schadenersatze war natürlich nicht die Rede, da der Räuber einen großen Teil seiner Schätze beizeiten in Sicherheit gebracht hatte und die ruinierten Existenzen durch kein Mittel wieder herzustellen waren. – Später hört man nichts mehr von Verres, als daß er im Jahre 43 wie Cicero von Antonius geächtet wurde; er soll noch von der grausamen Ermordung seines einstigen Verfolgers gehört haben und auf diese befriedigende Kunde hin mit großer Fassung in den Tod gegangen sein.

      Für Cicero begann nach Erledigung des Prozesses erst die eigentliche rhetorische Arbeit. Der Römer strebt unter allen Umständen nach Monumentalisierung; Cicero wäre sehr thöricht gewesen, wenn er seinem Erfolge, der ihn praktisch so erheblich förderte, nicht litterarisch ein Denkmal gesetzt hätte. So gab er nicht nur die Rede heraus, mit der er die Bewerbung des Caecilius um die Anklage erledigte, sowie die Vorrede zur eigentlichen Anklage des ersten Termines, sondern er arbeitete auch für den buchhändlerischen Vertrieb die fortlaufende, zusammenhängende Anklagerede aus, die er gehalten hätte, wenn es zum zweiten Termin gekommen wäre. Damit bannt er zunächst seinen Erfolg fest; sodann liefert er der Mit- und Nachwelt ein Meisterstück seiner Kunst und zugleich eine ausführliche Darstellung des Vorganges, wie sie kein Geschichtswerk je gemeldet hätte. Er hat die Rede in einem Umfange niedergeschrieben, wie er sie niemals hätte halten können, aber er hielt auch bei der Niederschrift die Fiktion fest, als gälte es die gesprochene Rede, als spielte sich die Scene auf dem Forum von Rom ab, vor den Geschworenen, unter einem Gerichtspräsidenten, in Gegenwart des Angeklagten und einer zahlreichen Volksmenge; ja, diese fortwährende Beziehung auf die Anwesenden und auf das Lokal giebt der Sprache erst die volle anschauliche Bewegung. Dennoch schreibt Cicero nicht wörtlich so, wie er gesprochen hätte; außer der Rücksicht auf den Umfang bestimmt ihn dazu die Erfahrung, daß die gesprochene Rede, litterarisch fixiert, niemals den authentischen Eindruck hervorbringt. Was durch die Entfernung der Rede vom Forum verloren ging, mußte ersetzt werden; dies war eine Aufgabe des Schriftstellers. Er hat sie gelöst und führt dabei seine Fiktion strenge durch; er konnte freilich darauf rechnen, daß man seine Publikation mit dem Ohr und nicht bloß mit dem Verstande genießen würde. Denn wenn der gebildete Römer sich ein Buch vornahm, so that er es nicht wie wir, die wir lautlos die einzelnen Buchstaben verfolgen und nur mittels des Denkens den Sinn der Worte in uns aufnehmen, sondern er hielt sich kundige Sklaven, die ihm das Werk vorlasen und genug Übung besaßen, um dies mit dem nötigen Ausdrucke zu thun. So kam der Autor zu seinem Rechte, der Leser war vielmehr Hörer des Dichters oder Redners, und dieser hatte das Bewußtsein, mit seinem Werke stets zum Publikum zu sprechen. – Inhaltlich hielt Cicero die Ordnung ein, die er auch mündlich beobachtet haben würde. Die ganze Klage ist in fünf Teile zerlegt, von denen jeder als eine selbständige Rede mit eigenem Bau gearbeitet ist. Der erste schildert das Vorleben des Angeklagten; daß darauf eine solche Ausführlichkeit verwendet wurde, war nötig, weil sie Stimmung machte, den Hörer unterhielt und namentlich einem römischen Bedürfnis entsprach. Jeder, der in einem Prozeß erwähnt wurde, mußte persönlich charakterisiert werden; man wird sehen, daß Cicero niemanden nennt, ohne ein Wort über seinen Charakter und seine sociale Stellung hinzuzufügen; trotz der Gefahr der Eintönigkeit mußten diese kurzen Personalbeschreibungen stets vollständig wiedergegeben werden, eben weil sie ein Gesetz römischen Lebens und damit ein Stück römischer Weltanschauung repräsentierten. So wird nun auch der Angeklagte charakterisiert; dazu war eine ganze Rede nötig, die sein Leben bis zum Augenblicke der Abreise nach Sicilien schildert. Mit dem zweiten Teile beginnt die eigentliche Anklage; hier hat Cicero sein Material nicht nach chronologischen oder lokalen, sondern nach stofflichen Gesichtspunkten disponiert. In jedem anderen Falle wären Wiederholungen unvermeidlich gewesen; durch die Zusammenordnung des Gleichartigen wurde die Scheidung in große Hauptabschnitte, die Wirkung der Kontraste und namentlich jene Steigerung erzielt, die das wesentlichste Erfordernis für eine anhaltende Spannung des Hörers wie für eine künstlerische Gestaltung der Form bildet. Zunächst wird die Thätigkeit des Gerichtspräsidenten, dann in der dritten Rede die Verwaltung der Korngefälle dargestellt; dieser Teil war für den Römer der interessanteste, schon weil es sich hier um ein wesentliches Element der hauptstädtischen Volksernährung handelte. So ist dieser Teil auch der umfangreichste geworden; hier hatte Cicero den wirklich gefährlichen Einwand zu entkräften, daß Verres ungewöhnlich große Getreidequantitäten nach Rom geschickt hatte – indem er nämlich die Provinzialen betrog und die Zukunft der Landwirtschaft lahm legte. Das römische Publikum, also der verkommene Adel und der gefräßige Pöbel, beide gleichermaßen arbeitsscheu, dachte natürlich nicht an die Zukunft; weitsichtige Politik war ihnen ebenso fremd wie etwa Mitleid mit den zertretenen Sicilianern, und deshalb hat Cicero hier offenbar alle ihm zur Verfügung stehenden Fälle vorgetragen, um so die nachteiligen Folgen auch für die Hauptstädter fühlbar zu machen. Er wußte wohl, daß er durch einen solchen Appell an den Magen bei seinen Quiriten erheblich stärker wirkte als durch einen Appell an die längst verlorene nationale Ehre. – Der vierte Teil, für den römischen Hörer nur ein amüsantes Intermezzo, dürfte heute den Leser am meisten interessieren: hier berichtet Cicero über die Statuen, Reliefs u. dgl., die Verres für seine Galerie in ganz Sicilien zusammenstahl. Den Römern gegenüber hatte Cicero hiermit einen schweren Stand, denn ihnen galten griechische Kunstwerke nur als kindische Spielereien, mit denen sich ein rechter Weltbeherrscher gar nicht abgeben dürfte; höchstens als Dekorationsstückchen hatten sie für ihn einen gewissen Wert, und deswegen war ihre Überführung nach Rom nur zu wünschen. Cicero mußte, um nicht für einen sentimentalen Tropf zu gelten, wiederholt jene echt römische Unbildung vorschützen, die damals bei vornehmen, weitgereisten, griechisch redenden und von griechischem Wesen tief СКАЧАТЬ