Название: Die Abenteuer von Milo, Tack und Kackerlack
Автор: Norton Juster
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9783037921586
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»Du siehst, da bleibt so gut wie keine Zeit übrig zum Vor-sich-hin-Brüten, Aufschieben, Grübeln oder Vertun, und wenn wir nun auch noch denken oder lachen müssten, würden wir ja nie nichts auf die Reihe kriegen.«
»Du meinst wohl, nie etwas auf die Reihe kriegen«, verbesserte ihn Milo.
»Wir wollen doch gar nicht etwas auf die Reihe kriegen«, blaffte ihn der nächste an. »Wir wollen nichts auf die Reihe kriegen, und das schaffen wir auch sehr gut ohne deine Hilfe!«
»Sieh mal«, fuhr der Nächste fort und klang schon etwas versöhnlicher. »Es ist wirklich reichlich anstrengend, den ganzen Tag nichts zu tun. Deshalb nehmen wir uns einen Tag die Woche frei und machen uns auf nach nirgendwo, und dorthin waren wir gerade unterwegs, als du hier aufgetaucht bist. Hast du nicht Lust mitzukommen?«
Warum eigentlich nicht?, dachte Milo, hat ja ganz den Anschein, als würde ich sowieso dort landen.
»Sagt mal«, gähnte er, denn mittlerweile hätte auch er nichts gegen eine Mütze voll Schlaf einzuwenden gehabt, »tun denn hier alle nichts?«
»Alle bis auf den entsetzlichen AufWachhund«, antworteten die nächsten beiden und zitterten im Chor. »Der schnüffelt hier dauernd rum, reißt uns aus dem Schlaf und passt auf, dass niemand seine Zeit vertut. Ein äußerst unangenehmer Geselle.«
»Ein Aufwachhund, was soll das sein?«, fragte Milo spöttisch.
»DER AUFWACHHUND!«, brüllte ein anderer und fiel vor Angst in Ohnmacht, denn just in diesem Moment kam besagter Hund, von dem gerade die Rede war, unter wütendem Gebell und eine große Staubwolke hinter sich aufwirbelnd die Straße heruntergerannt.
»HAUT AB!«
»WACHT AUF!«
»NICHTS WIE WEG!«
»DA KOMMT ER!«
»DER AUFWACHHUND!«
Mit lautem Geschrei stoben die Lethargianer davon, in alle Himmelsrichtungen, und in Nullkommanichts waren sie alle wie vom Erdboden verschluckt.
»R-R-R-O-O-A-A-R«, donnerte der AufWachhund, während er laut hechelnd und keuchend auf das Auto zupreschte.
Milo fielen fast die Augen aus dem Gesicht vor Staunen, als er vor ihm stehen blieb: ein riesiger Hund mit einem ganz normalen Kopf, vier Beinen, einem Schwanz und – jetzt kommt’s – einem laut vor sich hin tickenden Wecker als Körper.
»Was hast du hier zu suchen?«, knurrte der AufWachhund.
»Nichts Besonderes, bloß die Zeit totschlagen«, antwortete Milo und hob entschuldigend die Hände. »Es ist nämlich …«
»DIE ZEIT TOTSCHLAGEN!?!«, brüllte der Hund. So laut, dass der Wecker zu rasseln anfing. »Schlimm genug, die Zeit zu vergeuden. Da muss man sie doch nicht auch noch totschlagen.« Er schüttelte sich vor Entsetzen bei dem Gedanken. »Was machst du überhaupt hier in Paralysien – hast du kein Zuhause?«
»Ich war auf dem Weg nach Wortopolis, doch dann bin ich hier hängen geblieben«, erklärte Milo. »Kannst du mir nicht weiterhelfen?«
»Dir weiterhelfen! Willst du mich etwa aufziehen?! Das musst du schon selber tun«, antwortete der Hund und zog sich dabei behutsam selber auf – mit seiner linken Hinterpfote. »Ich nehme an, du weißt, warum du hier stecken geblieben bist.«
»Hab wahrscheinlich einfach nicht nachgedacht!«
»EX-AKT«, blaffte der Hund, während er schon wieder losrasselte. »Dann weißt du ja, was du zu tun hast.«
»Leider nein«, sagte Milo kleinlaut und kam sich reichlich dumm vor.
»Na ja«, meinte der AufWachhund ungeduldig. »Da du hier gelandet bist, weil du nicht nachgedacht hast, läge doch der Gedanke nahe, dass du, um hier wegzukommen, anfangen musst zu denken.« Und damit machte er einen Satz und sprang ins Auto.
»Was dagegen, wenn ich mich reinsetze? Ich liebe kleine Ausflüge mit dem Auto.«
Milo fing an, mit aller Macht nachzudenken (was sich als schwerer herausstellte, als er gedacht hatte, weil ihm die Übung fehlte). Er dachte an Vögel, die schwimmen, und Fische, die fliegen. Er dachte an das Mittagessen vom Tag zuvor und das Abendbrot von morgen. Er dachte an Wörter, die mit J anfangen, und Zahlen, die mit 3 enden. Und wie er so nachdachte, fingen die Räder ganz plötzlich an, sich zu drehen.
»Wir fahren, wir fahren«, rief er glücklich.
»Willst du wohl weiterdenken«, knurrte der AufWachhund.
Und wirklich, je angestrengter Milo nachdachte, desto schneller ging es die Straße hinunter. Im Nu hatten sie Paralysien hinter sich gelassen und befanden sich wieder auf der Landstraße. Die Farben hatten ihre alte Pracht zurückgewonnen, und während sie die Straße entlangflitzten, dachte Milo an dies und das und alles Mögliche: an die vielen Umwege, die überall lauerten, und wie leicht man an der falschen Stelle abbiegen konnte, wie schön es war, voranzukommen, und, vor allem, was man mit ein klein wenig Nachdenken so alles erreichen konnte. Währenddessen lehnte der Hund sich zurück, hielt seine Nase in den Wind und tickte wachsam vor sich hin.
3. WILLKOMMEN IN WORTOPOLIS
»Tut mir leid, wenn ich etwas ruppig rüberkomme«, sagte der AufWachhund, nachdem sie ein Weilchen gefahren waren, »aber es gehört sich nun mal für einen Wachhund, die Zähne zu zeigen …«
Milo war so erleichtert darüber, Paralysien hinter sich gelassen zu haben, dass er dem Hund versicherte, ihm nicht böse zu sein. Im Gegenteil – jetzt, wo er wusste, wie dieser tickte, war er ihm sogar dankbar für dessen Beistand.
»Das Leben ist eine Wucht«, rief der AufWachhund. »Besser könnt es nicht sein – wir werden uns auf dieser Reise sicher prima vertragen. Du kannst Tack zu mir sagen.«
»Seltsamer Name für einen Hund, der den ganzen Tag nur tickticktickticktickt«, sagte Milo. »Warum haben sie dich nicht einfach …«
»Nein«, stieß der Hund hervor. »Sprich’s nicht aus!« Und Milo sah, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen.
»Ich wollte dir nicht wehtun«, sagte Milo, der ihm nicht wehtun wollte.
»Ist schon gut«, sagte der Hund und gewann seine Fassung zurück. »Ist ’ne alte Geschichte. Und eine traurige dazu. Wenn du willst, erzähl ich sie dir.
Als mein Bruder geboren wurde, der erste Nachwuchs in unserer Familie, waren meine Eltern überglücklich und gaben ihm sogleich den Namen Tick, denn sie waren sich sicher, dass es genau dieses Geräusch wäre, das er von sich geben würde. Doch kaum hatten sie damit begonnen, ihn aufzuziehen, stellten sie zu ihrem Schrecken fest, dass er nicht tickte, sondern tackte. Sie eilten zum Standesamt, um den Namen ändern zu lassen, aber zu spät. Er war bereits offiziell eingetragen, und es war nichts mehr zu machen. Als ich dann zur Welt kam, waren meine Eltern wild entschlossen, denselben Fehler nicht zweimal zu machen, und СКАЧАТЬ