Nice Girls. Louise Boije af Gennäs
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Nice Girls - Louise Boije af Gennäs страница 14

Название: Nice Girls

Автор: Louise Boije af Gennäs

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги о Путешествиях

Серия:

isbn: 9788711475133

isbn:

СКАЧАТЬ konnte nicht komponieren, doch sie wußte, daß sie die Sprache beherrschte. Keines der eigenen Lieder der Band war jemals weitergekommen, weil sie alle vor gut zehn Jahren mit der Musik aufgehört hatten. Als Lizzie dann ihre ersten Gedichte gedruckt gesehen hatte, stubenreine veröffentlichte Lyrik, hatte sie ein ungeheures Wohlgefühl erfaßt: Das hatte sie zustande gebracht, ganz allein sie.

      Dennoch fehlte etwas.

      Es war kein Rhythmus mehr dagewesen, keine wütende Gitarre, kein Baßhämmern unter ihren Fingern.

      8.

      Schon in der ersten Septemberwoche des Herbstes, in dem sie alle gerade in die Neunte gekommen waren, hatten sie Sportfest. Stella, die von allen am längsten in Lundsberg gewesen war, erklärte ihnen schon vor dem Frühstück, das beste, was man tun könne, sei, vormittags Waldwandern und nach dem Essen Fußball zu wählen. Im ersteren Fall könne man ungestört rauchen, sagte sie, und sich im anderen Fall den Fuß verstauchen und ausgetauscht werden. Dann könne man einfach dasitzen und zusehen, und das täten die Jungen auch, also mache es Spaß.

      Gunvor lag es wie Blei im Magen. Sollte sie keinen Sport treiben dürfen? Das war es doch, was sie am besten beherrschte, wofür sie in ihrer alten Schule die meiste Kraft und Zeit aufgewendet hatte!

      Mit klopfendem Herzen hatte sie draußen im Duschraum allen Mut zusammengenommen und mitgeteilt, sie habe die Absicht, Leichtathletik für den Fünfkampf zu trainieren.

      Stella hatte sie mit Widerwillen angesehen.

      »Bist du eine von der tüchtigen Sorte?« hatte sie durch ihre Zahnspange gelispelt.

      »Ich bin supertüchtig«, hatte Gunvor geantwortet, hatte die Zahnbürste in den Mund gesteckt und war Stellas Blick ausgewichen.

      Das Herz hatte ihr so heftig in der Brust geklopft, daß es schmerzte. Sollte sie nun doch allein bleiben? Wo sie doch so viel Spaß zusammen gehabt hatten! Doch zu ihrem Erstaunen waren Catta und auch Lizzie ihr zu Hilfe gekommen.

      »Ich will auch Leichtathletik machen«, hatte Lizzie gesagt, die in ein Handtuch gehüllt auf dem Weg zur Dusche war. »Ich finde das gut.«

      »Ich will Fußball spielen«, hatte Catta hinzugefügt. »Aber ich gedenke mir nicht den Fuß zu verstauchen. Kann man nicht gegen die Jungs spielen?«

      Stella hatte kein Wort mehr gesagt. Sie hatte nur nach unten gesehen und Zahnpasta auf die Zahnbürste gedrückt. Aber als sie wieder aufgeschaut und Gunvor im Spiegel angesehen hatte, war ihr Mund voller Schaum, und ihre Augen waren platt wie Steine gewesen.

      9.

      Der Sportplatz war voller Schüler aller Altersgruppen gewesen, die meisten groß und furchterregend. Gunvor war von einer kleinen Schule gekommen, und sie war es nicht gewohnt, Gymnasiasten um sich herum zu haben. Wie riesig sie waren! Sie sahen alle so erwachsen aus; die Mädchen mit Brüsten und hohen Backenknochen und die Jungen mit behaarten Beinen wie die Männer und dunklen Stimmen. Sie schienen sich alle so gut zu kennen wie Geschwister. Wie sollte sie jemals Einlaß in diese Gemeinschaft finden? Wie sollte sie es überhaupt wagen, zusammen mit diesen Schülern Sport zu treiben? Sie waren sicher allesamt viel besser als sie.

      Zögernd hatte Gunvor mit dem Aufwärmen begonnen. Aber dann hatte sie sich ein Herz gefaßt und war die sechzig Meter gelaufen. Der cholerische Sportlehrer hatte sie selbst gestoppt und sie gelobt; glatte neun Sekunden, das war nicht gerade schlecht. Lizzie hatte sich Gunvor beim Schlagballweitwurf angeschlossen, und dann wollten sie beide das erstemal Kugelstoßen probieren. Gunvor fand allmählich, das Sportfest mache trotz allem richtig Spaß.

      Sie hatten sich ganz hinten an eine Schlange Mädchen anstellen müssen, und nach ein paar Minuten war Gunvor an der Reihe. Der Sportlehrer stand mit dem Rücken zu ihr, doch die Hilfskraft – ein Junge aus der Neunten mit gebrochenem Fuß, der auf seine Krücken gestützt dastand und Anweisungen erteilte – rief Gunvor zu, sie solle stoßen. Sie hob die Kugel zur Schulter und stieß.

      Allzuspät bemerkte sie, daß das Mädchen, das vor ihr in der Reihe gestanden hatte, noch nicht auf den Rasenplatz zurückgekehrt war, und offenbar hatte auch die Hilfskraft sie übersehen. Die Kugel blinkte in der Luft, sie beschrieb einen unerbittlichen, blitzschnellen Bogen und traf das Mädchen mit voller Wucht – nicht am Kopf, aber doch am Brustkorb. Sie schrie auf und ging in die Knie. Die Kugel rollte böse glitzernd ins Gras. Gunvor stand wie versteinert.

      Plötzlich ging alles sehr schnell. Der Sportlehrer stand vor Gunvor und schalt sie in allen Tonarten, und das Mädchen wurde weinend vom Platz geführt, von zwei Freundinnen gestützt, um die Krankenstation aufzusuchen. Eine Menge fremder Gesichter umringte sie und starrte dieses Monster von neuer Schülerin feindselig und böse an. Wie konnte sie so tolpatschig sein und eine von ihnen, eine von den alteingesessenen Schülerinnen, einer solchen Gefahr aussetzen? Gunvor drehte ihren Kopf ruckartig nach der einen, dann nach der anderen Seite, doch wohin sie auch blickte, überall sah sie nur fremde Gesichter. Die Floskeln des Sportlehrers klangen ihr zusammenhanglos in den Ohren.

      »... mußt dich vorsehen, sonst kannst du noch jemanden schlimm verletzen! ...«

      »... eine Hauptregel hier an der Schule und in jedem Sport: Man geht vorsichtig miteinander um! ...«

      »... wenn man im Kugelstoßen nicht geübt ist, tut man es nicht ohne ordentliche Hilfestellung! ...«

      Über der Schulter des Lehrers sah Gunvor plötzlich das Gesicht der Hilfskraft. Er stand schweigend und abweisend da und sah sie nur mit einem feindseligen Ausdruck im Gesicht an. Nicht mit einer Miene ließ er erkennen, daß er es gewesen war, der gesagt hatte, sie solle die Kugel stoßen. Gunvor brachte es einfach nicht über sich, es laut zu sagen, auch sie nicht.

      Statt dessen drehte sie sich um und rannte los, drängte sich blind und mit gespreizten Fingern direkt durch den Haufen atemloser, verschwitzter und neugieriger Schüler in Trainingsanzügen, vorbei an den starrenden Blicken und ohne auf die Rufe zu hören, die sie aufzuhalten versuchten. Sie floh in blinder Panik über die Straße und hinein ins Gestrüpp, und nicht ehe sie sich, hinter ein paar großen Büschen versteckt, auf einer Lichtung ganz dicht an einer sonnenüberfluteten, rotbraunen Hüttenwand wiederfand, gestattete sie sich selbst, Luft zu holen, zusammenzusinken und das Gesicht in den Händen zu vergraben.

      Zum erstenmal, seit sie in die Schule gekommen war, weinte Gunvor, und als sie erst einmal damit angefangen hatte, quoll es, ohne aufzuhören, aus ihr heraus. Keiner hörte sie, keiner konnte sie trösten, sie war ganz allein auf der Welt an einem fremden Ort, unter fremden Menschen, und sie weinte, als könnte sie nie wieder aufhören.

      Plötzlich fühlte sie eine Hand auf ihrer Schulter und zuckte zusammen. Zwischen ihren verschmierten Fingern blickte sie auf, und da saß Lizzie. Lizzie, lieb lächelnd, die geraden Augenbrauen leicht hochgezogen, ihre Schulter streichelnd, reichte ihr ohne ein Wort ein Tempo, das sie in ihrer Trainingsjacke gehabt hatte.

      Gunvor schneuzte sich. Dann wallten die Tränen erneut auf, und sie schluchzte über dem Taschentuch: »Ich ... habe Heimweh nach Hause ... nach Mama ... und Papa ...«

      Jetzt blamierte sie sich wohl für alle Zeiten. Hier saß sie, vierzehn Jahre alt, und benahm sich wie ein Wickelkind vor dieser beherrschten Lizzie, die nie etwas anderes als Ruhe und Harmonie zu kennen schien und die in der Klasse schon Jungen als Freunde hatte, mit denen sie in der Pause allein dastand und sich unterhielt! Gunvor selbst hatte es bisher lediglich gewagt, mit Mädchen zu sprechen.

      Um ihre Gefühle zu СКАЧАТЬ