Die Frau Professorin. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte. Auerbach Berthold
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Название: Die Frau Professorin. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte

Автор: Auerbach Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726614527

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СКАЧАТЬ geweckt.“

      „Das ist ein wunderlicher Traum, aber in den nächsten vier Wochen fahr’ ich nicht mit Euch. Was ich hab’ sagen wollen, Euer Kamerad ist ein wunderlicher Heiliger, mein Vater sagt, er sei stolz und hochmüthig, ich mein’ eher, er sei zimpfer und ungeschickt.“

      „Ihr habt ihm doch seine Störung verziehen?“

      „Ja. Seid Ihr auch schon auf gewesen?“

      „Nicht ganz. Mit meinem Kameraden habt Ihr Recht, er ist nicht stolz, im Gegentheil scheuch und furchtsam.“

      „Ja, das hab’ ich auch denkt, und grad weil er scheuch und furchtsam ist, da geht er so auf die Leut’ ’nein und thut wie wenn er sie zu Boden schwätzen wollt’. Wie ich vorlängst bei der Vroni auf der Hohlmühle gewesen bin, Ihr wisset ja, sie ist mit meinem Stephan versprochen, sie heirathen bis zum Herbst und er übernimmt die Mühle; Ihr seid doch auch noch da zur Hochzeit?“

      „Kann sein, aber Ihr habt mir was erzählen wollen?“

      „Ja, das ist Recht, dass Ihr Einen beim Wort behaltet, ich schwätz’ sonst in den Tag ’nein. Nun wie ich drunten in der Hohlmühle bin, da wird’s Nacht und da haben sie mir das Geleit geben wollen, ich hab’s aber nicht zugeben und es wär’ mir doch recht gewesen. Ich bin halt jetzt allein fort, im Wald da ist mir’s aber katzhimmelmäuslesangst worden, und weil ich mich so gefürcht’t hab’, da hab’ ich allfort pfiffen, wie wenn ich mir aus der ganzen Welt nichts machen thät. Ja, wie komm ich denn aber jetzt da drauf, dass ich Euch das erzähl’?“ schloss Lorle, die Lippen zusammenpressend und die Augen nachdenklich einziehend.

      „Wir haben von meinem Kameraden gesprochen und“ —

      „Ja, Ihr bringet mich wieder drauf; der pfeift auch so lustig, weil er Angst hat, nicht wahr?“

      ,,Vollkommen getroffen. Ihr müsst nun aber recht freundlich gegen ihn sein, er ist ein herzguter Mensch, der’s verdient, und es wird ihn ganz glücklich machen.“

      ,,Was ich thun kann, das soll geschehen. Ist er noch ledig?“

      ,,Er ist noch zu haben, wenn er Euch gefällt.“

      „Wenn Ihr noch einmal so was saget,“ unterbrach Lorle, das Bügeleisen aufhebend, „so brenn’ ich Euch da den Bart ab. Ja, dass ich’s nicht vergess’, lasset Euch Euern Bart nicht abschwätzen, er steht Euch ganz gut.“

      ,,Wenn er Euch gefällt, wird er sich um die ganze Welt nichts scheeren.“

      ,,Was gefällt? Was ist da von gefallen die Red’?“ ertönte eine kräftige Weiberstimme, es war die der Bärbel.

      ,,Das Lorle ist in meinen Kameraden verschossen,“ sagte Reinhard.

      ,,Glaub’ ihm nichts, er ist ein Spottvogel,“ rief das Mädchen und Bärbel entgegnete:

      ,,Herr Reinhard, ganget ’nein und trinket Guern Kaffee; Ich g’wärm ihn Euch nimmer.“

      ,,Geht Euer Goller da in die Kirch’?“ wendete sich Reinhard an Lorle und erhielt die Antwort:

      „Nein, das gehört der Bärbel, die geht, ich bleib’ daheim; Ihr geht doch auch?“

      ,,Ja,“ schloss Reinhard und trat in die Stube. Er hatte eigentlich nicht die Absicht gehabt, in die Kirche zu gehen, aber er musste und wollte jetzt; er musste, weil er’s versprochen, und wollte, weil Lorle allein zu Hause blieb. Und wie wir unsern Handlungen gern einen allgemeinen Charakter gehen, so redete er sich auch ein, er gewinne durch die Theilnahme an dem Kirchengange auf’s Neue die Grundlage zur Gemeinsamkeit des Dorflebens und ein Recht darauf.

      Während Reinhard in der Stube dies überdachte, sagte Lorle draussen auf der Laube: ,,Denk nur, Bärbel, er hat heut Nacht von mir träumt.“

      ,,Wer denn?“

      „Nu, der Herr Reinhard.“ Lorle verfehlte nie, auch wenn sie von dem Abwesenden sprach, das Wort ,,Herr“ zu seinem Namen zu setzen.

      „Lass dir von dem Fuchsbart nichts aufbinden,“ entgegnete Bärbel.

      „Und der Bart ist gar nicht fuchsig,“ sagte Lorle voll Zorn, „er ist ganz schön kästenbraun und der Herr Reinhard ist noch grad so herzig wie er gewesen ist, und du hast doch früher, wo er nicht dagewesen ist, immer so gut von ihm gered’t und du hast Unrecht, dass du jetzund so über ihn losziehst. Wenn er auch den Spass mit dem Ausschellen gemacht hat, er ist doch nicht stolz, er red’t so gemein und so getreu.“ —

      „Ich kann nichts sagen als: nimm dich vor ihm in Acht, und du bist kein Kind mehr.“

      ,,Ja das mein’ ich auch, ich weiss doch auch wie Einer ist, ich . . .“

      ,,Gib mir mein Goller, du zerdrückst’s ja wieder,“ sagte Bärbel und ging davon.

      Reinhard wandelte sonntäglich gekleidet mit Stephan und Martin nach der Kirche. Alles nickte ihm freundlich zu, Manche lachten noch über die seltsame Bartzier, aber der Träger derselben war ihnen doch heimisch; sie fühlten es dunkel, dass er zu ihnen gehörte, da er nach demselben Heiligthume, zu derselben Geistesnahrung mit ihnen wallfahrtete.

      Auf dem Wege fragte Martin: „Nun was saget Ihr aber zu unserm Lorle? nicht wahr, das ist ein Mädle?“

      ,,Ja,“ entgegnete Reinhard, ,,das Lorle ist gerad wie ein feingoldiger Kanarienvogel unter grauen Spatzen.“

      ,,Es ist ein verfluchter Kerle, aber Recht hat er,“ sagte Martin zu Stephan.

      Reinhard sass bei dem Schulmeister auf der Orgel, der brausende Orgelklang that ihm wundersam wohl, er durchzitterte sein ganzes Wesen wie ein frischer Strom. Die Bärbel, die ihn jetzt von unten sah, dachte in sich hinein: Er ist doch brav! Wie seine Augen so fromm leuchten! Reinhard hörte nur den Anfang der Predigt. An den Text: ,,Lasset euer Brod über das Meer fahren,“ wurde eine donnernde Strafrede angeknüpft, weil das ganze Dorf sich verbunden hatte, nichts für das zu errichtende Kloster der barmherzigen Schwestern beizusteuern. Reinhard verlor sich bei dem eintönigen und nur oft urplötzlich angeschwellten Vortrage in allerlei fremde Träumereien. Drunten aber lag die Bärbel auf den Knien, presste ihre starken Hände inbrünstig zusammen und betete für Lorle; sie konnte nun einmal den Gedanken nicht los werden, dass dem Kinde Gefahr drohe, und sie betete immer heftiger und heftiger; endlich stand sie auf, fuhr sich mit der Hand bekreuzend über das Gesicht und wischte alle Schmerzenszüge daraus weg.

      Der Orgelklang erweckte Reinhard wieder, er verliess mit der Gemeinde die Kirche. Nicht weit von der Kirchenthüre stand die Bärbel seiner harrend; indem sie ihr Gesangbuch hart an die Brust drückte, sagte sie zu Reinhard: „Grüss Gott!“ Er dankte verwundert, er wusste nicht, dass sie ihn erst jetzt willkommen hiess.

      Als Reinhard nun noch einen Gang vor das Dorf unternahm, begegnete ihm der Collaborator mit einem gespiessten Schmetterling auf dem Mützenrande.

      „Was hast du da?“, fragte Reinhard.

      ,,Das ist ein Prachtexemplar von einem papilio Machaon, auch Schwalbenschwanz genannt; er hat mir viel Mühe gemacht, aber ich musste ihn haben, mein Oberbibliothekar hat noch keinen in seiner Privatsammlung; es waren zwei, die immer in der Luft mit einander kosten, immer zu einander flatterten und wieder davon; sind glückselige Dinger, die Schmetterlinge! Ich hätte sie gern beide gehabt oder bei einander gelassen, habe aber nur einen СКАЧАТЬ