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und auf Kreta, sicher beglaubigt in historischer Zeit nur in Thessalien, Lokris, Byzanz und den beiden Herakleia. Sie scheint auch an manchen andern Stellen vorgekommen zu sein, aber ohne daß über die rechtliche Regelung ihrer Lage Sicheres auszumachen wäre. In Sikyon und Argos ist ihre Wurzel offenbar wie in Sparta Eroberung oder: Umbildung der Klientel bei Monopolisierung der Waffenübung durch die Stadtbürgerschaft (die Hörigen ziehen als Leichtbewaffnete mit); hier und in den auf Eroberung ruhenden Kolonisationsstaaten: Kreta, Byzanz und den beiden Herakleia (wo sie nicht wehrpflichtig sind) gelten die Hörigen offenbar als abgabenpflichtige Staatshörige, deren Stellung der Staat teilweise (so in Herakleia am Pontos) bei der Unterwerfung vertragsmäßig garantiert (sie stehen zwischen den Heloten und den, wie diese, wehr- und tributpflichtigen, aber persönlich freien Periöken Spartas in der Mitte). In Thessalien scheint eher eine eigentliche persönliche Grundhörigkeit in milder Form bestanden zu haben. Die thessalischen und kretischen Hörigen haben ersichtlich ausdrücklich garantierte Familien- und Eigentumsfähigkeit. Daß diese auf Ausbeutung politischer Unterwerfungsverhältnisse beruhende Staatshörigkeit ganzer Landbevölkerungen kein allgemeines Durchgangsstadium der hellenischen Entwicklung war, darf als höchst wahrscheinlich gelten. Der Stadtfeudalismus hat zu derartigen Konsequenzen nur lokal, und, zum mindesten überwiegend, nur auf Eroberungsgebiet, geführt. Daß andererseits die Abhängigkeit von Teilen der Bevölkerung ein allgemeineres Ausdehnungsgebiet gehabt hat, als die spärlichen Quellen erkennen lassen, ist durchaus wahrscheinlich. Wohl überall bestand ja die Klientel als Tributquelle für den Adel. Dagegen beschaffte sich der Stadtadel im »mittelalterlichen« Hellas sein Menschenmaterial für die Wirtschaft sicherlich in ähnlicher Art, wie im Orient, im älteren Rom, überhaupt in den älteren Stadtstaaten vor dem Eindringen der massenhaften Kaufsklaverei. Neben den gedungenen Schnittern zur Ernte, die in früher wie später Zeit vorkommen, bilden teils im Jahreslohn gedungene Arbeiter, teils, und speziell beim Adel stark zunehmend, Schuldknechte das Hauptkontingent der ständigen Arbeiter, wo in eigener Regie gewirtschaftet wurde. Die Schuldknechte sind, als deklassierte Freie, von den persönlichen Klienten und den politischen Unterworfenen – »Hörigen« – zu scheiden, wie das kretische Recht zeigt. (Ueber die rechtsgeschichtlichen Kontroversen betr. ihrer s.u. bei Athen.) Sie treten in typischer Weise hier, wie überall auf, sobald das Regiment der stadtsässigen »Geschlechter« einsetzt und solange die Kaufsklaverei noch nicht Massenerscheinung ist. Von der Verwendung von Kaufsklaven speziell zur Feldarbeit hört man denn auch im hellenischen Altertum relativ wenig. Ihre Verwendung in größeren Betrieben ist damals offenbar nichts Typisches gewesen. Und die Häufigkeit eigentlicher »Großbetriebe« ist, zumal für diese Zeit, überhaupt als eine irgendwie typische Erscheinung unwahrscheinlich. Die bildliche Darstellung der Ernte, mit dem dabeistehenden Herrn, der den Stab in der Hand trägt, zeigen nur die Existenz von »Squire«-Betrieben, bei denen der Herr nicht selbst mitarbeitet, auch für Griechenland. Wenn die Pythia einmal die Korinther wegen ihrer großen Sklavenzahl χοινικομέτραι nennt, so fragt es sich, ob damit Großbetriebe gemeint sind (s. später bei Athen). Jedenfalls steht im Vordergrunde gerade im hellenischen Mittelalter die unfreie oder halbfreie Pacht, entweder geradezu von Schuldknechten oder doch von Einlösungspfandschuldnern. Die Verschuldung zwischen den beiden Schichten des Grundbesitzes: der Bauernschaft gegenüber den größeren Grund-, Vieh- und Geldbesitzern ist ja im ganzen frühen Altertum typisch und unterscheidet die damaligen »sozialen« Konflikte so sehr von den unsrigen: man müßte sich unsere Junker als Gläubiger, die Bauern als ihre Schuldner, und die Junker als stadtsässig denken können, um sich ganz in sie zu versetzen. Die Hypothekensteine auf den Gütern der Bauern und die Schuldknechte auf den Gütern der Großen gehen einander parallel. Ebenso findet sich ja noch später in Babylon, daß einzelne Kapitalisten über erstaunliche Zahlen von städtischen Grundstücken verfügen, von denen wahrscheinlich ist, daß sie sie nicht zu Eigentum, sondern in antichretischem Pfand besaßen und an ihre Schuldner vermieteten. Die Sechstelmänner (ἑκτημόριοι) Altattikas werden in ähnlicher Lage gewesen sein. Ihre Sechstelabgabe ist kein wesentlich niedrigerer Satz als die Drittelpacht der ägyptischen Kolonen, wo der Boden so unvergleichlich fruchtbarer war. (Ueber diese Frage s. unten bei Athen.) Die Geschlechter der hellenischen Städte, zumal der Seestädte, sind immer am Schiffsbesitz, oft – wie Solon – direkt am Handel beteiligt gewesen. Sie waren, als Hauptgetreidebesitzer, die Darlehnsgeber der Bauern in allen Notjahren. Dazu trat nun die Geldmacht. – Die, absolut betrachtet, ja geringe Bedeutung des Handels der Frühzeit, darf nicht zu einer Unterschätzung der relativen Tragweite der Handelsgewinnste in einem noch in Naturalwirtschaft verharrenden Milieu führen. Die Stadtsässigkeit des Adels (»ἀστοὶ« heißen die attischen Eupatriden) ist auch ökonomisch seine Stärke.
Die Zunahme der Geld- und Grundvermögen einer seits, der Verschuldung der Bauern andererseits in den am Seehandel beteiligten Städten führt nun die Krisis des »Geschlechterstaates« herauf. Das »Volk« der homerischen Zeit, soweit es zum Fußdienst mit aufgeboten wurde, wird von den wagenkämpfenden Geschlechtern ebenso beherrscht und in Schach gehalten, wie die Cherusker nach Segestes' Behauptung von ihren »principes«. Aber mit zunehmender Bedeutung des Hoplitenheeres war dies nicht überall mehr möglich. Vor allem aber bedrohte die Schuldverknechtung der Bauern jetzt Wehrhaftigkeit und Machtstellung des Staates. Und die mit der Geldwirtschaft einsetzende Differenzierung des Erwerbes schuf Parvenüs, besitzlose Freie, ruinierte Adelsgeschlechter, trug so die leidenschaftlichsten Gegensätze in die Polis hinein. Ueberall war – den Regeln der Grundrentenbildung entsprechend – der reichste Boden, vor allem der Talboden im Gegensatz gegen die Bergabhänge, durch Verschuldung und Aufkauf in den Besitz des Adels gelangt. Nur er trug neben dem Bearbeiter noch eine Rentnerexistenz. Er wird daher aus den Ueberschüssen der adligen Wirtschaft erworben, gerade wie bei uns das Fideikommiß den guten Boden bevorzugt. Darum ist die Adelspolis nicht nur in die Gebirgslande so viel schwerer eingedrungen, sondern auch sonst sind die Ebenen (die »hohle Lakedaimon«, die messenische, elische, thessalische, böotische, attische Ebene) Sitz des Adels, die ἄγροικοι sitzen an den Berghängen. So schied sich die Bauerndemokratie und die Adelsherrschaft (besonders deutlich in Athen) auch territorial. Andererseits sitzen in den Hafenorten der Küste mit der Entwicklung von Exportgewerben – so der Töpferei in Athen – und Seeschiffahrt eine steigende Zahl von Existenzen, welche, außerhalb des Kreises der auf eigenem Lande Angesessenen und landwirtschaftlich Interessierten stehend, jedem, der ihre ökonomischen Interessen fördert, politisch zur Verfügung stehen. Diese Gruppen und die deklassierten, schuldverknechteten Freien bilden die Elemente, auf welche, teils im Bündnis miteinander, teils auf eine von ihnen, sich ein Staatsstreich gegen das Adelsregiment stützen konnte. Andererseits ersteht neben den alten grundsässigen Geschlechtern eine Schicht von nicht dem Adel angehörigen, aus dem Kleinbürgertum aufgestiegenen Reichtum. Daß es in der alten Zeit vor dem Einsetzen der kapitalistischen Entwicklung möglich war, als δημιουργός Reichtum zu erwerben, muß vielleicht auch aus dem bekannten Parteikompromiß in Athen i. J. 581 geschlossen werden, welches auch zwei »Demiurgen« zu Archonten berief, die demnach Pentakosiomedimnen sein, also ein festes Einkommen von mindestens 500 Drachmen (damals ein hohes, zu Demosthenes' Zeit ein Armeneinkommen) haben mußten. Man muß sich erinnern, daß unter den älteren Demiurgen jene Kunsthandwerkerfamilien mit ererbtem Gewerbegeheimnis sich befanden, welche ursprünglich (so im Mythos) eine hohe Seltenheitsschätzung genossen und sicherlich auch, nach Art des Adels, in großen Familienkommunionen zusammenlebten und Besitz aufspeicherten. Erst der Kapitalismus und die Sklavenarbeit, verbunden mit dem Zerfall der alten großen Hausgemeinschaften, haben diese Grundlage zerstört (s.u.). (Zu beachten ist allerdings, daß um 581 zur politischen Partei der »Demiurgen« sicherlich auch die nicht dem Adel oder der Landbesitzerschaft angehörige Kaufleute gezählt haben werden6.) – Die Herrschaft der Stadt über das Land war nicht mehr zu halten, wo die besitzende Klasse selbst sich in schroffe Gegensätze zu spalten begann. Naturgemäß ist die Art, wie sich der Umschwung vollzog, und das Maß, in dem er vollzogen wurde, sehr verschieden. In den ersten großen Reformen wiegt jedoch in Althellas ganz entschieden das Bestreben vor, vor allem, im politischen Interesse der Wehrhaftigkeit des Staates, mit den verschuldeten Bauern zu einem Kompromiß zu kommen, – wie in den orientalischen
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