Название: Nice Girls
Автор: Louise Boije af Gennäs
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги о Путешествиях
isbn: 9788711475133
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Charlie hatte schräg hinter ihr auf dem Abschlagplatz gestanden und ihre Bewegungen beobachtet. Er sah sie den Hals recken, um einen Schläger auszuwählen, er sah die kleinen hellen Härchen auf ihrem Unterarm im Gegenlicht, als sie mit dem Driver ausholte, er sah, wie sie den Mund ein wenig verzog, als sie ihrer Freundin leise einen Scherz zumurmelte und einen verstohlenen Blick über die Schulter warf – ein wenig befangen; sie wußte, daß sie beobachtet wurde.
Das erhöhte die Spannung.
Was für ein Typ war sie? Würde sie wegen der Zuschauer danebenschlagen? Oder gehörte sie zu der dickfelligeren Sorte?
Zu Charlies großem, unverhülltem Entzücken zog sie den Schirm der Sportmütze etwas tiefer in die Stirn, zielte mit dem Schläger, verlagerte das Gewicht von einem Bein aufs andere und lieferte einen perfekten Abschlag, so daß der Ball in einem brillanten Bogen aufstieg, erst langsam an Geschwindigkeit zunahm und dann über dem wogenden Gras auf das Loch zuschoß. Danach zog sie erneut die Mütze über den Augenbrauen zurecht, wandte sich zu Charlie um und lächelte, ein breites, herausforderndes, ironisches Was-hab-ich-gesagt-Lächeln, das ihn weich in den Knien und kampflustig zugleich werden ließ, drehte ihm den Rükken zu und ging.
Es wurde ein heißer Sommer.
8.
Cattas Bilder waren das erste, was Charlie zu sehen bekommen hatte, als er nach ihrem gemeinsamen Falsterbo-Sommer nach Stockholm zurückgekehrt war.
Sie waren beide braungebrannt und ausgeruht, und Catta sah einem Herbst voller harter Arbeit entgegen, der sie im Malen bedeutend vorwärtsbringen würde. Siegesbewußt hatte sie die Tür zu ihrem eigenen, relativ kürzlich eingerichteten Arbeitszimmer geöffnet und Charlie eintreten lassen.
Als erstes sah er sich im Zimmer um und brach in Lachen aus. Nicht über die Gemälde, denn die standen alle mit der bemalten Seite zur Wand. Eher war es das Zimmer selbst, das Charlie komisch, ja ein bißchen rührend fand. In einer Ecke stand noch immer das alte Waschbecken der Dienstmagd, in das Catta eine altertümliche, blaugeblümte Porzellankanne mit ihren Pinseln gestellt hatte. In einer anderen Ecke waren Strahler angebracht, damit sie ihre Bilder bei starkem elektrischem Licht sehen konnte, wenn ihr danach war. Auf einer Bank lagen alle halb ausgedrückten Ölfarbentuben, und in dichtschließenden Gläsern verwahrte sie ihr Leinöl und verschiedene Terpentine. Auf dem Fensterbrett stand ein altes Radio.
Charlie hatte all das betrachtet, gelacht und sich mit einem gerührten kleinen Lächeln zu ihr umgedreht.
»Liebling!« rief er amüsiert und küßte sie auf den Mund. »Also das hier ist deine kleine Werkstatt!«
»Und?« fragte Catta feindselig.
»Ach nichts!« sagte Charlie. »Ich finde es nur so süß, das ist alles.«
Mit einemmal verrann ihre Freude, wie schäumendes Spülwasser aus einem Becken.
Zurück blieb nur ein Gefühl, blank wie Stahl: Sie war lächerlich mit ihren Träumen und ihren halbherzigen Versuchen, allen Ernstes zu malen. Plötzlich erschien auch ihr der Raum affig: Der desperate Versuch eines verwöhnten Mädchens, die Zeit zwischen Partys und Besuchen bei der Schneiderin totzuschlagen. Nicht einmal die Bilder konnten sie froher stimmen. Sie drehte lustlos ein Gemälde nach dem anderen um, mit dem zunehmenden Gefühl in der Brust, sich vor einem Fremden zu entkleiden, und trotz Charlies ermunternder Ausrufe konnte sie ihr Mißbehagen nicht abschütteln.
»Schätzchen, sie sind wirklich gut!« hatte er mit Inbrunst gesagt, als das letzte Bild umgedreht war. »Daß du so viel Talent hast! Wollen wir jetzt essen gehen?«
Catta hatte ihre eigenen Bilder feindselig angesehen.
Wie plump sie waren, wie kindisch und amateurhaft. Zu Hause bei Charlie gab es richtige Kunst, abstrakte Gemälde von Künstlern wie Jim Dine und Tapiès, gekauft für akzeptable Summen, ehe die Künstler richtig berühmt wurden. Charlie hatte ein Gefühl für Kunst, richtige Kunst.
»Komm«, hatte Catta gesagt und ihn aus ihrem Arbeitszimmer geleitet.
Das Unbehagen und das Gefühl der Peinlichkeit verschwanden den ganzen Abend nicht.
Es hatte Tage gedauert, bis sie das Zimmer überhaupt wieder betreten konnte.
9.
Um vier waren die meisten Gäste endlich gegangen.
Stella war mit Benjamin und seinen Kumpels zu einem inoffiziellen Konzert im ›Dixie Queen‹ verschwunden. Lizzie hatte Frank schon gegen zwei ins ›Café Opera‹ geschickt, zusammen mit einem Trupp alter Schulkameraden und deren Männern oder Frauen, die bei dem Gedanken, zum erstenmal seit Jahren wieder richtig auszugehen, ganz kribblig und aufgedreht waren. Die anderen Gäste hatten sich zu einem Nachfest in die Kommendörsgatan begeben.
Jetzt lag Catta auf einem Sofa, den Arm über dem Gesicht und die Füße auf der Stereoanlage. Aus den Lautsprechern röhrte eine CD mit ABBAs Greatest Hits: ›Dancing Queen, young and sweet, only seventeen, ooh-ooh ...‹
Gunvor ging im Zimmer umher und leerte die Aschenbecher. Sie und Lizzie warfen sich über Cattas Gestalt hinweg einen Blick zu. Doch ehe sie etwas tun konnten, war plötzlich Cattas kratzige, betrunkene Stimme aus der Tiefe des Sofas zu vernehmen.
»So, jetzt bin ich also neunundzwanzig«, sagte sie. »Toll ist das.«
»Wo ist Charlie?« fragte Gunvor.
»Was glaubst du wohl?« gab Catta die Frage zurück.
»Sollte sie nicht auf dem Lande sein?«
»Nichts da. Sie weiß doch, daß ich Geburtstag habe. Sie sitzt zu Hause mit einer Eieruhr in der Hand und tut so, als sähe sie sich ein Video an.«
»Mein Gott, wie tragisch«, sagte Lizzie, ohne nachzudenken. Im nächsten Augenblick war Catta vom Sofa aufgesprungen und stand auf Strümpfen vor ihr, das Escada-Kleid verrutscht und die Wimperntusche unter den Augen verschmiert.
»Denkst du denn, ich begreife das nicht selber?« schrie sie.
Lizzie erschrak. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte.
»Beruhige dich«, sagte sie. »Ich habe nicht gemeint ...«
»Glaubst du, ich bin zu dumm, um zu verstehen, was ihr und alle anderen denkt?« schrie Catta. »Auch wenn ihr euch nicht traut, es laut zu sagen? Glaubst du, ich begreife nicht, in welcher Scheiße ich stecke? Und er, Charlie, ist nur die Spitze des Eisbergs! Er ist nur das oberste Stückchen Spitze, was zu sehen ist!«
Ehe einer sie hindern konnte, war Catta zur Stereoanlage gestürzt und hatte die Lautstärke noch weiter aufgedreht.
»Dancing Queen!« brüllte sie mit krächzender Stimme. »Young and sweet, only seventeen!«
Gunvor ging den Ton leiser drehen.
»Laß das!« schrie Catta. »Ich muß singen! Ich will singen!«
Sie begann mit Gunvor zu streiten, die darauf wartete, den Ton leiser zu stellen. Plötzlich flog Cattas Hand durch die Luft und traf Gunvors СКАЧАТЬ