Название: Die Frau Professorin. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte
Автор: Auerbach Berthold
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788726614527
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,,Ja,“ sagte der Alte, Reinhard mit dem Finger drohend, „der Schelm soll mich ja, wie sie sagen, in einem besondern Bild gemalt haben. Ist das auch ehrlich und recht?“
,,Das macht der Katz’ keinen Buckel,“ lachte der Wadeleswirth, „mich dürft’ er meinetwegen malen wie er wollt’, ich behielt’ mich doch.“
,,Eingeschlagen, bleibt dabei,“ rief Reinhard, die Hand hinstreckend; als er aber keine Hand erhielt, setzte er lachend hinzu: „Es war nur Spass, es giebt gar keine so dicken Farben wie Ihr seid.“
Unter dem allgemeinen Gelächter sagte dann der Müller: „Jetzt saget’s frei, was habt Ihr denn aus mir gemacht?“
„Nichts Unrechtes. Wie ich damals die Mühle abgezeichnet hab’, da geh’ ich einmal Abends weg, die Sonne ist grad’ im Hinabsinken, da geht Euer Fenster auf, Ihr gucket ’raus, ziehet die Kapp’ vom Kopf, haltet sie zwischen den Händen und betet laut in die untergehende Sonne hinein. Da hat mich’s heilig angerührt und ich hab’ Euch so gemalt, nur mit der Aenderung, dass Ihr unter der Halbthür statt am Fenster stehet.“
„Das ist nichts Unrechtes, das kann man sich schon gefallen lassen,“ sagte die Wirthin.
Man sass ruhig und wohlgemuth beisammen und Reinhard vertraute unter dem Gelöbniss der Verschwiegenheit, dass er in die neue Kirche ein Altarbild stiften wolle. Der Wadeleswirth bot ihm freie Zehrung in seinem Hause an, so lang er hieran arbeite, und der Müller wollte auch etwas thun, er wusste nur noch nicht was.
Eine Weile herrschte Stille in dem ganzen Kreise, Niemand fand, nachdem man so gute und fromme Dinge besprochen, etwas Anderes. Der Collaborator verhalf zu einer andern Stimmung. Die Mädchen waren ab- und zugegangen und hatten Essen aufgetragen, die Gläser waren eingeschenkt, aber Niemand griff zu, weil die Gedanken Aller in der Kirche waren. Lorle hatte den Collaborator offenbar vermieden. Dieser fragte nun Vroni:
,,Hat man keine Sagen von dem Mühlbache? Baden sich keine Nixen droben im Quell?“
„Ja, nix badet sich drin,“ erwiderte Vroni; Alles kicherte in sich hinein.
Der Collaborator liess aber nicht ab und wendete sich an den Alten: ,,Erzählt man sich denn gar nichts von dem Bache?“
„Ach was! Das sind Sachen für Kinder, das ist nichts für Euch.“
,,Ich bitte, erzählet doch, Ihr thut mir einen Gefallen damit.“
,,Nun, man berichtet allerlei, so von dem Wasserweible, und so.“
„Ja, davon erzählet, ich bitte.“
,,So hat im Schwedenkrieg ein Schwed hier der Tochter vom Haus Gewalt anthun wollen und da ist sie auf den Fruchtboden entlaufen und hat die Leiter nachzogen und da hat der Schwed’ die Mühle gestellt und ist am Rad’ ’naufgestiegen und wie er halb droben ist, da ist das Wasserweible kommen, hat die Mühle in Gang bracht, und patsch! ist mein Schmed’ unten gelegen und ist versoffen.“
„Das ist eine Herrliche Sage.“
,,Ja, Aberglaube ist’s,“ eiferte der Müller, „der Schwed’ hat die Mühl nicht recht stellen können und da ist sie halt wieder von selber in Gang kommen.“
Der Nachmittag ging unter mancherlei Gesprächen vorüber, man wusste nicht wie. Die beiden Mädchen machten sich über den Collaborator auf alle Weise lustig, sie hielten ihn für abergläubisch und erzählten ihm Spuk- und Geistergeschichten; besonders Lorle war froh, ihm seinen gelehrten Hochmuth heimzahlen zu können und machte ihn so „gruseln“, dass er gewiss in der Nacht nicht schlafen könne; sie stellte sich, als ob sie an Alles glaube, um ihm rechte Furcht einzujagen. Der Collaborator war ganz glückselig über diese reiche Fundgrube und merkte nichts von der versteckten Schelmerei.
Auf dem Heimwege sagte der Wadeleswirth ein gar weises Wort zu Reinhard: „Euer Kamerad ist doch grad wie ein Kind und er ist doch so gelehrt.“
Stephan war auf der Mühle geblieben, Lorle ging neben der Mutter, der Collaborator begleitete sie und sagte einmal: ,,Da kann man nun Vergangenheit und Zukunft sehen; so wie das Lorle müsset Ihr einmal ausgesehen haben, Frau Wirthin, und das Lorle wird auch einmal so eine nette alte Frau, wie Ihr.“
Die Wirthin schmunzelte, es war ihr aber doch unbehaglich, so von sich sprechen zu hören; denn wenn die Bauern auch noch so gern ein Langes und Breites selber von sich reden, ist es ihnen doch unlieb, wenn ein Anderer sie in ihrem Beisein schildert oder gar kritisirt.
Unser gelehrter Freund aber begann wieder: „Saget doch, woher kommt’s, dass man so selten schöne ältere Leute auf dem Dorfe sieht, besonders wenig schöne ältere Frauen?“
„Ja gucket, die meisten Leut’ haben ein kleines Hauswesen und können keinen Dienstboten halten und da muss oft so eine Frau schon am vierten, fünften Tag, nachdem sie geboren hat, an den Waschzuber stehen oder auf’s Feld. Wenn man sich nicht pflegen und warten kann, wird man vor der Zeit alt.“
,,Ihr solltet einen Verein zur Wartung der Wöchnerinnen stiften.“
,,Ja wie benn?“
Der Collaborator erklärte nun die Einrichtung eines solchen Vereins, die Wirthin aber machte viele Einwendungen, besonders, dass manche Frauen sich ungern von Nichtverwandten in ihre unordentliche Haushaltung hineinsehen lassen; endlich aber stimmte sie doch bei und sagte: „Ihr seid ein recht liebreicher Mensch,“ und Lorle bemerkte: „Aber die Mädle können auch bei dem Verein sein?“
,,Gewiss, der Verein verpflichtet sich, jede Wöchnerin mindestens vierzehn Tage zu pflegen.“
Es war Dämmerung als man im Dorfe anlangte, Reinhard schloss sich einem Trupp Burschen an und zog mit ihnen singend durch das Dorf. Als es längst Nacht geworden war, kam er heim, sprang schnell die Treppe hinauf und wieder hinab. Der Collaborator sass auf seiner Stube und notirte sich einige der heute vernommenen Sagen; als er aber von der Strasse herauf Zitherklang hörte, ging er hinab.
Unter der Linde sass Reinhard, die Zither auf dem Schoosse, die ganze Männerschaft des Dorfes war um ihn versammelt. Er spielte nun zuerst eine sanfte Weisung, er wusste das liebliche Instrument so zart zu behandeln, dass es, bald schmelzend, bald jubelnd, alle Gemüthsregungen verkündete. Die Zuhörer standen still und lauschend, es gefiel ihnen gar wohl und doch, als er jetzt geendet, fürchteten sie, er möchte immer blos spielen. Martin sprach Daher das allgemeine Verlangen aus, indem er rief: „Ihr könnet doch auch singen, gebt was los.“
,,Ja, ja,“ stimmten Alle ein, „singet, singet.“
Reinhard gab nun viele kurze Lieder preis, die er auf seinen Wanderungen aufgehascht hatte; hell klang seine Stimme hinein in die stille Nacht und die Jodeltöne sprangen wie Leuchtkugeln hinauf zum Sternenhimmel und stürzten sich wieder herab.
Lorle, die sich eben hatte zu Bett legen wollen, schaute zum Fenster heraus und horchte hinab; die Worte mit den Lippen sprechend, aber nicht der Luft anvertrauend, sagte sie:
,,Es ist doch ein prächtiger Mensch, so gibt’s doch gewiss Reinen mehr auf der ganzen Welt.“
Nun sang Reinhard das Lied:
,,Und wann’s emol schön aber 7 wird,
Und auf der Alm schön grüen,
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