Nikomachische Ethik. Aristoteles
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Название: Nikomachische Ethik

Автор: Aristoteles

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 4064066388263

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СКАЧАТЬ weil jedes Wesen sich seiner natürlichen Vollendung freut. Die Lust begleitet die Tätigkeit und folgt aus ihr; sie erleichtert aber auch die Tätigkeit, steigert und vollendet sie. Wie die Tätigkeit, so ist die Lust. Sie ist um so größer, je vollkommener die Tätigkeit ist, und diese ist wieder um so vollkommener, je besser ihr Objekt und in je besserer Verfassung die tätige Potenz ist. Die Lust ist auch um so reiner, je weiter das Tätige oder sein Vermögen von der Materialität entfernt ist. Nun hat jedes lebendige Wesen seine eigentümliche Lust, weil jedes seine eigentümliche Tätigkeit hat. So wird auch die eigentümlich menschliche Lust in der eigentümlich menschlichen Tätigkeit liegen, und das ist das Denken. Sie heißt nicht mehr einfach Lust, sondern Glückseligkeit. Sie ist unter allen Lüsten die reinste, weil immateriell und geistig, und ist für den Einzelnen um so größer, je vollkommener sich in ihm das Leben des Geistes entfaltet hat. Jede tugendgemäße Tätigkeit beglückt den Menschen, weil jede Tugend am Geistigen teil hat. Sie ist entweder Verstandestugend oder doch Tugend des Willens, der am Verstande teil hat, indem er ihm gehorcht. Am meisten aber beglückt die Tätigkeit gemäß der Tugend der Weisheit, eine Tätigkeit, die in Erforschung und Betrachtung der ewigen Wahrheiten besteht. Sie gehört dem vernünftigen Seelenteile als solchem an, nicht blos insofern die Seele, wie im Willen, an der Vernunft teil hat; und sie hat zum Gegenstand das Beste, das wesentlich Gute und Göttliche. Diese Tätigkeit des Denkens und der Betrachtung ist darum die eigentliche Bestimmung des Menschen; sie gibt ihm wahre Befriedigung und bringt sein Begehren und Streben zur Ruhe. Sie ist auch das Staatsziel, insofern alle Wohltaten, die wir von dem Staate erwarten, Friede, Ruhe, Sicherheit und Wohlstand, es uns möglich machen, dem Leben des Geistes obzuliegen.

      Man besorge aber darum nicht, daß Aristoteles die Tugend und Vollendung des Menschen einseitig in den Verstand lege. Die Verstandestugenden sind ihm von den Charaktertugenden unzertrennlich. Eben darum sind sie ja auch Tugenden. Der Wille, wie Aristoteles mit tiefem psychologischen Verständnis lehrt, beeinflußt die Erkenntnis. Verkehrtes Begehren verkehrt auch das Denken und Urteilen. Wie darum unserem Philosophen zufolge die Verstandestugend der Klugheit eine wahre Tugend und demnach mit Schlechtigkeit unverträglich ist, so gilt ihm dasselbe noch in höherem Grade von der Weisheit. Er würde, wenn er es gekannt hätte, das ernste und erhabene Wort aus dem göttlichen Buche von Herzen unterschrieben haben, das Wort: in malevolam animam non introibit sapientia, nec habitabit in corpore subdito peccatis, Sap. I, 4.

      Wir haben hiermit die Anlage und den Grundgedanken der Nikomachischen Ethik in aller Kürze dargelegt. Der griechische Text scheint, abgesehen von Kleinigkeiten, in großer Reinheit und Unversehrtheit auf uns gekommen zu sein. Das gilt mit ganz kleinen Ausnahmen auch vom fünften Buche. Der gegenwärtigen Übersetzung liegt die große Bekkersche Ausgabe der Königlich-Preußischen Akademie vom Jahre 1831 zugrunde. Von ihr sind wir nur drei oder viermal abgewichen, was wir jedesmal in Fußnoten bemerken.

      Es wäre sehr wünschenswert, wenn unsere Leser die kleine kritische Separattextausgabe von Susemihl und Apelt, Leipzig, Teubner 1903 zur Hand hätten. In dieser Ausgabe sind in einem eigenen Appendix, S. 278 ff., alle Stellen der Nikomachischen Ethik angegeben, die in eben diesem Werke zitiert werden. Sodann enthält sie S. 247–278 einen sehr dankenswerten alphabetischen Index. Ferner bringt sie nach der Präfatio wertvolle literarische Notizen: ein Verzeichnis der gedruckten griechischen Textausgaben der Ethik vom fünfzehnten Jahrhundert bis zum Jahre 1900; es umfaßt nicht weniger als 43 Nummern; ein Verzeichnis der Ausgaben von Stücken der Ethik; ein Verzeichnis der Übersetzungen ins Lateinische und lebende Sprachen. Von deutschen Übersetzungen der ganzen Ethik nennt sie seit dem Jahre 1791 sechs. Ihnen ist beizufügen die Übertragung von Professor Adolf Lasson vom vorigen Jahre, Jena, Diederichs.

      Auch die Kommentare werden bei Susemihl-Apelt namhaft gemacht: die drei griechischen, die seit 1889 im Auftrag der Berliner Kgl. preuß. Akademie der Wissenschaften von Heylbut neu ediert worden sind, und die drei lateinischen von Muret, Kamerarius und Giphanius, die scheints seit langem nicht mehr neu aufgelegt worden sind. Bezeichnender Weise fehlt in dem Verzeichnis der lateinische Kommentar von Thomas von Aquin, † 1274: Sancti Thomae Aquinatis Commentarium in X Libros Ethicorum ad Nicomachum. Grade dieser Kommentar aber ist für die Erklärung der Ethik, wie überhaupt die Thomaskommentare für die Aristoteleserklärung, von unschätzbarem Werte. Thomas ist ein dem Aristoteles kongenialer Geist. Diese beiden Männer ragen in der Reihe der anderen Geisteskoryphäen, die uns die Jahrhunderte und Jahrtausende gebracht haben, in ganz eigener Größe empor. Thomas ist auch der Dolmetsch der Auffassung des Aristoteles seitens der mittelalterlichen Wissenschaft. Wenn ich in der vorliegenden Übersetzung und Erklärung der Ethik den Kommentar von Thomas mit Vorzug benutzt habe, so gibt mir das die Hoffnung, daß ich auch nach den trefflichen Leistungen meiner Vorgänger keine überflüssige Arbeit bringe.

      In dem Verzeichnis bei Susemihl-Apelt fehlt auch der lateinische Kommentar des italienischen Jesuiten Silvester Maurus, † 1687, der eine Paraphrase zu sämtlichen Werken des Aristoteles verfaßt hat. Von derselben sind 4 Bände von Franz Ehrle S. J. neu ediert worden, Paris, Lethielleux 1885/86. Auch dieser Kommentar hat mir gute Dienste geleistet. Bei Maurus, der ein tüchtiger Grieche war, ist die philologische Seite der Aufgabe mehr berücksichtigt worden als bei Thomas, der ihm übrigens in der philosophischen Auslegung der aristotelischen Gedanken maßgebend ist.

      Brühl, Rheinland, den 17. Aug. 1910.

      Rolfes.

      Erstes Buch.

       Inhaltsverzeichnis

      Erstes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      (1094a) Jede Kunst und jede Lehre, desgleichen jede Handlung und jeder Entschluß1, scheint ein Gut zu erstreben2, weshalb man das Gute treffend als dasjenige bezeichnet3 hat, wonach alles strebt. Doch zeigt sich ein Unterschied der Ziele. Die einen sind Tätigkeiten, die anderen noch gewisse Werke oder Dinge außer ihnen. Wo bestimmte Ziele außer den Handlungen bestehen, da sind die Dinge ihrer Natur noch besser als die Tätigkeiten4.

      Da der Handlungen, Künste und Wissenschaften viele sind, ergeben sich auch viele Ziele. Das Ziel der Heilkunst ist die Gesundheit, das der Schiffsbaukunst das Schiff, das der Strategik der Sieg, das der Wirtschaftskunst der Reichtum. Wo solche Verrichtungen unter einem Vermögen stehen, wie z. B. die Sattlerkunst und die sonstigen mit der Herstellung des Pferdezeuges beschäftigten Gewerbe unter der Reitkunst, und diese wieder nebst aller auf das Kriegswesen gerichteten Tätigkeit unter der Strategik, und ebenso andere unter anderen, da sind jedesmal die Ziele der architektonischen, d. h. der leitenden Verrichtungen vorzüglicher als die Ziele der untergeordneten, da letztere nur um der ersteren willen verfolgt werden. Und hier macht es keinen Unterschied, ob die Tätigkeiten selbst das Ziel der Handlungen bilden oder außer ihnen noch etwas anderes, wie es bei den genannten Künsten der Fall ist5.

      Wenn es nun ein Ziel des Handelns gibt, das wir seiner selbstwegen wollen, und das andere nur um seinetwillen, und wenn wir nicht alles wegen eines anderen uns zum Zwecke setzen – denn da ginge die Sache ins unendliche fort, und das menschliche Begehren wäre leer und eitel –, so muß ein solches Ziel offenbar das Gute und das Beste sein. Sollte seine Erkenntnis nicht auch für das Leben eine große Bedeutung haben und uns helfen, gleich den Schützen, die ein festes Ziel haben, das Rechte besser zu treffen? So gilt es denn, es wenigstens im Umriß darzustellen, und zu ermitteln, was es ist und zu welcher Wissenschaft oder zu welchem Vermögen6 es gehört.

      Allem Anscheine nach gehört es der maßgebendsten und im höchsten Sinne leitenden Wissenschaft an, und das (1094b) ist offenbar die Staatskunst. Sie bestimmt, welche Wissenschaften oder Künste und Gewerbe in den Staaten vorhanden sein, und welche und wie weit sie von den Einzelnen erlernt werden СКАЧАТЬ