Elfenzeit 8: Lyonesse. Uschi Zietsch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Elfenzeit 8: Lyonesse - Uschi Zietsch страница 16

Название: Elfenzeit 8: Lyonesse

Автор: Uschi Zietsch

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Elfenzeit

isbn: 9783946773320

isbn:

СКАЧАТЬ will dich ja nicht töten«, zischte der Wüstenwind, und der Mann ohne Schatten musste hastig den Fuß zurücknehmen, als der schmelzende Sand nun bis zu ihm reichte, rauchend und zu Glas erstarrend.

      Chamsin fuhr fort: »Ich werde dich hier begraben, bis du von selbst dahingeschwunden bist! Denkst du, ich weiß das nicht? Alle Winde sind Brüder, Schattenloser! Ich habe genug über dich gehört!«

      Der Getreue erkannte, dass er so nicht weiterkam. Er konnte sich auf keine Auseinandersetzung mit dem mächtigen Wind einlassen, das würde ihm Kräfte rauben, die er dringend benötigte.

      Er schnellte in den Dünenschatten zurück, kauerte sich hin und warf den Umhang um sich, rollte sich wie ein Igel ein, und gerade noch im rechten Moment.

      Chamsin ließ die wartende Sandwoge frei, die nun über dem Getreuen zusammenschlug. Das ohrenbetäubende Pfeifen und Brausen ließ keine anderen Geräusche mehr zu, der Sand war allgegenwärtig. In rasender Geschwindigkeit verschüttete er den Getreuen, drang durch das Gewebe, die Stiefel, die Handschuhe, drang in jede Pore, jede Öffnung, unaufhaltsam. Er ertrank im Sand, erstickte im Staub. Es gab keinen Schutz, keine Rettung.

      Dem Sand konnte man ebenso wenig entkommen wie dem Wasser – es sei denn, man besaß Kiemen.

      Doch im Sand waren Kiemen nutzlos. Selbst die gut angepassten Tiere hatten keine Chance, wenn sie es nicht rechtzeitig in die Tiefe schafften. Und auch dann war es fraglich, ob sie sich aus der Verschüttung befreien konnten. Sich freizugraben war fast unmöglich – je weiter es hinaufging, je mehr man unten schaufelte, desto mehr Sand rieselte von oben herunter und füllte den freigelegten Graben neu.

      Der Sand war eine Naturgewalt, der nicht beizukommen war. Sie stellte auch den Getreuen auf eine harte Probe. Er spürte, wie sein stofflicher Körper langsam erstickte und verfiel, kaum dass er angefangen hatte, sich zu verfestigen. Der Verhüllte wusste nicht, wie er dem beikommen sollte, versuchte das Gewebe des Umhangs dichter zu verbinden, noch enger um sich zu schlingen und zu verhärten. Es gelang ihm kaum, und er verlor zusehends die Kontrolle. Aber er wollte nicht wieder als Tuchfetzen enden, der auf ewig im Sand begraben lag, ohne Aussicht auf Rettung, mit einem langsam erlöschenden Bewusstsein.

      Ich hatte einst eine kalte Aura, dachte er. Sie muss mir helfen …

      Er strengte sich an, suchte die Verbindung zur Ley-Linie und zapfte sie an. Der Strom floss nur dünn an dieser Stelle, doch er genügte ihm. Nach kurzer Zeit umhüllte ihn der Schutz seiner Aura, die eisige Kälte verströmte und sich gegen den heißen Sturm stemmte. Der Sand prasselte in unverminderter Wucht dagegen, konnte aber nicht mehr durchdringen.

      Wie lange es dauerte, konnte der Getreue nicht einmal schätzen. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Müdigkeit spürte er, trotz der Verbindung zur Kraftlinie. Der Erstickungstod immerhin war abgewendet, sein geschwächter, halbstofflicher Körper erholte sich langsam. Die Kälte war wohltuend, schützte ihn vor Hitzschlag und Verbrennungen. Geduldig wartete er, weigerte sich, dem Verlangen nach Schlaf nachzugeben. Erst später, viel später würde die Zeit kommen zu ruhen. Doch nicht jetzt.

      Schließlich war es vorbei. Chamsin konnte seinen Zorn nicht ewig über ihm ausschütten, es gab Regeln. Die Menschenwelt war sehr fragil. In diesen Tagen mehr denn je. Daran mussten sich auch die Winde halten.

      Auf das Tosen folgte Stille. Beinahe so wie jene, an die der Getreue sich erinnerte, am Ursprung seines Seins. Wie lange war das her …

      Der Getreue lauschte in die Stille hinein. Eine Wohltat, wie die Kälte. Fast, als wäre er wieder dort, wo alles anfing. Manchmal vermisste er den Ursprung. Manchmal wünschte er, er könnte dorthin zurückkehren.

      Und so wird es sein, wenn ich diese Aufgabe beendet habe, dachte er. Ich habe eine lange Pause verdient, wenn alles vorüber ist.

      Kühne Gedanken für jemanden, der sich überhaupt nicht mehr daran erinnerte, was denn seine Aufgabe war. Doch er war zuversichtlich, dass auch dieses Wissen bald zu ihm zurückkehren würde. Bis jetzt verlief alles gut. Wenn nicht bestens …

      Dunkelheit umgab ihn, und er wäre gern noch eine Weile geblieben. Aber es duldete keinen Aufschub mehr. Der Mann ohne Schatten richtete sich langsam auf. Der Sand versuchte, Widerstand zu leisten, rieselte jedoch haltlos an ihm hinab. Sich hindurchzuschlängeln war eine der leichtesten Übungen, und der Getreue beherrschte sie auch in seinem angeschlagenen Zustand. Vielleicht sogar besser noch als im Vollbesitz seiner Kräfte, da er nicht ganz stofflich war.

      Er versuchte nicht, sich nach oben freizugraben, das wäre zum Scheitern verurteilt. Vielmehr wand er sich durch den Sand hindurch wie eine Schlange, bewegte sich vorwärts und wagte erste Schritte. Vorwärts, bis ans Ende des Berges, und dann hindurch.

      Auf seinen Orientierungssinn konnte er sich verlassen. Er fühlte die Kraftlinie unter sich und ihre Stromrichtung. Dort lag Norden, dort endete die Düne. Stetig, immer weiter kämpfte er sich durch den Sandberg aus Windzorn, der sich über ihm aufgetürmt hatte. Doch da wurde es heller, die Schichten dünner, und er konnte den ersten Luftzug spüren. Erleichtert atmete der Getreue ein, und dann brach er durch den Sandwall hindurch und stand im Freien.

      Tiefblauer Himmel wölbte sich über ihm, und weit im Westen hing eine rote, leicht verschleierte Sonne. Das Land ringsum hatte sich völlig verändert und war nicht mehr wiederzuerkennen. Sandberge, wohin er schaute, bis an den Fuß des Gebirges. Hinter ihm türmten sich Dünen auf, die bis zu sechzig Meter hoch sein mochten. Wer auch immer seiner Spur gefolgt war, hatte sie nun verloren. Vielleicht sogar sein Leben.

      Chamsin war fort. Vermutlich hatte er Ghibli befreit und mitgenommen. Die anderen Winde hielten sich nun zurück, sie würden zunächst abwarten, wie sich die Dinge entwickelten.

      Vom Umhang hingen weitere Fetzen herab, die müde mit einer kleinen Brise spielten, Reste von Chamsins verwehtem Zorn. Zweifelsohne bot der Getreue weder einen furchteinflößenden noch vertrauenerweckenden Anblick. Er sah vielmehr aus wie etwas, das gerade dem Grab entstiegen war – und irgendwie war das ja auch so.

      Also vorwärts. Nun musste er sich doch an den mühsamen Weg über das Gebirge machen, wo ihn, so weit entfernt von der Ley-Linie, Hunger und Durst plagen würden, und alle Schwächen, die ein sterbliches Wesen durchmachen konnte.

      Er wandte sich zum Gehen, als er stutzte.

      Der Sand war gewandert, hatte neue Dünen aufgetürmt, aber an anderer Stelle Hügel abgetragen und den Boden entblößt.

      Am Rand der Düne, aus der er gerade gestiegen war, war felsiger Grund freigelegt.

      Mit einem eingemauerten Metallring.

      Dieses Gebiet war schon immer menschenleer gewesen. Wer baute also hier draußen, fern von allem, eine Grube oder einen Schacht, verschloss ihn und hinterließ einen starken Ring als Markierung und Öffner? Sollte das, was sich darunter verbarg, etwa nicht für immer dort bleiben?

      Der Getreue wischte mit den Händen über den Boden, kehrte und blies Sand aus Ritzen und Fugen und legte einen Deckstein frei, umgeben von weiteren quaderförmigen Blöcken, die eindeutig künstlichen Ursprungs waren.

      Er prüfte die Festigkeit des Rings. Alter und Zeit hatten ihm nichts antun können, er saß fest und sicher, das Metall war wie neu. Elfenbronze, ohne jeden Zweifel. Der Verhüllte würde jedoch nicht genug Kraft aufbringen, um den Deckstein auch nur einen Zentimeter anzuheben.

      Also noch einmal die Ley-Linie in Anspruch nehmen. Es stimmt nicht, was Chamsin sagte, ich missbrauche sie nicht, habe ich СКАЧАТЬ