Название: Lucifer. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte
Автор: Auerbach Berthold
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788726614534
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Ein Tumult entstand in der Gemeinde; es liess sich nicht ahnen und bestimmen, was daraus werden sollte.
„Kommt her!“ tief Luzian, und streckte seine Arme weit aus, aber seine Hände waren nicht zum Segnen ausgebreitet, seine Fäuste ballten sich, „kommt her! Glaubt nicht, dass ich mich binden lasse, wie ein geduldig Lamm. Gott ist in mir, ich zerbreche die Hand, die sich nach mir ausstreckt.“
,,Soll der Gotteslästerer noch länger das Heiligthum entweihen?“ schrie der Pfarrer schäumend vor Wuth.
Die Gemeinde war wie erstarrt; und Luzian sprach mit ruhiger, weithin vernehmlicher Stimme:
„Ja, ich muss reden, und wenn man mich jetzt auf den Scheiterhaufen legt, ich muss. Du Gesalbter da oben, du schmähest Gott und die Menschen, ich will nicht Theil haben an deiner Sünde. Hört auf mich, Brüder und Schwestern! Ich bin kein Weiser, aber ich weiss: Gott ist die Liebe, Gott lebt in uns, und schickt er Wetter und Unheil, so thun wir uns zusammen und theilen mit einander, und Keiner hat sich zu schämen, die Gaben zu empfangen, und keiner darf hart sein, sie zu weigern. Du da oben, du willst wissen, warum Gott durch das Wetter unsere Felder verhagelt hat! Weil wir schlecht sind? Sind wir schlechter als alle unsere Nachbardörfer? Gott ist die Liebe, Gott ist in mir und die Liebe ist in mir, für euch, und ich will jetzt sterben. Die Hölle ist nur in dir da oben und in Allen wie du . . .“
„Du bist verdammt und verflucht in Ewigkeit!“ schrie der Pfarrer und stieg die Kanzel herab.
Der Gottesdienst war zu Ende, die ganze Gemeinde schwirrte durcheinander. Luzian ging festen Schrittes der Thüre zu, Alles wich vor ihm zurück, aber wie mit wunderbarer Kraft erhob sich die Ahne, fasste seine Hand und schritt so kräftig neben ihm her wie seit Jahren nicht. Sie gingen still heimwärts und dort sah sie den Luzian zum Erstenmale in seinem Leben weinen und laut schluchzen wie ein Kind.
Die Ahne wusste gar nicht was sie beginnen sollte, sie lief kopfschüttelnd im Zimmer umher; drückte an allen Fenstern ob sie auch fest zu seien, und jagte zuletzt die Katze, die hinter’m Ofen sass, zur Thür hinaus; auch sie sollte nicht hören, dass der starke Mann weinte.
Luzian sass da, er hatte die Hand auf den Tisch gelegt und das Antlitz darauf verborgen.
,,Meinst du nicht auch?“ tröstete die Ahne, „wenn der Kaiser Joseph nicht vergiftet wär’ und er hätt’ das Leben noch, der thät’ den jungen Pfarrer da ins Zuchthaus schicken? Nicht wahr?
„Freilich,“ sagte Luzian, und schaute lächelnd auf.
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