Название: Im Alten Reich
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 4064066388843
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Die Hohenlohe, die von Weikersheim ausgingen, gerieten durch die Begabung mit Öhringen, Waldenburg und Neuenstein in Halls unmittelbare Nachbarschaft. Diese Familie, die sich Jahrhunderte hindurch auf einer immergleichen Höhe von Tüchtigkeit und Gesundheit erhielt, brachte gerade um diese Zeit einige in Kampf und Verwaltung ausgezeichnete Männer hervor, unter denen Gottfried, ein unentwegter, tätiger Anhänger der Hohenstaufen, der bedeutendste war. Über den Zoll, das Geleitrecht und das Jagdrecht kam es zwischen den Nachbarn häufig zu Zwistigkeiten. Graf Kraft von Hohenlohe nahm einmal den Haller Patrizier Gilg Senfft, den er auf einem Gebiet jagend antraf, wo nach seiner Meinung ihm das Jagdrecht zustand, gefangen und warf ihn in Waldenburg in den Turm. Folgenschwerer und bedenklicher aber waren die Beziehungen zu den Limpurgern, die zur Hohenstaufenzeit auf Limpurg neben Hall auftauchten.
Walter von Schüpf, dem wahrscheinlich Heinrich VII. die Aufsicht über die staufischen Güter anvertraute, erbaute auf einem Hügel oberhalb Hall die Burg, von der noch ein paar jetzt sorgfältig behütete Trümmer übriggeblieben sind. Wahrscheinlich war diese Familie, die sich von den alten fränkischen Herzögen ableitete, schon lange in der Kochergegend ansässig; sie hatten einen Streitkolben, die fränkische Heerspitze und den Schenkenbecher im Wappen. Die semperfreien Erbschenken von Limpurg hatten ursprünglich nur das Afterschenkenamt von der Krone Böhmen zu Lehen, erst durch die Goldene Bulle kam das Reichserbschenkenamt an sie und blieb bei ihrem Hause bis zu dessen Erlöschen. Den Titel semperfrey erhielten sie im 15. Jahrhundert, im 17. wurden sie Grafen. Bei allen Königs- und Kaiserkrönungen hatte der Älteste des Geschlechts das Amt zu verrichten, indem er vom Pferde stieg und den Becher voll mit Wasser vermischten Weins dem Neugekrönten zum Trinken reichte. Pferd und Becher erhielt er hernach geschenkt. Der Becher, aus dem Maximilian II. 1562 getrunken hat und den er dem Reichserbschenken Christoph schenkte, ist noch vorhanden. In schöner getriebener Arbeit ist der Triumph des Bacchus darauf dargestellt, während auf dem Deckel ein geflügelter Löwe oder Greif das böhmische Wappen hält. Zum letztenmal vollzog Graf Vollrath das Amt bei der Krönung Kaiser Josephs I. im Jahre 1690. Im Jahre 1713 starb die Familie im Mannesstamm aus. Im Kreuzgang des Ritterklosters Komburg, dessen Schirmherren sie sehr zum Leidwesen des Klosters wurden, hatten sie ihre Begräbnisstätte. Dort steht unter gotischem Baldachin aufrecht auf einem Löwen Schenk Georg I., gestorben im Jahre 1475, schlank, gerade wie ein Lichtstrahl, ganz gerüstet, die linke Hand am Schwert, in der rechten eine Lanze, die ihn um ein Stück überragt und die stolze Haltung der Figur betont. Alles, was das Rittertum an Kühnheit und Ehre besaß, ist in dieser Gestalt wie in einem Symbol ausgedrückt. Er ist von zehn Wappen umgeben und wird in der lateinischen Umschrift als des heiligen Reiches Erbschenk de sanguine ducum Francorum et Suevorum bezeichnet. Das schöne Denkmal Friedrichs V. aus derselben Zeit hat eine deutsche Umschrift: des hyligen Rychs Erb schenk Semper frey. Am Tag nach bartolme. Got Gnad im. Von diesem Friedrich wird eine liebliche Legende erzählt. Als er einmal bei Tüngen Hasen jagte, geriet eines der verfolgten Tiere in die dortige Kirche, sprang auf den Altar und schmiegte sich schutzsuchend an das Marienbild. Die Hunde, die dem Flüchtling in die Kirche nachgesetzt waren, blieben bescheiden vor dem Altar stehen. Als der Schenk das sah, nahm er das Häschen, trug es ins Freie und ließ es laufen, indem er sagte: »Zeuch hin, lieber Has, du hast Freiheit in der Kirche gesucht und gefunden; dieweil meine Hunde die Freiheit an dir gehalten haben, so will ich sie auch nicht brechen.« Das Grabmal seiner Frau Susanne von Thierstein befindet sich auch in der Schenkenkapelle.
Trotz aller Treue, die Hall den Hohenstaufen bewiesen hatte, fügte Konrad IV. der Stadt ernstlichen Schaden zu, indem er Walter von Schüpf die erbliche Schirmvogtei mit der Gerichtsoberhoheit über Hall verlieh, wodurch die Schenken das Recht erhielten, Schultheißen und Schöffen zu ernennen. Nicht damit genug, überließ er ihm auch noch einen Anteil an der Hallschen Steuer, also eine Art Finanzhoheit, und im Jahre 1255 mußte die Stadt förmlich anerkennen, daß sie verpflichtet sei, den Schenken zu dienen. Es schien damit aus der königlichen Stadt eine Limpurger Landstadt werden zu sollen. Aus eigener Kraft hätte Hall damals das ihm auf den Nacken gelegte Joch kaum abwerfen können, aber das Glück kam ihm zu Hilfe: Rudolf von Habsburg nämlich hob alle Akte seiner Vorgänger bis 1245 auf, wodurch sie Reichsgüter verschenkt oder in irgendeiner Form weggegeben hätten. Dadurch wurde der Grund zu Halls Reichsfreiheit von neuem gelegt. Die Einteilung des Reichs in Landvogteien, die Rudolf von Habsburg einführte, und wobei Hall zur Reichslandvogtei Wimpfen geschlagen wurde, versetzte es in die schwäbischen Kreise; aus dem fränkischen Hall wurde Schwäbisch-Hall.
Die gegenseitige Befehdung und Eifersucht zwischen Hall und Limpurg hörte nicht auf, wenn auch Kaiser Rudolfs segensreicher Eingriff die Unabhängigkeit der Stadt wiederhergestellt hatte. Es gab jedoch auch Zeiten der Freundschaft, wo Schenken und Haller Patrizier in einem Schlößchen, das die Limpurger nahe bei dem die Stadt gegen ihr Gebiet abschließenden Tore erbaut hatten, zusammen pokulierten. Eines Nachts, im Jahre 1430, geriet bei einer solchen Gelegenheit der Schenk wegen des Jagdrechts mit seinen Gästen so heftig in Streit, daß er sie mir gezogenem Schwert bis ans Tor verfolgte. Daraufhin ließ der Stadtrat das Tor zumauern zum Ärger der Schenken, die dadurch einen großen Umweg zu machen gezwungen wurden. Auf ihre Klage soll Kaiser Sigismund geantwortet haben, daß seinethalb »seine lieben Söhne und Untertanen zu Hall ihre Tore alle zumauern und mit Leitern über die Mauern aus- und einsteigen möchten, es könne ihnen das niemand wehren.« Das Tor blieb vermauert, bis hundert Jahre später Schenk Erasmus die Burg mitsamt der Stadt Unterlimpurg den Hallern zum Verkauf anbot. Waren auch die Limpurger damals keine gefährlichen Nachbarn mehr, und war auch das »alt zerrissen grundlos Schloß« nichts wert, so erwarb die Stadt doch um 42 000 Gulden das Gebiet als erwünschte Abrundung ihres Landes. Das Tor wurde geöffnet, die Stadt hatte über die Ritter gesiegt; aber als die Schenken ausstarben, war auch die Herrlichkeit der Städte vorüber.
Halls dritter Nachbar war das Stift Komburg. Ursprünglich war es eine Burg, die sich ein Graf von Rotenburg am Ende des 11. Jahrhunderts erbaut hatte. Von seinen vier Söhnen, Einhard, Burkhard, Rugger und Heinrich, wurden zwei von der damals das Abendland bewegenden kirchlichen Strömung ergriffen und verwandelten die Burg in ein Kloster, dessen Ruf sich bald so verbreitete, daß ein mainzisches Ehepaar, das in seinem Hause einen Schatz entdeckte, denselben zur Vollendung der drei steinernen Türme der Klosterkirche stiftete. Der dritte Abt des Klosters, Hartwig, hat seinen Namen dadurch denkwürdig gemacht, daß er den berühmten Kronleuchter schenkte, der jetzt den edelsten Schmuck der ziemlich liederlich barockisierten Kirche bildet. Seltsam spukte in dem reichsunmittelbaren Kloster der Rittergeist fort, aus dem es hervorgegangen war. Verschiedene Äbte legten gern den Harnisch an und lagen mit ihren Nachbaren in Fehde, so Konrad von Münkheim und Gottfried von Stetten. Im Anfang des 13. Jahrhunderts wurde die Bestimmung gemacht, daß keiner als Konventuale aufgenommen werden sollte, der nicht edel von Vater und Mutter sei. Die adligen Mönche führten ein weltliches, verschwenderisches Leben, wovon die Folge war, daß das Kloster aus den Zahlungsschwierigkeiten und unangenehmen Verwicklungen nicht heraus kam. Nach langen Kämpfen wurde es endlich in ein weltliches Chorherren- oder Ritterstift verwandelt, als welches es bis zur Säkularisation im Jahre 1803 bestanden hat. Seine wertvolle Bibliothek, die reich an Inkunabeln ist, enthält eine niederländische Handschrift des Reineke Fuchs. Die reichgegliederte Gebäudemasse, die der Berg hoch über das Tal hinaushebt, als wolle er ein gelungenes Meisterwerk weithin sichtbar machen, ist überraschend wirkungsvoll. Die mit Türmen besetzte Mauer umgibt den Gipfel wie ein Kronreif, aus dem die alten Kirchtürme mächtig hervorragen. Die Vereinigung zweier Hauptmächte des Mittelalters, der Kirche und des Rittertums, kommt hier zu monumentaler Erscheinung.
Den schlimmsten Nachbar, denjenigen, der es zuletzt verschlingen sollte, bekam Hall, als Eberhard I. von Württemberg, von den Zeitgenossen der Recke, von seinem respektvolleren Volke später der Erlauchte genannt, seine kleine Grafschaft auszudehnen unternahm. Damals schritten die Kaiser noch gegen das Bestreben der Fürsten, sich einen Territorialstaat zu bilden, strafend ein; aber sie verfuhren dabei so wenig folgerichtig, daß Albrecht dem Eberhard die Landvogtei von Niederschwaben übertrug, wodurch vierundzwanzig Städte, darunter Hall, unter seinen Schirm, und das hieß soviel СКАЧАТЬ