Название: Das ferne Schloss
Автор: Barbara Cartland
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland
isbn: 9781788673921
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Nolita erinnerte sich, daß ihre Mutter oft darüber gelacht hatte, welche Sorgen es ihren Verwandten bereitete, »was die Leute sagen werden«.
»Hauptsächlich aus Sorge darum, was die Leute sagen würden, waren sie so böse, als ich mit Papa durchbrannte«, hatte sie Nolita erzählt. »Natürlich - wäre er reich und bedeutend gewesen, hätten sie es für eine sehr gute Sache gehalten. Aber er war arm und mußte sein Regiment verlassen, und so waren sie selbstverständlich gegen meine Heirat.«
»Warum machten sie sich denn Sorgen?« hatte Nolita mit weit aufgerissenen Augen gefragt, »und um welche Leute?«
»Um die Leute, die sie bewunderten, ihre Freunde und ein ganzer Kreis von Bekannten«, erklärte ihre Mutter. »Wenn du erst älter geworden bist, Nolita, wirst du feststellen, daß die Gesellschaft sich selbst mit einer großen Menge ungeschriebener Regeln und Gesetze eingezäunt hat. Manche davon sind völlig unsinnig, aber es gibt sie nun einmal.«
»Was für Regeln?«
Ihre Mutter hatte ihren Vater angesehen, der augenzwinkernd erklärt hatte: »An erster Stelle steht natürlich das Elfte Gebot.«
»Und was ist das?« forschte Nolita.
»Laß dich nicht erwischen!«
»Also wirklich, Harry! Du darfst so etwas nicht vor dem Kind sagen!« hatte ihre Mutter ausgerufen.
»Wenn sie es nicht von mir lernt, wird sie es selbst herausfinden«, hatte ihr Vater trocken gesagt. »Sünden gelten in der Gesellschaft als Bagatellen, solange sie unter den Teppich gekehrt werden, Nolita. Schlimm ist es nur, wenn darüber gesprochen wird, und am allerschlimmsten, wenn etwas darüber in den Zeitungen erscheint!«
Nolita war damals noch zu jung gewesen, und erst später, als sie älter wurde, verstand sie, was ihr Vater gesagt hatte.
Nicht von ihren Eltern, sondern von deren Freunden erfuhr sie, daß in der Gesellschaft verheiratete Leute Liebesaffären hatten und sich niemand darüber Gedanken machte, solange sie sich diskret verhielten.
Die Affären des Prinzen von Wales waren eine unerschöpfliche Quelle des Klatsches. Nolita hatte ihn einmal bei einem Pferderennen gesehen, zu dem ihr Vater sie mitgenommen hatte, und sie hatte ihn sehr schick und attraktiv, wenn auch nicht besonders hübsch gefunden.
Er war von einer Anzahl außerordentlich schöner Frauen umringt gewesen, und auf dem Heimweg hatte Nolita unschuldig gefragt, ob Prinzessin Alexandra anwesend gewesen sei. Ohne nachzudenken, hatte ihr Vater geantwortet.
»Nicht, wenn er mit der verführerischen Lady Brook zusammen ist.«
»Warum?« hatte Nolita wissen wollen.
Sie hatte keine Antwort erhalten, und erst etwa ein Jahr später begriff sie etwas mehr. Bis dahin hatten alle davon gesprochen, wie wahnsinnig verliebt der Prinz sei. Und da weder die Prinzessin noch Lord Brook Einwände gegen diese Verbindung zu haben schienen - was ging es da andere Leute an?
Nolita kam das damals ganz verkehrt vor. Ihr Vater und ihre Mutter lebten völlig anders. Sie waren so glücklich! Allein schon der Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Mutter, wenn sie den Vater vom Rennen heimkommen hörte, und der tiefe Klang seiner Stimme, wenn er sie begrüßte, bewiesen Nolita, daß es für keinen von beiden jemals einen anderen geben konnte.
So soll eine Ehe auch sein, dachte Nolita dann im stillen.
Sie konnte verstehen, warum ihre Mutter die beiden Schwestern nicht darum beneidete, daß sie ein Leben in der eleganten Welt führten und ihre Bilder regelmäßig in den Zeitschriften erschienen.
»Du bist so schön, Mama«, hatte Nolita einmal gesagt. »Ich wünschte, du hättest teure Kleider und schönen Schmuck und wärest die Belle auf einem großen Ball.«
»Ich möchte lieber hier mit deinem Vater zusammen sein als im Buckingham-Palast tanzen«, hatte ihre Mutter erwidert.
Ihr Ton hatte Nolita verraten, daß es die Wahrheit war.
Jetzt sollte sie in eine Welt eintreten, die ihre Mutter für lieblos angesehen hatte.
Auch wenn sie ihnen nicht vorgestellt werden würde, so würde sie doch oft unter einem Dach mit dem Prinzen von Wales, Lady Brook und all diesen Leuten weilen, die ihre Tante Katherine für so wichtig hielt.
Das wird mir so zuwider sein, dachte Nolita. Und selbst wenn ich im Schulzimmer bin, werde ich von ihnen hören und werde wissen, warum Mama keinen Teil an dieser Sorte von Leben haben wollte.
Verzweifelt sagte sie sich, daß es nichts gab, was sie dagegen tun konnte.
Vernünftig, wie sie war, erkannte sie, daß ihre Tante die Wahrheit gesprochen hatte, als sie ihr mitteilte, ihr Onkel sei jetzt ihr Vormund und sie müsse ihm gehorchen.
Vielleicht wäre es schlimmer, wenn ich bei einem von ihnen leben müßte, überlegte sie.
Sie wußte, ihre Tante Katherine mochte sie nicht leiden und würde an allem, was sie tat, etwas auszusetzen finden.
Sie konnte nur hoffen, daß sie nicht den Unwillen der Marquise erregen würde. Und daß es ihr möglich sein würde, sich »raushalten« zu können, wie die Dienstboten zu sagen pflegten.
Ihr grauste davor, in das leichtfertige Leben hineingezogen zu werden, das ihre Tante Katherine führte.
Nolita hatte gelesen und gehört, welche endlose Folge von Bällen, Empfängen und Soireen Lady Katherine besuchte, wie entschlossen sie und ihre Altersgenossinnen den Kampf um einen Platz in dem »magischen Kreis« um den Prinzen von Wales führten und wie sie sich gleichzeitig bemühten, nicht das Mißfallen Königin Viktorias zu erregen.
Sie fand das alles schrecklich und gleichzeitig sinnlos, obwohl es eine so außerordentliche Bedeutung für diejenigen hatte, die daran teilnahmen.
Nolita wußte sehr genau, was ihre Tante mit der »Gelegenheit« meinte, die ihr das Kind, dessen Gesellschafterin sie werden sollte, verschaffen könnte.
Da die Enkelin der Marquise von Sarle sehr reich war, stand ihr ein Sonderplatz in dem »magischen Kreis« zu, denn, wie Lady Katherine so richtig gesagt hatte, »niemand hatte genug Geld«.
»Ich will ihr Geld nicht!« rebellierte Nolita plötzlich laut in der Dunkelheit. »Ich will Eros! Ich will hier in meinem eigenen Heim bleiben.«
Aber da sie wußte, daß das unmöglich war, weinte sie verzweifelt in ihr Kissen.
Ohne zu weinen sagte sie zwei Tage später Johnson Auf Wiedersehen und stieg in den Reisewagen, den ihre Tante ihr aus London geschickt hatte.
Es war längst kein so eleganter Wagen wie der, den Ihre Ladyschaft selbst benutzt hatte, und die Pferde waren zwar gut, aber nichts Besonderes.
Auf dem Bock saß nur ein Kutscher, kein Diener. Das ließ Platz für Nolitas Schrankkoffer. Ein paar andere Gepäckstücke, die sie mitnehmen wollte, wurden innen verstaut.
Früher am Morgen hatte СКАЧАТЬ