Malmedy - Das Recht des Siegers. Will Berthold
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Название: Malmedy - Das Recht des Siegers

Автор: Will Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711727348

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СКАЧАТЬ und Nacht standen sie im Feuer feindlicher Flugzeuge, stets waren sie vom Tod gesucht, bedroht, verfolgt.

      Immer wieder war der Angriffsbefehl verschoben worden.

      Wegen des Wetters. Der Generalfeldmarschall von Rundstedt brauchte niedrighängende Wolken, schlechte Fliegersicht, damit seine Panzer operieren konnten. Die Besatzungen hätten ihm dankbar sein sollen. Aber sie verwünschten ihn und seine Offensive, den Scheißkrieg und den stählernen Sarg, in dem sie bereits aufgebahrt waren … sie verwünschten den besten Kameraden und die eigenen Eltern, denen sie ein Leben verdankten, das schon keines mehr war, ehe es überhaupt begonnen hatte.

      Obersturmführer Klausen, der Führer einer Panzerkompanie in der „Gruppe Florian“, fuhr seinen Panzer offen. Er lehnte im Turm und beobachtete, wie seine Leute hinter ihm einschwenkten. Er hatte das Manöver oft gesehen, aber jedesmal mit besseren Gefühlen als heute.

      Die Landser hatten der Ardennenoffensive bereits einen Namen gegeben, noch bevor sie gestartet worden war. Unternehmen „Von der Hand in den Mund“ hieß sie. Die Panzer hatten nicht genug Sprit.

      „Den müßt ihr euch von den Amis holen!“ hatte der Befehl allen Ernstes gelautet. „Ihr müßt so schnell sein, daß euch die Spritlager der Amis in die Hände fallen …“

      „Karbid“, schrie der Obersturmführer seinem Fahrer zu. Das heißt in der Panzersprache: „Gib Gas!“

      Und die Stahlkolosse rauschten los …

      Soweit ist Colonel Evans mit dem Aktenstudium gekommen. Wieder läuft er im Zimmer hin und her. Er wird sich diesen Eckstadt vornehmen. Gut, warum soll nicht auch ein Anständiger unter den Malmedy-Angeklagten sein! Es wird keiner gehängt, solange der Oberst von seiner Unschuld überzeugt ist. Dafür wird er seinen ganzen Einfluß, seinen ganzen Mut, sein ganzes Gewicht einsetzen.

      Er ruft den Staatsanwalt an.

      „Wie Sie wissen, habe ich die Verteidigung übernommen“, sagt der Oberst.

      „Ich hätte mir das an Ihrer Stelle noch einmal überlegt“, versetzt der Staatsanwalt knapp.

      „Ich brauche Ihre Ratschläge nicht“, fährt ihn der Colonel an. „Ich möchte eine Sprechkarte haben.“

      „Die kann ich Ihnen nicht geben.“

      „Passen Sie auf“, erwidert der Colonel langgedehnt, „entweder ich habe in einer Viertelstunde in meinem Büro eine Sprechkarte für das Kriegsverbrechergefängnis in Schwäbisch-Hall oder Sie können etwas erleben, was Ihnen noch nie passiert ist!“

      Der Oberst wirft den Hörer auf die Gabel zurück. Sein Gesicht ist gerötet. Wieder saust er hin und her. Er wird den Weg der vorstoßenden Panzer, der abgesprungenen Saboteure weiterverfolgen, bis er restlose Klarheit hat.

      Hier stimmt etwas nicht.

      Er fühlt, er ahnt, er weiß es.

      Die Stadt ist grau wie der Himmel, grau wie die Gesichter ihrer Passanten, die der Alltag gehetzt, verbissen, schweigend auf die schmutzigen Straßen spuckt. Nur die bunten Gruppen schwatzender Schwarzhändler vor dem Deutschen Museum, am Isartorplatz und in der Möhlstraße beleben das Stadtbild. Hilflose Polizisten beobachten Zigarettenverkäufe … Warum sollten sie eingreifen? Vielleicht sind ihre eigenen Frauen gerade unterwegs, verscheuern eine Kommode gegen Butter oder Butter gegen eine Kommode …

      Mit kräftigen, bulligen Soldaten besetzte Jeeps fahren langsam an den Gehsteigen entlang. Die GIs rufen in ihrem quakenden Landserenglisch den Mädchen Scherzworte zu, halten plötzlich den Wagen an und kontrollieren einen Passanten, dessen Nase ihnen mißfiel. Erst wenn der Abend kommt, endet für sie die Langeweile, in irgendeiner Beize, bei teurem Schnaps und billigen Mädchen.

      Vera geht durch die Maximilianstraße, ignoriert die Blicke der Männer, die Angebote der Schwarzhändler und die Rufe der Militärpolizei. Der Wind rafft ihren dünnen Mantel. Ihr Gesicht ist gerötet. Sie geht lässig und selbstbewußt, langsam, die Augen im Niemandsland der Gleichgültigkeit. Sie trägt Nylonstrümpfe, die den letzten Monatsgehalt kosteten, und sie geht so zierlich und sicher auf ihren hohen Absätzen, als sei sie mit ihnen bereits zur Welt gekommen.

      Am Max-Joseph-Platz fährt eine schwarze Limousine dicht an den Randstein heran. Ein Zivilist steigt aus und geht auf Vera zu.

      „Sie sind Fräulein Eckstadt?“

      Vera nickte gleichgültig.

      „Kommen Sie mit!“

      „Was wollen Sie?“

      „Fragen Sie nicht … CIC, amerikanischer Geheimdienst.“

      Das Mädchen zögert noch eine Sekunde. Mechanisch betrachtet sie das Auto, sieht die amerikanische Nummer. Man hat sich als Deutscher daran gewöhnt, Befehle auszuführen, auch wenn sie zunächst noch völlig unverständlich sind.

      Zwei Männer sitzen noch im Wagen. Der Fahrer biegt in die Prinzregentenstraße ein, gibt Gas, rast die Windungen am Friedensengel hoch, überquert das Rondell, hält vor einem von Säulen umgebenen Haus.

      „Kommen Sie“, sagt der Zivilist zum zweiten Male in anglisiertem Deutsch. Er hat ein zu kurzes Kinn und ein zu langes Sakko, spricht brüsk, ist ein Teil jener Unwichtigkeit, die im Jahre 1946 so wichtig war.

      Er führt Vera in ein Büro, läßt sich auf einen Stuhl fallen, zündet sich eine Zigarette an und sagt gedehnt:

      „Setzen Sie sich, Fräulein Eckstadt.“

      „Was wollen Sie eigentlich von mir?“ fragt Vera nochmals. Ihre hellen, wachen Augen sind zu einem schmalen Spalt zusammengezogen. Ihr Blondhaar fällt sorgfältig geordnet in den Nacken und endet in einer hübschen Rolle. Sie hat die Beine übereinandergeschlagen, entnimmt ihrer Handtasche eine Zigarette, gibt sich selbst Feuer, sieht dabei zum Fenster hinaus.

      „Do you speak English?“ fragt der Mann.

      „Ja“, versetzt Vera, „genausogut wie Sie Deutsch.“

      Ein uniformierter Leutnant steht lässig im Hintergrund, betrachtet Vera. Das Gespräch interessiert ihn nicht.

      „Sie waren beim BDM?“

      „Natürlich.“

      „Und Ihr Bruder war bei der SS?“

      „Ja“, erwidert sie, „und mein Vater bei der NSV … Wollen Sie mir nicht endlich sagen, wer Sie sind?“

      „Ich heiße Bauer“, antwortet der Mann.

      „Sie haben sich an Colonel Evans herangemacht“, fährt er fort, „und ihm Greuelmärchen erzählt. Ich will hier nicht wiederholen, was Sie alles behauptet haben. Sie wissen es ja selbst am besten.“

      Bauer steht auf, geht am gleichgültigen Leutnant vorbei, läuft ein paar Schritte hin und her.

      „Das ist Nazipropaganda“, sagt er dann heftig. „Ich warne Sie. Wir sind hier, um die Demokratie zu schützen. Wir dulden keine verlogenen Angriffe!“

      „Ich habe nur die Wahrheit gesagt“, entgegnet Vera heftig, „und ich dachte, in der Demokratie kann man die Wahrheit СКАЧАТЬ