Die Rabenringe - Fäulnis (Band 2). Siri Pettersen
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Название: Die Rabenringe - Fäulnis (Band 2)

Автор: Siri Pettersen

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783038801146

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СКАЧАТЬ Sie könnte sagen, ihr sei ein Mann begegnet. Ein normaler Mann, der Hilfe brauchte. Pater Brody würde ihr ein paar Kleidungsstücke geben, die er für die Armen gesammelt hatte. Da war sie ganz sicher.

      Hirka blieb vor der Kirche stehen. Graue Vertiefungen im Schnee verrieten, dass Pater Brody schon da war. Jay und ihre Mutter auch. Die Spuren mussten von ihrer kleinen Schwester stammen. Aber da waren noch mehr. Mehr als sonst immer. Unruhe schoss in Hirkas Brust hoch. Etwas stimmte nicht. Sie stieg die Treppe hinauf und fasste die Tür an. Sie war offen. Sie schob sie vorsichtig auf und schlüpfte hinein, hörte Geräusche aus dem Kircheninneren. Ein Kind weinte. Männer stritten. Zwei davon.

      »Was weißt du eigentlich über Kinder?«

      »Genug. Ich weiß, dass sie reden. Das machen Kinder so. Sie reden!«

      »Mann, sie hat doch gerade eben erst stehen gelernt! Was glaubst du denn, was so eins reden kann? Und wir kriegen einen Arsch voll Probleme!«

      »Wir haben schon einen Arsch voll Probleme, Isac!«

      Hirka drückte sich an die Wand. Sie hörte, wie im Kirchenschiff eine Tür aufgemacht wurde. Eine dritte Männerstimme übertönte alle anderen: »Sie ist auch nicht da oben. Aber sie hat da garantiert gewohnt.«

      »Hat? Hat gewohnt?! Du hast doch gesagt, sie ist schon seit mehreren Tagen nicht mehr draußen gewesen! Kannst du diese Göre endlich zum Schweigen bringen!?«

      »Wenn das Mädchen nicht hier ist, dann kannst du dich gleich erschießen. Damit machst du alles einfacher. Er wird dich sowieso umbringen, weil du verdammt noch mal nicht zugehört hast!«

      Hirka tastete im Gesagten nach bekannten Wörtern, verstand aber viel zu wenige. Und es hallte im Kirchenschiff, was die Sache noch schwieriger machte. Doch sie begriff immerhin so viel, dass sie hinter ihr her waren. Sie legte ein Ohr an die Wand. Hörte das Blut darin rauschen. Ihr Puls hämmerte. Sie musste wieder von hier weg.

      Das Kind

      Das Mädchen da drinnen weinte immer noch, jammerte nach der Mutter. Das Wimmern schnitt Hirka ins Herz. Sie konnte die Kleine nicht einfach dort zurücklassen. Sie musste sie irgendwie mitnehmen. Und die anderen? Wo waren die anderen? Sie musste sehen … Bloß ganz kurz hineingucken.

      Sie beugte sich vor und linste ins Kircheninnere. Sie erstarrte. Wusste, dass sie von hier weglaufen sollte, konnte es aber nicht. Ihre Füße setzten sich wie von selbst in Bewegung. Den Mittelgang entlang. Auf Jay zu, die mit dem Gesicht am Boden lag. Ihre Kopfhörer waren herausgefallen. Sie lagen in einer Pfütze aus etwas Rotem.

      Dilipa lag gleich daneben mit dem Kopf zwischen den Bankreihen. Die Frau starrte aus toten Augen zu ihr hoch. Hirka hatte das Gefühl im Gesicht verloren. Hatte sie gerade einen Albtraum? Lag sie im Draumheim? Sie blickte auf.

      Drei Männer standen vor dem Altar und starrten sie an, als sei sie ein Gespenst. Einer hielt Jays kleine Schwester am Nacken fest. Das Mädchen schluchzte. Seine Beine hatten unter ihm nachgegeben, sodass es halb in der Hand des Mannes baumelte.

      Hirka suchte nach Worten. Wut und Trauer drohten sie zu ersticken. Sie blieb kurz vor ihnen stehen. Starrte sie an. Sie starrten zurück. Die Zeit stand still.

      Dann brach der Größte von ihnen in Gelächter aus. Er hatte blonde Haare und trug ein grelles Hemd mit Zickzackmuster. Er breitete die Arme aus. »Vielleicht gibt es doch einen Gott«, sagte er und kam auf sie zu. Hirka sah ein schwarzes Bündel über dem Altar hinter ihm liegen. Pater Brody.

      Hunde. Wahnsinnige Hunde. Wilde Tiere. Das waren sie. Hirka schaute zu Jays kleiner Schwester. Es gab nur eins zu tun. Nur eins würde die Männer das Mädchen vergessen lassen.

      Hirka wirbelte herum und lief zurück zur Tür. Die Männer riefen durcheinander. Jemand packte ihren Regenponcho. Zog sie zurück. Der große Mann drückte ihr die Hand auf den Mund. Sie hörte einen Knall. Jays kleine Schwester hörte auf zu weinen. Die zwei Männer schrien einander an. Der sie festhielt, sagte ihnen, sie sollten das Maul halten. Er roch nach verfaultem Essen.

      Plötzlich hielten zwei sie fest. Der Dritte kickte die Tür auf. Nickte. Sie zerrten sie nach draußen. Sie trat um sich, schlug, biss. Dann kamen die Tränen. Sie schleiften sie durch den Schnee, zwischen den Grabsteinen hindurch und in die dunkle Gasse hinter dem Armenhaus.

      Blut an den Händen

      Hirka saß auf der Rückbank und rüttelte an der Autotür. Sie war abgeschlossen. Aber sie musste raus. Jetzt. Bevor sie losfuhren. Solange sie noch den Kirchturm sehen konnte. Das ergab keinen Sinn, war aber das Einzige, worum ihre Gedanken kreisten. Wenn die sie erst einmal von hier fortgeschafft hatten, dann war alles vorbei. In einer unbekannten Umgebung fand sie sich nicht zurecht.

      Zwei der Männer saßen vorn und schrien sich an. Der Wagen wurde angelassen und machte einen Satz in die dunkle Gasse hinein. Der größere der beiden schlug den, der fuhr, und das Auto blieb plötzlich stehen. Hirkas Kopf prallte gegen den Sitz vor sich. Dann wurde sie wieder zurückgeworfen, doch der Beutel fing die größte Wucht des Aufpralls ab. Die Tür auf der anderen Seite baumelte offen und Hirka warf sich über den Sitz, um hinauszukommen. Sie wurde von dem dritten Mann zurückgeschubst. Es war der Mann, der ihr in der Kirche entgegengekommen war. Der, den sie Isac genannt hatten.

      Er setzte sich auf die Rückbank mit den Füßen nach draußen. »Haltet’s Maul!«, schrie er und hob die Hand. Die anderen verstummten. Hirka hatte so große Angst, dass ihr die Füße zitterten. Sie spürte, wie etwas am Fußgelenk drückte.

       Das Messer …

      Sie schaute auf ihre gelben Stiefel hinunter. Wippte mit dem Fuß ein wenig und fühlte, wie das Futteral in der Wollsocke hin- und herrutschte. Das Messer war noch da. Das ließ sie hoffen. Sie musste es nur ruhig angehen. Die beste Gelegenheit abwarten.

      Der Mann, der fahren sollte, war klein und hatte Todesangst. Sein Rattengesicht war schweißnass und er murmelte immer wieder ein und denselben Satz vor sich hin: »Das geht schief. Das geht schief.« Der andere Kerl war kräftig. Er stieß den verschwitzten Ängstlichen mehrmals wütend mit dem Ellenbogen an, wirkte aber genauso verunsichert. Das war ein gutes Zeichen. Ängstliche Männer machten Fehler. Früher oder später.

      Isac legte einen Finger an die Stirn und seufzte. Er benahm sich nicht wie die anderen. Er war ruhiger. Schien keine Angst zu haben. Sie wusste, dass er am gefährlichsten war, vor ihm musste sie sich am meisten in Acht nehmen.

      »Micke, kannst du mir einen Gefallen tun?«, fragte er den kleinen Mann, der sichtlich ängstlicher wurde. »Kannst du mich erschießen, wenn ich noch einmal auf die Idee kommen sollte, dich zu einem Auftrag mitzunehmen? Hmm? Wenn ich so blöd sein sollte, könntest du dich dann meiner erbarmen, damit es mir erspart bleibt, Zeuge zu werden, wie du so ein …«, er schlug im Takt seiner Worte mit der geballten Faust auf den Autositz, »… totales … Scheiß … Chaos … anrichtest!«

      »Er hat meinen Namen gesagt«, murmelte Micke. »Jetzt weiß sie, wie ich heiße! Man verwendet keine Namen bei einer Operation!«

      »Gott steh mir bei …« Isac verdrehte die Augen. »Das hier sollte sauber und ohne Blut ablaufen. Ohne Blut, Micke. Das hier ist kein Film! Du fährst keinen Meter, bevor du hinter dir aufgeräumt hast! Hörst du, was ich sage?«

      »Aufräumen? СКАЧАТЬ