Die Frau Professorin. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte. Auerbach Berthold
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Название: Die Frau Professorin. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte

Автор: Auerbach Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726614527

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СКАЧАТЬ Pfarrer in seiner Strafpredigt: Meine lieben Zuhörer, ich predige nicht nur für euch, ich predige auch für mich. — Lass und leben! leben! Der Hollunder blüht, er blüht und nicht blos damit ihr Euch einen Thee daraus abbrüht, wenn ihr euch erkältet habt.“

      ,,Entschuldige, wenn ich dir sage,“ bemerkte der Collaborator in zaghaft rücksichtsvollem Tone, ,,es steckt mehr Romantik in dir als du glaubst, das war ja auch die blaue Blume der Romantiker: ohne alle Reflexion zu sein, im Volgenuss des Nichtwissens.“

      „Bin nicht ganz einverstanden, aber meinetwegen heiss’ es Romantik, wenn das Kind einen Namen haben muss.“

      Reinhard stand halb angekleidet am Fenster und sog die Morgenluft in vollen Zügen ein; plötzlich prallte er zurück, der Collaborator sprang schnell an das leere Fenster und sah hinaus. Das Wirthstöchterlein ging über den Hof, luftig gekleidet, ohne Jacke und barfuss. Eine Schaar junger Enten umdrängte sie schnatternd.

      „Ihr Fresserle,“ schalt sie und verzog Damit trotzig den Mund, ,,könnet’s nicht verwarten, bis eure Kröpfle vollgestopft sind? Euch solltʼ man alle Viertelstund’ anrichten, nicht wahr? Nur stet, ich hol’s ja, nur Geduld, ihr müsset halt auch Geduld lernen; aus dem Weg! ich tret’ euch ja.“

      Die jungen Entchen hielten an, als ob sie die Worte verständen, das Mädchen ging nach der Scheune und kam mit Gerste in der Schürze wieder. „Da,“ sagte sie, eine Handvoll ausstreuend, „g’segn’ euch’s Gott! Gunnet’s euch doch, ihr Neidteufel und purzelt nicht über einander weg, scht!“ scheuchte sie und warf eine Handvoll Gerste weiter abseits, „ihr Hühner, bleibt da drüben.“ Der Hahn stand auf der Leiter an der Scheune und krähte in die Welt hinein. „Kannst’s, noch, accurat wie gestern,“ sagte das Mädchen sich verbeugend, „komm’ jetzt nur ’runter; bist halt grad wie die Mannsleut’, die lassen immer auf sich warten, wenn das Essen auf dem Tisch steht.“

      Der Hahn kam auch herabgeflogen und liess sich’s wohl schmecken, plauderte aber viel dabei; wahrscheinlich hatte er eben etwas Geistreiches oder Possiges gesagt, denn eine gelbe Henne, die gerade ein Korn aufgepickt hatte, schüttelte den Kopf und verlor das Korn. Der Galante sprang behende herzu, holte das Verlorene und brachte es mit einem Kratzfusse, einige verbindliche Worte murmelnd.

      „Guten Morgen, Jungferle,“ rief jetzt der Collaborator in den Hof hinab; das Mädchen antwortete nicht, sondern sprang wie ein Wiesel davon und ins Haus; die jungen Enten und die Hühner schauten bedeutsam nach dem Fenster hinauf, sie mochten wol ahnen, dass von dorther die Störung gekommen war, die ihnen die fernere Nahrung entzog.

      „Das ist ein Mädchen! ach, das ist ein Mädchen!“ rief der Colaborator in die Stube gewendet und ballte beide Fäuste zum Himmel; er durchmass hierauf zweimal ohne zu reden die Stube, stellte sich dann vor Reinhard und begann wieder:

      ,,Da hast du’s, ich kann weiter nichts sagen als: das ist ein Mädchen. Kein Epitheton genügt mir, keines. Hier haben wir ein Gesetz der Volkspoesie, sie gibt den vollsten Ausdruck, macht die tiefste Wirkung oft blos durch das einfache Substantiv, ohne Epitheton; meiner Sprache steht jetzt in solcher Entzückung nicht mehr zu Gebote, als der eines Bauernburschen.“

      „Was hältst du davon, wenn wir uns mit dem Epitheton „göttlich“ begnügten?“

      „Spotte jetzt nicht, das Mädchen musst du malen, wie es dastand, eins mit der Natur, zu ihr redend und von ihr begriffen, die vollendete Harmonie.“

      „Es wäre allerdings etwas nie Dagwesenes: ein Mädchen im Hühnerhofe.“

      „Nun, wenn auch nicht so, das Mädchen musst du malen, hier ist dir ein süsses Naturgeheimniss nahegestellt, du“ —

      „Ins Teufels Namen, so schweig doch still, wenn es ein Geheimniss ist. Du schwatzest schon am frühen Morgen, dass man nicht mehr weiss, wo Einem der Kopf steht.“

      Die beiden Freunde sassen eine Weile lautlos bei einander; endlich sagte der Collaborator aufstehend:

      ,,Du hast Recht, der Morgen ist wie die stille Jugendzeit, da muss man den Menschen allein lassen, für sich, bis er nach und nach aus sich erwacht; man soll ihn nicht aufrütteln. Ich gehe in den Wald, du gehst doch nicht mit?“

      „Nein.“

      Der Collaborator ging und Reinhard sass lange still, das viele Reden und Rütteln des Collaborators hinterliess ihm die Empfindung, als ob er von einer geräuschvollen Reise käme; die ruhige Spiegelglätte des Morgenlebens war ihm zu hastigen Wellen aufgehetzt. Reinhard war verstimmt und nervengereizt, er legte sich nochmals auf das Bett und verfiel in leisen Schlummer. Die Glocken des Kirchthurms weckten ihn, es läutete zum Erstenmal zur Kirche. Reinhard ging hinab in die Küche; die Bärbel, seine alte Gönnerin, die sonst so freundlich mit ihm geplaudert hatte, war unwirsch, sie sagte, er solle nur in die Stube gehen, sie hielte ihm schon seit drei Stunden den Kaffee bereit und man könne ja das Feuer nicht ausgehen lassen von seinetwegen. Reinhard war eben im Begriffe ihr eine barsche Antwort zu gehen, er hatte es genug, sich über den gestrigen Scherz hart behandeln zu lassen, da hörte er die Stimme Lorle’s von der Laube:

      „Bärbel, komm ause, guck ob’s so recht ist.“

      „Komm’ du ’rein, ist grad so weit; mach nur fort, es wird schon recht sein.“

      Ohne eine Antwort gegeben zu haben, verliess Reinhard die Küche, er ging aber nicht in die Stube, sondern fast unhörbar nach der Laube. Ungesehen von dem Mädchen konnte er dasselbe eine Weile beobachten; er stand betroffen beim ersten Anblick. Das war ein Antlitz voll seligen, ungetrübten Friedens, eine süsse Ruhe war auf den runden Wangen ausgebreitet; diese Züge hatte noch nie eine Leidenschaft durchtobt oder ein wilder Schmerz, ein Reuegefühl verzerrt, dieser feine Mund konnte nichts Heftiges, nichts Niedriges aussprechen, eine fast gleichmässige zarte Röthe durchhauchte Wange, Stirn und Kinn, und wie das Mädchen jetzt mit niedergeschlagenen Augen das Bügeleisen still auf der Halskrause hielt, war’s wie der Anblick eines schlafenden Kindes; als es jetzt die Krause emporhob, die grossen blauen Augen aufschlug und den Mund spitzte, trat Reinhard unwillkürlich mit Geräusch einen Schritt vor.

      „Guten Morgen, oder bald Mittag,“ nickte ihm Lorle zu.

      „Schön Dank, seid Ihr wieder gut?“

      „Ich bin nicht bös gewesen, ich wüsst’ nicht warum. Habt Ihr gut geschlafen?“

      „Nicht so völlig.“

      „Warum? Habt Ihr was träumt? Ihr wisset ja, was man in der ersten Nacht in einem fremden Bett träumt, das trifft ein.“

      ,,Aber mein Traum nicht.“

      „Nun, was ist’s denn gewesen? Dürfet Ihr’s nicht sagen?“

      ,,Ganz wohl, und Euch besonders, ich hab’ von Euch träumt.“

      „Ach, von mir, das kann nicht sein. Gucket, machet mir keine Flatusen; es hat mich verdrossen, wenn Ihr mich früher Grundel geheissen habt, aber es wär’ mir noch lieber, wenn Ihr so saget, als wenn Ihr mir so was Gaukliches vormachet.“

      „Ich kann ja auch was träumt haben, das gar kein’ Flatuse ist. Machet aber nur kein Gesicht, es ist nichts Böses, es ist blos dumm. Mir hat’s träumt, ich sei mit Euch auf dem Bernerwägele gesessen und Euer Rapp war angespannt, und hat eine grossmächtige Schelle um den Hals gehabt, die hat geläutet wie die Kirchenglock’, und der Kapp ist nur so durch die Luft dahingeflogen, seine Mähne ist hoch aufgestanden und man hat kein Rad gehört und wir sind doch immer fort und fort. Ich hab’ den Rapp СКАЧАТЬ