Im Alten Reich. Ricarda Huch
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Название: Im Alten Reich

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 4064066388843

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СКАЧАТЬ die schon im 13. Jahrhundert da war, sowie das Hospital, von dem nur noch ein paar Glocken in das neue übergegangen sind, hat Wetzlar noch ein Denkmal besonderer Art aufzuweisen, das ich in der Frühe eines Sommermorgens aufsuchte. Aus der Stadt hinaus, am Friedhof vorüber, kommt man in die sich öffnende, von bewaldeten Hügeln begleitete Landschaft. Ein alter Wartturm taucht auf, der einst die städtische Landwehr befestigte, leuchtend wallen hügelige Fluren in die blaue Ferne. Zwischen betautem Grase am Fuße einer Anhöhe liegen zwei Steine, auf deren einem die Inschrift steht: »Monumentum facti et executionis Friderici Holstuch alias Tile Kolup, falso se imperatorem Fridericum II fingentis, in Wetzflaria capti, damnati, combusti, in hac valle imperiali tumulati, jussu imperatoris Rudolfi I MCCLXXXIV.« Auf deutsch: Denkmal der Tat und Einrichtung des Friedrich Holstuch, auch Tile Kolup genannt, welcher sich fälschlich für Kaiser Friedrich II. ausgab, in Wetzlar ergriffen, verurteilt, verbrannt und in diesem Kaisergrunde verscharrt wurde auf Befehl des Kaisers Rudolf I. 1284. Ein Herr von Gülich, dem der Kaisergrund gehörte, ließ Ende des 18. Jahrhunderts die Steine mit der von ihm verfaßten Inschrift setzen, auf der Notiz eines älteren Chronisten fußend, daß an der betreffenden Stelle sich ein derartiger Denkstein befunden haben solle.

      Viele aus den Quellen gezogene Zeugnisse sprechen dafür, daß sich wirklich am Kaisergrunde bei Wetzlar die grausige Schlußszene eines tragischen Kampfes abgespielt hat.

      Etwa dreißig Jahre nach dem Tode Friedrichs II., der in Italien sechsundfünfzigjährig starb, tauchte ein Mann auf, der eben dieser Kaiser zu sein behauptete. Es war ein schöner Greis, der dem Hohenstaufen glich; er schien sehr alt zu sein, aber er war rüstig und sein Gesicht erleuchtete oft jugendliches Feuer. Um sich zu beglaubigen, führte er Tatsachen an, die kein anderer als der Kaiser selbst oder seine nächsten Freunde hätten wissen können. Alte Ritter, die Friedrichs Feldzüge mitgemacht hatten, Bauern, Städte, ja Fürsten schlossen sich ihm an. Es war nicht nur, daß seine Liebenswürdigkeit, Leutseligkeit und Freigebigkeit hinriß: alle diejenigen, die mit Rudolfs Regiment unzufrieden waren, namentlich die Feinde des Papstes und der Pfaffen, hofften in ihm einen Führer zu finden. Dagegen bekämpfte ihn grimmig die von Rudolf begünstigte Geistlichkeit, allen voran der bei jedermann verhaßte Erzbischof Sifrid von Köln. Aus Köln verjagt, begab er sich nach Neuß, wo er begeisterte Aufnahme fand, und wo er sich zwei Jahre als Kaiser anerkannt hielt. Dieser Erfolg gab ihm den Mut zu einem allzu kühnen, aber folgerichtigen Schritte: er forderte nämlich König Rudolf von Habsburg auf, sich ihm zu stellen und seine Krone niederzulegen. Rudolf, der den falschen Friedrich bis dahin nicht recht ernst genommen hatte, rückte nun mit Heeresmacht vor Wetzlar; denn dort war der angebliche Hohenstaufe mit Freuden aufgenommen. Nicht unbewegt sah Rudolf der Begegnung entgegen; denn er hatte den Verstorbenen verehrt und hätte sich verpflichtet gefühlt, ihm zu weichen, wenn er ihn erkannt hätte; aber das war nicht der Fall. Da hingegen manche auf seine Seite traten, andere schwankten, unterwarf ihn Rudolf der Folter, die ihm das gewünschte Geständnis erpreßte, er sei ein Betrüger, heiße Dietrich Holzschuh oder Tile Kolup und habe vermittels schwarzer Kunst und Zauberei seine Rolle spielen können. Daraufhin wurde er zum Feuertode verurteilt und mit einem treugebliebenen Anhänger verbrannt, der Überlieferung nach dort, wo jetzt die Steine liegen. Auf der Anhöhe über dem Grunde standen als Zuschauer König Rudolf, Erzbischof Erich von Magdeburg, Bischof Volrad von Halberstadt, die Grafen von Anhalt, Wernigerode, Blankenburg, Leiningen und viele andere Herren und Ritter, vor allem natürlich der Erzbischof von Köln, der als Vorsitzender des Fürstengerichts das Urteil gesprochen hatte. Anwesend waren auch die Bürgermeister und Schöffen von Wetzlar, adlige Herren, die sich durch Auslieferung des Usurpators die Verzeihung des zürnenden Königs zu erwerben gewußt hatten. Durch die gewaltsame Lösung wurde das Dunkel, in das die Begebenheit gehüllt ist, nicht gelichtet; denn die durch Tortur erpreßten Aussagen sind belanglos. Wer war der Mann, der Kaiser Friedrich ähnlich sah? Woher kam er? Hieß er wirklich Dietrich Holzschuh? War er vielleicht ein Knappe des verstorbenen Kaisers gewesen und wußte er daher so viele ihn betreffende Dinge? War er ein Wahnsinniger oder ein Betrüger? Woher hatte er das viele Geld, das ihm zur Verfügung stand? War er durch Feinde des Königs gedungen?

      Was ich an jenem Sommermorgen im Kaisergrund mit dem inneren Auge sah war so: Ich sah den rechtschaffenen König Rudolf, der ausgezogen war, einen unverschämten Betrüger und Friedensstörer zu strafen, betroffen von der wundersamen Erscheinung, die ihm vor den Toren von Wetzlar entgegentrat. Dieser Friedrich war ein Betrüger und doch keiner, weil er ein Wahnsinniger war, der der Kaiser zu sein glaubte. Und er war es, solange er es glaubte. War dieser Mann so alt, wie Friedrich hätte sein müssen, wenn er lebte? Manchmal schien er hundertjährig und älter und morsch, als müsse er vor einem Luftzug zusammenfallen; aber wenn sein Gefühl ihn hinriß, strahlte er von Kraft und Jugend, trotz des weißen Haars, das ihm wirr ums Gesicht hing. Er war ein Träumender und sprach seltsam ergreifende Dinge aus Tiefen des Traums. Er war Friedrich, verzehrt von Schmerzen und hell im Bewußtsein seines Namens. Er war ein Sinnbild herrlicher Vergangenheit und stand geisterhaft schaurig vor dem Bringer der neuen Zeit, dem der gemütliche Humor auf den Lippen erstarb angesichts dieser Flamme aus der Asche.

      Solange Friedrich träumt, ist er der Kaiser und herrscht; aber wenn man ihn rauh antastet, ihn martert, dann erwacht er und ist ein armseliger, gehetzter Kranker, der sich fürchtet und zittert und nach Hause möchte. Irgendein Wort aber des Hohns oder der Schande stürzt ihn wieder in den Abgrund seines Wahns: er ist wieder Friedrich, der Kaiser. Er wirft sich in das Feuer wie in die Glorie, die ihm gebührt und besser ansteht, als vor der Verlegenheit der einen und dem verbissenen Hasse der anderen zu stehen. Rudolf handelt, wie er muß, wenn er den Betrüger, den Zerstörer seines Friedenswerks aufopfert; und dennoch, solange die beiden sich gegenüberstehen, ist Rudolf der falsche und der mit Purpurfetzen behangene Bettler der echte Kaiser, der Hohenstaufe, der von Gottes Gnaden.

      

       Friedrich:

      So empfängt Habsburg seinen Kaiser! Knechte dingt er,

       Nicht ihn zu stützen, denn er ist sehr alt,

       Nein, ihn zu greifen, vor sich herzustoßen

       Als einen Missetäter. Rudolf! Hättst du das geglaubt,

       Wenn jene umbrische Sibylle dir's

       Geweissagt hätte,

       Die bei Arquata uns den Weg vertrat?

       Sie griff in deines Rappen Zügel, hielt ihn,

       Ein alt gebrechlich Weib, und rief: Heil dir,

       Gottes Erwählter! Hoch, hoch wirft du steigen

       Und dein Geschlecht! Du sprachst, zu mir dich wendend:

       »Die Törin sieht nicht weiter als ein Maulwurf.

       Nie steig ich höher, Herr, als du mich hebst

       In deiner Gnade; und ob hoch oder nieder,

       Findst du mich treu.« Was sagte ich darauf?

       Rudolf:

      Im tiefsten Busen regt sich ein Erinnern,

       Haucht auf verwischte Bilder. War's in Umbrien,

       Wo uns, als wir am Quell vom Pferde stiegen,

       – Uns dürstete – ein Trupp Banditen überfiel

       Und den von Arnstein fingen und entführten,

       Des roter Bart sie trog, als wär's der Kaiser?

       Graf v. Katzenellenbogen:

      So hört ich's einst von meinem Vater sagen,

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