Die Rabenringe - Gabe (Band 3). Siri Pettersen
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Название: Die Rabenringe - Gabe (Band 3)

Автор: Siri Pettersen

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783038801153

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СКАЧАТЬ aber der Hunger siegte.

      Sie zog ihr Messer und ging ein Stück aufs Eis hinaus, kniete sich hin und begann zu hacken. Hungl und Tyla warfen ihr vom Flussufer aus verstohlene Blicke zu. Sie hatten sich am Feuer niedergelassen. Hirka kehrte ihnen den Rücken zu und hackte weiter.

      »Was machst du da?«, hörte sie Kolails Stimme hinter sich.

      »Ich will fischen«, antwortete sie, ohne sich umzudrehen.

      »Dir ist aber schon klar, dass es wieder hell sein wird, bevor du fertig bist?«

      Sie schaufelte eine Handvoll zerstoßenes Eis aus der Vertiefung. Hackte weiter. Sie spürte, dass er immer noch dicht hinter ihr stand. Dann kniete er sich hin, zog ein Messer, das wesentlich größer war als ihres, und begann zu hacken. Hirka verbarg ein Lächeln.

      Abrupt hielt er in der Bewegung inne. Drehte den Kopf, als ob er lauschte. Dann sprang er auf. Hirka drehte sich um. Sie hatte auch etwas gehört. Ein Rumpeln.

      Sie stand auf. Oben an der Felskante, wo der Wasserfall seinen Ursprung hatte, bewegte sich etwas. Tiere? Eine Masse aus Steinen und Eis brach ab. Teilte sich im Fallen in kleinere Stücke. Raste auf die Zelte zu.

      Hirka schrie. Spürte, wie ihre Lippe aufplatzte. Sie wollte zu den Zelten rennen, wurde aber zurückgehalten. Kolail zog sie an sich und hielt sie mit eisernem Griff fest. Er brüllte zu den anderen hinüber, dass ihr fast die Ohren abfielen. Worte, die sie nicht verstand.

      Sie versuchte, sich loszureißen. »Sie werden sterben! Sie werden sterben!« Hirka hörte Skerri rufen. Das Echo tanzte zwischen den Felswänden.

      Die anderen kamen auf sie zugelaufen. Die enorme Masse donnerte zu Boden. Explodierte in einer Fontäne aus Schnee und Eis. Eine unfassbare Kraft. Hirka stand wie gelähmt da und sah zwei der Zelte verschwinden. Das Feuer wurde in alle Richtungen geschleudert.

      Dann brach das Eis. Ein unheimliches Krachen, das sich den Fluss entlang fortpflanzte. Hirkas Knie drohten zu versagen.

      »Lauf!« Kolail stieß sie vorwärts. Sie lief auf das Flussufer zu. Auf ein Zelt zu, das lichterloh brannte. Auf Hungl und Tyla zu.

      Skerri rannte ihr entgegen. Ihre schwarzen Zöpfe wehten. Sie streckte sich nach Hirka aus und packte sie. Ihre Klauen bohrten sich in den Unterarm. Hirka wurde gezogen. Stolperte vorwärts. Hörte das Knacken unter ihren Füßen. Der Untergrund gab nach, die Welt geriet ins Wanken. Das Eis trug nicht mehr.

       Kolail!

      Sie drehte sich um. Er folgte ihr, aber ein Spalt öffnete sich im Eis zwischen ihnen. Um sie herum. Die Eisscholle, auf der er stand, begann sich zu bewegen. Drohte zu kippen. Er war zu schwer!

      »Kolail!« Hirka riss sich los. Verlor das Messer. Stürzte vornüber aufs Eis. Es schaukelte unter ihr. Skerri schrie hinter ihr, packte sie am Fuß. »Er ist ein Gefallener!«

      Hirka streifte den Stiefel ab. Zog sich weiter. Ein Gefallener … Hohle Worte. Sie tastete nach dem Messer, bekam es zu fassen. Rammte es ins Eis und klammerte sich daran.

      Wo war Kolail? Alles, was sie sah, waren schaukelnde Eisschollen. Einige stießen zusammen und türmten sich wie Berge auf. Das Wasser um sie herum war schwarz und schnell.

      Ein Stock ragte aus der Flut auf. Kolail! Er ertrank!

      Hirka hielt sich mit einer Hand am Messer fest und griff mit der anderen nach dem Stock. Kolails Hand ragte aus dem Wasser. Sie packte sie. Sein Gewicht drohte sie in die Tiefe zu ziehen. Das Eisstück, auf dem sie lag, begann zu sinken. Eiskaltes Wasser umschloss ihren Körper.

      Sie schrie. Spürte einen erneuten Griff um ihren Fuß. Sie wurde zurückgezogen. Ihr Unterkiefer schrammte übers Eis. Kolail hing an ihr fest. War sie es, die ihn hielt? Sie wusste es nicht. Ihre Hand war an seiner festgefroren. Sie spürte nichts mehr, nur dass jemand sie an den Füßen hinter sich herzog. Zwischen Feuer und Eis. Das brennende Zelt flatterte im Wind.

      Kolail riss sich los. Kroch auf allen vieren weiter, wie ein halb ertrunkener Eisbär.

      Hirka wurde auf die Füße gestellt. Sie starrte hinauf in Skerris Gesicht. Hinauf in rasende Wut. Die Augen waren jetzt ebenso schwarz wie die Lippen. Skerri schüttelte sie. Hirka fühlte nur die Bewegung. Es tat nicht weh. Alles war taub.

      »Er ist ein Gefallener! Ein Mörder! Du bist eine Dreyri! Die Jüngste in Modrasmes Haus! Du bist von Graals Blut und du riskierst dein Leben für ihn?! Weißt du nicht, wie viel mehr du wert bist als ein Gefallener? Antworte mir! Verstehst du, wer du bist?«

      Sie zeigte auf den Köcher, der ihr nach vorn auf die Brust gerutscht war. »Ich hätte das verlieren können! Geht das in deinen Kopf?!«

      Hirka starrte auf den schäbigen Lederbehälter. In dem Moment begriff sie, was es war. Ein Rabenskelett. Natürlich. Genau so eins, wie Graal es hatte, und die einzige Möglichkeit, ihn zu erreichen.

      Die Kälte war nicht mehr so schlimm. Es war beinahe mild. Aber Hirka wusste, was das bedeutete. Es war kein gutes Zeichen.

      Sie blickte sich um. Ein Chaos aus zerbrochenem Eis. Sie war ein Insekt, verloren in einer Salzschüssel. Hungl, Tyla, Grid … alle waren am Leben. Alle.

      Kolail erhob sich schwankend. Er hatte sich die Arme um den Körper geschlungen wie einen Knoten. Er fiel wieder vornüber auf die Knie.

      Hirka taumelte auf das brennende Zelt zu. Wärme …

      Vor den Flammen sank sie zu Boden. Wenn sie gekonnt hätte, wäre sie ins Feuer hineingegangen. Hätte sich verbrennen lassen. Ǫni begann, sie auszuziehen. Hirka hätte sich am liebsten dagegen gewehrt, aber sie wusste, dass es notwendig war. In nasser Kleidung würde sie sterben, schneller, als sie einmal blinzeln konnte. Sie hörte, wie ihre Zähne aufeinanderschlugen. Ǫni zog ihr trockene Kleidung über, ohne dass Hirka ihre Arme spürte. Dann wurde sie in eine Decke gehüllt. Sie lag mit dem Rücken zum Feuer. Vor ihr stand Skerri und schrie Kolail an. Ihre schwarzen Lippen öffneten und schlossen sich, so langsam wie in einem Traum.

      »Iss ghené woykhail!«

      Die Zöpfe fegten über ihren Rücken, während sie ihre Fäuste schüttelte. Blieb die Zeit stehen, wenn man dabei war, zu erfrieren? Hirkas Blick fiel auf den Holzstock. Sie hatten recht gehabt. Er half, dass man gefunden wurde. Nicht nur unter einer Schneelawine. Sie zog ihn zu sich heran, klemmte ihn sich in die Achselhöhle. Falls sie überlebte, würde sie ihn nie wieder loslassen.

      Kolail sah nicht so aus, als beachtete er Skerris Wutanfall. Er starrte Hirka an. Das graue Haar war zu Eis gefroren. Seine Haut war blau. Er verzog die Lippen zu einem hilflosen Grinsen. Eine Art Lächeln, begriff sie.

      »Was habe ich gesagt?«, stieß er heiser aus. »Karnickel sterben.«

      Balanceakt

      Garm Darkdaggar blickte auf den Weg hinunter, der zum Haus führte. Er schlängelte sich im Licht von fast hundert Fackeln, die gegen den Wind kämpften. Die Wagen näherten sich in stabilem Rhythmus. Hufeisen klapperten auf Steinplatten. Türen wurden geöffnet und Gäste stiegen aus. Ratsleute. Adelige, Kaufleute, Bürokraten. Freunde. Und der eine oder СКАЧАТЬ