Weihnachts-Klassiker für alle Generationen: 280 Romane, Sagen, Märchen & Gedichte. Martin Luther
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СКАЧАТЬ nun gräm dich kein bißchen mehr, Rose. Im Sommer feiern wir Hochzeit. Ja, mußt du denn deinen Kopf verstecken, kannst du mich gar nicht mehr ansehen ...?

      Ein Fest wird es sein ... Ein Fest, in das uns kein Mensch hineinredet! Das Fest! Das Fest der Rose! Gegen das alle Feste nur ein Vorhof waren. Du hast ja deinen Schleier mitgenommen, Rosmarie, und einen Rosenkranz von weißen Kletterrosen von der Braunecker Schloßmauer wirst du tragen. Die sehen dir am ähnlichsten! Und ein Gewand von weißer Seide über deinen süßen Leib und goldene Schuhe, deine Freudenschuhe. Und es werden keine fremden Augen auf uns sehen. Und der Brunnen singt uns sein schönstes Lied. Warum redest du kein Sterbenswörtchen, Rose, meine weiße Rose!«

      »Oh, ich liebe dich, ich liebe dich.«

      Harro erhob sich plötzlich und sagte leise:

      »Du mußt mich nun gehen lassen, Rosmarie. Es ist noch lange bis zum Sommer. Einen Kuß noch, aber schnell! Ich muß gehen.«

      »Dein Wort hast du gegeben, Harro, – dann mußt du es halten.«

      Und sie entwand sich ihm und schritt hinaus. –

      Als Harro am andern Morgen zum Frühstück kam, war das sonnenfreundliche Zimmer leer, und keine Anstalten für Rosmaries Frühstück waren getroffen. Statt dessen lag ein Billett auf dem Tisch, an ihn adressiert:

      Lieber Harro, wenn Du dies Blatt findest, bin ich schon bald in Würzburg. Um elf Uhr werde ich in Berlin sein, wo mich Vater abholt. Lisa getraut sich, mich wirklich nach Berlin zu bringen. Wenn ich glücklich dort angelangt bin, telegraphiere ich Dir, sollte ich aber trotz Lisa mich plötzlich wo anders befinden, telegraphiere ich Dir auch. Sei mir nicht böse!

      Deine Rosmarie.

      Rosmarie hat zum erstenmal ihr Schicksal in ihre eigene Hand genommen.

      Dreißigstes Kapitel.

       Die Erziehung

       Inhaltsverzeichnis

      Rosmaries Telegramm hatte im Palais Brauneck in Berlin nicht geringe Aufregung verursacht. Der Fürstin Augen hatten wunderlich geglänzt, als ihr der Fürst das Telegramm zeigte.

      »Das ist seltsam! Hoffentlich bedeutet es nichts Schlimmes. Wenn junge Frauen plötzlich bei ihren Eltern wieder auftauchen, so pflegt das auf Stürme zu deuten...«

      Der Fürst jammerte, daß Harro Rosmarie allein reisen lasse, die doch so unerfahren sei. Ob sie nur wisse, wo man die Billette bekomme! Den ganzen Nachmittag – Rosmarie hatte erst von Würzburg aus depeschiert – trieb es ihn von einem zum andern, alles mögliche Reiseunglück schien ihm seine Tochter zu bedrohen. Es öffneten sich Abgründe zwischen Würzburg und Berlin. »Unverantwortlich von Harro.« stöhnte er immer wieder. Er war schon seit einer Viertelstunde auf der Plattform des Anhalter Bahnhofs auf und ab gewandelt, als der Zug endlich hereindampfte. Die Türen öffneten sich, und eine bunte Menschenwoge füllte in einem Augenblick den leeren Platz.

      Der Fürst starrt hinein, daß es ihm vor den Augen flimmert; als das Allerunwahrscheinlichste will es ihm bedünken, daß Rosmarie nun wirklich auftauchen könnte.

      Und da steht sie plötzlich vor ihm: »Vater, ach wie schön, daß du da bist!«

      Er schließt sie in die Arme, als käme sie übers Weltmeer. »Da bist du!« Und seine Augen werden feucht. Wie ist sie rosig und blühend, trotz der langen Reise, und mit einem unternehmenden Funkeln in den Augen, das er gar nicht kennt.

      »Und ist dir denn gar nichts Unangenehmes geschehen?«

      »Aber Vater, ich bin doch jetzt endlich groß genug, daß ich mich allein, das heißt mit Lisa, nach Berlin wagen kann. Wir sind zweiter Klasse gefahren, in der ersten war es uns zu einsam. Und es war eine Dame mit zwei Kindern da, und wir haben uns vorzüglich unterhalten.«

      »Und geht es dir gut und Harro?«

      »Sehr gut, Vater, und ein klein bißchen solltest du dich doch freuen, daß ich gekommen bin!«

      »Sehr freue ich mich,« ruft der Fürst, der plötzlich fühlt, daß ihm eine Last vom Herzen geht, von der er erst jetzt die Schwere spürt. Und nun fahren sie nach dem Palais Brauneck, und Rosmaries Mund steht keinen Augenblick still, so viel hat sie zu erzählen, aber warum sie gekommen ist, das verrät sie nicht.

      Die Fürstin erwartet sie mit seltsam gespanntem Gesicht, aber ein Blick in Rosmaries erhobenes, schönes Angesicht scheint ihr Interesse vollständig aufzuheben. Nachdem sie mit Rosmarie einige gleichgültige Worte gewechselt, erinnert sie sich, daß sie den dritten Akt einer Premiere, in dem etwas besonders Packendes vorgehen sollte, sehen wollte. Noch an der Tür wendet sie sich:

      »Ja, Rosmarie, warum bist du eigentlich gekommen?«

      Über Rosmaries Gesicht fliegt eine helle Röte, und der Fürst sagt schnell:

      »Weihnachtsüberraschungen für Harro!«

      Der Fürstin Interesse erlahmt wieder, und sie läßt die beiden allein.

      Und dann setzt sich Rosmarie in ihres Vaters Arbeitszimmer in das tiefe Ledersofa, zieht ihn neben sich und sagt:

      »Und du wunderst dich gar nicht, daß ich dir keine Grüße von Harro mitgebracht habe?«

      »Hast du nicht? Ja, richtig!«

      »Ich bin durchgegangen!«

      »Aber Rosmarie!« entsetzt sich der Fürst. »Was überkommt dich mit einem Male! Ich bitte dich!«

      »Ich will auch einmal selbständig handeln! Und Harro wird schon nicht böse sein. Komm Vater, laß dir erzählen...«

      »Das Durchgehen scheint bei dir periodisch geschehen zu müssen. Ich bin aber doch nicht ohne Sorge, wie Harro es aufnimmt.«

      »Höre, wie ich's angefangen. Ich habe gestern den Entschluß gefaßt. Lisa fand das Kursbuch und studierte darin ohne Erfolg, bis wir zu Märt gingen. In Thorstein kann man nichts ohne Märt machen. Ich sagte ihm, es gälte eine Überraschung für den Herrn. Dann telephonierte ich an die Stallwache in Brauneck und bestellte mir einen Wagen an den Schloßberg. In meinem Leben bin ich nicht so früh aufgestanden! Es war rabenschwarze Nacht. Märt trug das Gepäck und ein Laternchen, so gingen wir den Schloßberg hinunter. Der Wind seufzte in der Reiherhalde, und Lisa weiß, daß es da spukt, und fürchtete sich sehr. Ein paar von den Reihern, die bleiben ja im Winter da, so hörten wir die sonderbaren Schreie. Märt stapfte voraus, als könnte es gar nichts Einfacheres geben als den Weg durch Schneewehen und Blätterhaufen, und sein breiter Rücken sah sehr trostreich aus. Und wie froh waren wir, als wir die Lichter des Wagens sahen. Von da an ging alles glatt.«

      »Und Harro weiß, daß du angekommen bist?«

      »Gewiß! Und keine solche Sorgenstirne, Vater! Wenn ich komme und du mich wieder hast!«

      »Liebe Rosmarie, du würdest mich doch verbinden, wenn du mir endlich mitteilen wolltest, warum du eine so plötzliche Reise, zu Fuß und durch die Nacht, für nötig befunden hast!«

      »Liebster Vater, auch Traumliesen wie ich können СКАЧАТЬ