Название: Lagerkoller: Sechs erotische Novellen
Автор: Ane-Marie Kjeldberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788726684292
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Jens nickte. „Kann ich gut verstehen, diese Sehnsucht.“ Er sagte nichts darüber, dass ein Kind und Ballettunterricht nicht vereinbar wären.
Stattdessen zog er seine Brieftasche hervor und nahm ein Foto heraus. Auf dem Bild war er mit einem Kind in den Armen zu sehen. Es wirkte winzig klein vor seiner breiten Brust, und sein Blick war voller Zärtlichkeit. „Das ist die kleine Tochter meiner Schwester.“
Solbjørg verspürte mit einem Mal den unbändigen Drang, ihr Kind in seine Arme zu legen.
Verrückt, dachte sie einen Moment später. Sie hatte ja kein Kind, und wenn sie eins hätte, warum sollte Jens es dann halten?
„Wollen wir schwimmen?“, fragte er, nachdem sie ein Stück weiter gegangen waren. „Oder hast du etwa deine Badesachen nicht dabei?“
Ohne ein Wort knöpfte sie ihr Blusenkleid auf und deutete auf das, was sie darunter trug.
Sein Gesicht wurde mit einem Mal feuerrot, aber dann lächelte er, als er den weißen Badeanzug bemerkte, der anstatt ihrer Unterwäsche zum Vorschein kam. „Du bist eine auf alles vorbereitete Frau. Das gefällt mir.“
Sie lachte.
Die Nordsee war kühl, aber die Wellen waren angenehm sanft zu Haut und Körper. Jens und sie schwammen ein Stück parallel zum Strand, seine Züge waren lang und ruhig.
Keiner von ihnen hatte ein Handtuch dabei, und so setzten sie sich in den Sand und ließen sich von der Sonne trocknen. Ihre rechte Hand lag neben seiner linken. Es waren nicht mehr als eineinhalb Zentimeter zwischen ihnen. Sie spürte die Wärme seiner Haut. Sie schwiegen. Vielleicht konnten sie auf diese Weise die Zeit zum Narren halten, sie stillstehen lassen.
Schließlich stand Jens doch auf und sagte, dass sie sich wohl auf den Rückweg machen mussten. Er zog sein Poloshirt über, drehte ihr halb den Rücken zu und streifte seine Badehose ab. Sie konnte einen dunklen, schweren Schatten zwischen seinen Beinen erahnen, bevor sie sich abwandte. Ihr Puls wurde unruhig, und sie befürchtete, er könne es ihr ansehen, also suchte sie rasch ihre Sachen zusammen, verschwand hinter ein paar Hagebuttensträuchern und zog sich um.
Auf dem Weg zurück zum Wagen hob er einen kleinen Stein auf. Ein Stück roter Granit mit einem verschnörkelten Streifen, der einem S glich. Er hielt ihn ihr hin: „S für Solbjørg.“
„Ich sammle Buchstabensteine“, sagte sie.
„Tatsächlich? Ich auch.“ Er lächelte.
Als sie durch Gamle Skagen fuhren, entdeckten sie beide gleichzeitig ein Zu-verkaufen-Schild im Fenster eines der kleinen Häuser. Jens hielt an, und sie schauten hinüber zu den winzig kleinen Fenstern. In diesem Moment öffnete sich die Haustür und ein Mann kam heraus, der Immobilienmakler, der Aktentasche nach zu urteilen. Der Mann bemerkte sie und ergriff seine Chance:
„Wollen Sie sich das Haus vielleicht einmal ansehen, meine Dame?“, fragte er und hob kurz seinen leichten Hut an. „Und ihr Mann selbstverständlich ebenfalls“, fügte er hinzu.
Solbjørg und Jens sahen sich an. „Ihr Mann auf jeden Fall gerne“, antwortete er. „Und was ist mit meiner Frau?“, wandte er sich ihr zu. Sie lachte.
Der Makler hielt sie für Mann und Frau, und sie ließen ihn in dem Glauben. Jens klopfte an Wände und inspizierte Türangeln, während Solbjørg die Wasserhähne auf- und wieder zudrehte und die Herdplatten in Augenschein nahm. Kurz darauf legte Jens ihr den Arm um die Schultern und zeigte ihr die Aussicht aus einer der Kammern im oberen Stock. Hoffentlich bemerkte der Immobilienmakler ihr leises Stöhnen und Jens' hämmernden Pulsschlag nicht, den sie in seiner Hand und seinem Arm wahrnahm.
Mit der Visitenkarte des Maklers in Jens' Tasche gingen sie dicht nebeneinander den schmalen Bürgersteig entlang.
Dann spürte sie Jens' kleinen Finger der linken Hand an ihrer rechten.
Sie zog die Hand nicht zurück.
Und seine Finger schoben sich zwischen ihre und hielten fest.
Sie schauten geradeaus, sagten kein Wort, gingen einfach weiter bis zu seinem Citroën.
Auch auf der Rückfahrt sprachen sie kaum miteinander. Das Leben war prickelnde Lust und gleichzeitig schwarz wie eine wolkenverhangene Dezembernacht.
Hinter der Bäckerei brachte er den Wagen zum Stehen, sodass Solbjørg diskret den Heimweg antreten konnte.
Sie brachte ein leises „Auf Wiedersehen“ hervor und war schon dabei, die Autotür zu öffnen, als er ihr linkes Handgelenk ergriff und sie sanft zurückhielt. Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf den Mund, leicht nur und ganz kurz. Lebendige, gebende Lippen, die mit aller Kraft ihr Verlangen nach den ihren zügelten.
Sie mussten aufhören, jetzt und hier. Solbjørg wusste es. Sie waren beide verheiratet, und das Gelübde einer Ehe brach man nicht einfach.
In der Nacht wachte sie auf, als Ulf an ihrer Schulter rüttelte. Verwirrt fuhr sie hoch.
„Was ist denn?“
„Bist du krank?“, fragte er. „Du stöhnst die ganze Zeit.“
„Ich habe wohl schlecht geträumt“, sagte sie und ließ sich wieder in die Kissen sinken.
„Ein Albtraum?“, fragte Ulf.
„Ja, ja vielleicht“, sagte sie.
Ulf antwortete nicht. Er schlief schon wieder.
Sie lag noch eine Weile wach und schaute hinaus ins Licht der Sommernacht. Es war kein Albtraum gewesen. Sie hatte von einem Mann geträumt, der auf ihr lag. Einem Mann, der in sie eindrang und in sie stieß, bis sie kurz vor einem Orgasmus war. Er war groß gewesen, und sie meinte, ihn noch immer in sich zu spüren.
Ulf schnarchte.
Sie musste raus. Schlug leise die Bettdecke zurück, stand auf und öffnete vorsichtig die Schlafzimmertür, schlich die Treppe hinunter und zur Hintertür hinaus. Eine leichte Brise spielte mit ihrem Nachthemd. Irgendwo oben auf der Landstraße klapperte und quietschte ein schlecht geöltes Fahrrad. Ein Fischer auf dem Weg zu seinem Boot oder ein Ferienhausbewohner, der keinen Schlaf finden konnte und umherstreifte? Sie wollte niemandem begegnen und ging rasch zum Gartenhäuschen. Drinnen zwischen Werkzeug und alten Möbeln war es nach dem sommerlichen Tag immer noch angenehm warm. Sie setzte sich auf eine wacklige Gartenbank.
Es roch nach Harz, und sie sah Jens Svarts grüne Augen vor sich. Sie griff nach einer alten Polsterauflage, rollte sie zusammen und setzte sich rittlings darauf. Dann streckte sie den Rücken durch, drückte sich auf die Rolle, sank zusammen und richtete sich wieder auf. Sie wiederholte die wellenartige Bewegung, die sie zuletzt als Teenagerin angewendet hatte. Und im fahlen Licht der Sommernacht, umhüllt vom Duft nach Harz, kam sie stöhnend zum Höhepunkt und stieß dabei immer wieder seinen Namen aus. Jens.
Ulf wäre entsetzt gewesen über die Art, wie sie sich bewegte, und über ihre Worte. Der Gedanke daran verlängerte ihren Orgasmus nur.
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