Lagerkoller: Sechs erotische Novellen. Ane-Marie Kjeldberg
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Lagerkoller: Sechs erotische Novellen - Ane-Marie Kjeldberg страница 4

Название: Lagerkoller: Sechs erotische Novellen

Автор: Ane-Marie Kjeldberg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726684292

isbn:

СКАЧАТЬ es nicht, wenn Solbjørg so redete. Das göttliche Schöpfungswerk verglich man nicht mir nichts dir nichts mit einem Kinderspielzeug, hätte er gesagt. Also behielt sie es für sich und versuchte, sich darüber zu freuen, dass er mit ihr einen Abendspaziergang unternahm. Aber seine Zurückweisungen und diese ganze Sache mit dem Zölibat formten sich zu einer kleinen, harten, eisigen Kugel in ihrer Magengegend.

      „Ich denke in letzter Zeit immer öfter an ein Kind“, setzte sie an. „Wir hatten doch besprochen, dass wir versuchen wollen, Eltern zu werden, wenn ich als Balletttänzerin aufhöre.“

      „Das ist ein paar Jahre her, dass wir darüber gesprochen haben“, entgegnete Ulf. „Und du willst doch jetzt unterrichten, oder? Das Theater hat dir doch die Stelle an der Ballettschule angeboten, und für mich hörte es sich so an, als wolltest du sie annehmen.“

      „Ich könnte ja unterrichten, bis das Kind da ist. Und dann wieder anfangen, wenn es ein halbes Jahr oder so alt ist.“

      „Und wer soll auf das Kleine aufpassen? Erwartest du etwa, dass ich mich darum kümmere?“ Er lachte.

      „Nein, natürlich nicht, aber wir könnten doch ein Kindermädchen einstellen.“

      Er seufzte tief. „Das passt ganz einfach alles nicht zusammen, Solbjørg. Erst opferst du deine besten Jahre der Tanzerei, dann willst du ein Kind, willst dich aber nicht darum kümmern, weil du anderen das Tanzen beibringen willst. Ich bin überzeugt, wir sollten nicht versuchen, ein Kind zu bekommen, wenn du gar kein Interesse daran hast, es großzuziehen. Weder jetzt noch in zwei Jahren.“

      Diese Nacht schlief sie im Gästezimmer. Es war, als hätte sie nicht nur einen Messerstich in den Rücken bekommen, sondern gleich mehrere, als Ulf plötzlich sie und ihre Vergangenheit angriff und all ihre gemeinsamen Pläne kaputt machte. Sie lag da und starrte ins Halbdunkel, während die Dünung des Meeres und die Schreie der Möwen den Klangteppich für ihre Gedanken bildeten, die sich kraftlos im Kreis drehten.

      Oben im Schlafzimmer stand Ulf am Fenster und schaute über das Wasser. Er ging zum Bett, wieder zurück zum Fenster, dann zur Kommode.

      Schließlich ließ er sich in den Schaukelstuhl sinken und rieb sich mit den Händen übers Gesicht. War er ungerecht zu ihr gewesen? Er konnte doch nicht anders. Er wagte es nicht, ein Kind zu bekommen, erst recht nicht, wenn Solbjørg sich dem Kleinen nicht mit Leib und Seele widmete. Seiner eigenen Einstellung gegenüber einem Kind war er sich genauso wenig sicher. Er hatte keine Ahnung, was nicht mit ihm stimmte. Zurzeit ging es ihm nicht gut. Er suchte Gott auf jede nur erdenkliche Weise, las in der Bibel, betete, studierte sogar Texte über katholische Heilige und andere, die mit dem Herrn in Kontakt gekommen waren. Aber nichts schien zu helfen.

      Er stand wieder auf und betrachtete sich im Spiegel, der über dem alten Waschtisch hing. Solbjørg hatte immer gesagt, er sei so ein hübscher Mann, aber wenn er sein Gesicht anschaute, sah er nichts Hübsches. Nur eine Maske, die alle zum Narren hielt, aber er konnte sie nicht abnehmen um zu sehen, was darunter war. Er hatte keine Ahnung, wie er das tun sollte.

      Am nächsten Vormittag fand Solbjørg eine Karte aus weißem Büttenpapier in einer der Schubladen im Wohnzimmer. Sie wagte es nicht, noch eine offene Postkarte zu schicken, Svarts Frau würde sich sicher wundern. Obwohl sie und Svart nichts zu verbergen hatten, steckte sie die Karte in einen Umschlag und klebte ihn sorgfältig zu, nachdem sie geschrieben hatte: „Wollen wir uns nicht duzen?“

      Zwei Tage später lag ein Umschlag mit Svarts Handschrift darauf – sie kannte sie von den Rezepten – in ihrem roten Briefkasten. Auf einem linierten Stück Papier standen nur ein paar Worte: „Gerne, du. Willst du übermorgen mitkommen nach Skagen? Ich brauche mal etwas Abwechslung. Ich warte auf dich unten an dem gelben Haus direkt hinter der Bäckerei, um acht Uhr.“

      „Guten Tag, du“, sagte Jens, als sie in seinem grauen Cabrio Platz nahm. Keine einladenden Armbewegungen, keine Andeutung, es sei etwas Ungewöhnliches daran, dass sie zusammen einen Ausflug nach Skagen unternahmen.

      Zum ersten Mal hörte sie ihn du zu ihr sagen, und die Aussprache des U klang ein wenig nach einem Y und etwas norwegisch. Sie spürte es auf ihrer Haut, so physisch, als habe er ihr mit dem Zeigefinger über die Wange gestrichen und sie weit unten um die Taille gefasst.

      Ihr wurde heiß im Gesicht. Sie musste damit aufhören, jetzt.

      Sie nahmen sich nur beide frei. Sie waren Freunde. Nichts weiter.

      Aber vielleicht hätte sie nicht mitkommen sollen. Andere konnten die Situation missverstehen. Und sie hatte Ulf nicht die Wahrheit gesagt. Sie hatte ihm erzählt, sie wolle den Bus nach Ålborg nehmen und sich ein paar schöne Sachen kaufen und dann eventuell noch ins Kino gehen.

      Ohne etwas zu sagen, zeigte Jens auf ein Feld, an dem sie vorbeifuhren und auf dem drei Rehe grasten. Sein Blick war offen und warm.

      Solbjørg legte den Kopf in den Nacken und genoss den Wind und das Zwitschern der Lerchen, das immer wieder kurz zu ihnen drang. Alles war so wunderbar leicht.

      Natürlich mussten sie einen Abstecher zum Grenen machen. Das gehörte einfach dazu, wenn man nach Skagen kam, da waren sie sich einig. Uneinig waren sie sich hingegen darüber, ob es 'zum Grenen' oder 'nach Grenen' hieß.

      „Nach!“, sagte er.

      „Zum!“, sagte sie.

      „Kopenhagener Snob!“, sagte er und lächelte, sodass die grünen Augen blitzten und einen anderen Farbton anzunehmen schienen, beinahe wie der Opal, den sie einmal bei ihrer Kollegin Margot Fonteyn, einer englischen Balletttänzerin, an einem Armkettchen gesehen hatte, das sie von Rudolf Nureyev bekommen haben sollte, wie hartnäckige Gerüchte behaupteten.

      „Sonnenanbeter!“, war das einzige, was ihr einfiel.

      Er hielt an und lachte, bis er beinahe keine Luft mehr bekam. „Etwas so Schlimmes hat noch niemand zu mir gesagt“, japste er. Sie gab ihm einen Klaps auf den Unterarm. Und lachte.

      Sie hatten die Spitze der Landzunge fast erreicht. Sie zog die Sandalen aus und trabte ein paar Schritte weiter ins Wasser. Jens folgte ihrem Beispiel und stellte sich mit hochgekrempelten Hosenbeinen neben sie. Nordsee und Ostsee umspülten ihre Füße.

      Ein paar Augenblicke später schob er sich hinter sie. Er berührte sie nicht. Dennoch konnte sie die Wärme seines Körpers deutlich spüren.

      „Hier stehen wir, mit einem Bein auf jeder Seite“, sagte er.

      „Ja“, sagte sie. „So sieht's aus.“

      „Warum brauchst du etwas Abwechslung“, fragte Solbjørg, als sie zurückgingen.

      „Tove wünscht sich, dass ich anders wäre“, sagte er. „Mehr Partylöwe, lebenslustiger, ein Großstadtmensch eben. Und du, warum bist du mit mir hierhergekommen?“

      „Ulf hätte es wohl auch am liebsten, wenn ich anders wäre. Oder gar nicht da wäre. Ich störe ihn immer nur, wenn ich mich ihm nähere.“

      Jens sah sie mit einem so aufmerksamen und direkten Blick an, dass sie wusste, er verstand auch das Meiste von dem, was sie nicht zu sagen imstande war.

      Nach einer Brotzeit bei Brøndums fuhren sie hinaus zum Strand bei Gamle Skagen und schlenderten am Wasser entlang. Das Bewusstsein, dass sie bald zurückfahren mussten, war wie die von Tautropfen behangenen Spinnennetze an einem frühen Augustmorgen, СКАЧАТЬ