Название: Gesammelte Beiträge von Max Weber
Автор: Max Weber
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9788027210534
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Der private Binnen-Tauschverkehr ist dem Schwerpunkte nach Nahrungsmittel- und Krammarktverkehr: Fische, Gemüse, Sandalen, einfache Schmucksachen sind bildlich beglaubigte regelmäßige Marktartikel. Der Verkehr ist Natural-Tauschverkehr. Erst im neuen Reiche fungieren gebogene Kupferdrähte bestimmten Gewichts (uten, deben) als Wertmesser, in dem die gegeneinander ausgetauschten Waren abgeschätzt und gelegentlich der etwa überschießende Wertbetrag der einen Ware über die dagegen eingetauschte abgeleistet wird. Die Marken in den Händen von Arbeitern des alten Reiches sind natürlich »tesserae«, Anweisungen auf herrschaftliche Speicher. Im Außenhandel fungierten Edelmetallringe, wie dies in Babylon auch vorkommt. Das »deben« ist also in erster Linie Wertmaß, und fungiert regelmäßig als ideelles (nicht effektives) Tauschmittel (ähnlich wie ursprünglich der Silber-Shekel in Babylon). Im übrigen scheint die Stellung des Gewichtsuten zu der Werteinheit »uten« noch keineswegs geklärt (vgl. z. B, Bibl. égypt. X S. 164). Dem Naturaltausch von Waren korrespondierte seit alter Zeit (als primitiver Vorfahr der Fondsbörse) der Naturalrentenverkehr: sowohl zu Stiftungszwecken werden Grundstücke an Tempel, z.B. gegen jährliche Lieferung von Dochten für Toten-Gedenkfeiern usw. gegeben, als sich die Umwechslung der Naturaldeputate von Beamten und anderen Berechtigten in andere Naturalrenten findet: eine bestimmte Anzahl Tagesrationen, die aus einem Magazin zu empfangen sind – 1/360 des Jahresdeputats – wird z.B. gegen jährliche Lieferung von bestimmten Brot- und Bierquanten u. dgl. vertauscht. Wir lernten ganz Aehnliches in Babylon kennen.
Die Zeit nach dem Untergang der nationalen Dynastien brachte nun offensichtlich, während zu gleicher Zeit die gesamte geistige und künstlerische Kultur theokratisch und traditionalistisch gebunden und stereotypisiert wurde, das stets weitere Vordringen der »Geldwirtschaft«. Obwohl noch für die Hebräer der nachexilischen Zeit Aegypten das große »Diensthaus« ist, müssen doch allmählich die Roboten zugunsten der Steuern mindestens faktisch immer mehr zurückgetreten sein, – womit wahrscheinlich alles weitere zusammenhängt. Die Zahl der reinen Sklaven in den Händen der Tempel und der Beamten und ihre Verwendung zur Feldarbeit scheint zuzunehmen. Ebenso scheinen die privaten Gutswirtschaften mit Benutzung der Arbeit mit Land beliehener Kolonen zur Bestellung je eines bestimmten Teils des Gutsackers, häufiger zu werden: also die in der Kaiserzeit vorkommende Kombination mit dem System der »partes agrariae« (s. darüber den Art. »Kolonat«). Aus der revolutionär bewegten Zeit des Bokchoris (s. oben) scheint zuerst wieder ein rein privater – d.h. der Bestätigung durch göttliches Orakel oder durch den König entbehrender – Landübereignungskontrakt vorzuliegen: es handelt sich jedoch um ein intrafamiliares Rechtsgeschäft. Unter Psammetich scheint dann durch die Priesterschaft die Uebereignung von (ehemaligem?) Tempelland auch außerhalb der Familie gegen eine Handänderungsgebühr von 1/10 generell zugelassen gewesen zu sein. Diese Inhaber von Tempelland haben sich also wohl in eine Art von Erbpächtern verwandelt. Die zeitweise wieder auftauchende spezielle Zustimmung des Gottes zur Uebereignung schwindet seit Amasis, der ebenfalls als »Gesetzgeber« galt, definitiv. Die alte Besitzerhierarchie des Tempellandes: Gott – Tempelvasall oder Lehnpriester – Kolon hatte sich also in die andere: Gott – Erbpächter – Kolon verwandelt. Unter Amasis findet sich der erste schriftliche Pachtkontrakt: er ist ein Afterpachtkontrakt; es treten dann auch – wenn die Urkunden richtig gelesen sind – private Dritteilspachten und angeblich auch antichretische Pachten auf. Der Kolon tritt als einseitig verpflichtet (Prekarist) auf. Uebereignung von Immobilien gegen Geld findet sich nun ebenfalls. Jedoch wird nicht in die Urkunde über die Abtretung des Grundstückes die Preishöhe aufgenommen, über diese vielmehr eine besondere Urkunde aufgesetzt. Barkauf herrscht. Was speziell die Pacht anlangt, so fällt – immer die Richtigkeit der Lesungen (Revillout!) vorausgesetzt – die Häufigkeit der Kollektivpacht (2-15 Personen) in die Augen. In manchen Fällen scheint diese nicht ein Pacht-»Artjel« zu einer »Bedarfspacht« im russischen Sinne, sondern Pacht spekulativen Charakters, also Großpacht, gewesen zu sein. Aber dann wurde das Land natürlich in Parzellen weiterverpachtet, und die Masse der Pächter sind immer Kleinpächter geblieben. Da keine Fruchtwechselperiode berücksichtigt werden mußte, war der Kontrakt, wenn nicht immer, so jedenfalls häufig Jahreskontrakt. Der Pächter zahlte alle Abgaben und ließ das Saatgut zurück. Der Ernteanteil, den die Tempelpächter zu zahlen hatten, scheint oft ein Dritteil betragen zu haben.
Diese Verhältnisse sind jedoch offenbar mit Sicherheit vorläufig – bei der unzulänglichen Zahl zuverlässig gelesener Urkunden – für diesen Zeitraum nicht feststellbar, ebenso nicht die Bedeutung und Verteilung des privaten Grundbesitzes neben den de facto längst appropriierten Lehen und Schenkungen in den Händen der Großen. Die Dritteilung des ganzen Landes unter König, Priester, Krieger, wie sie die griechischen Schriftsteller behaupten, ist günstigenfalls eine Uebertreibung der Zustände (Ed. Meyer scheint sie für real zu halten). Daß fast die Hälfte des Landes den Kriegern (μάχιμοι) gehört habe, wie nach Herodots Angaben rechnerisch angenommen werden müßte, ist ganz unglaubwürdig; der Besitz der Tempel hatte selbst unter Ramses III. nicht mehr als 1/8 höchstens 1/5, des Landes betragen und war starkem Wechsel, gelegentlich auch Säkularisationen (Amasis), unter worfen und in späterer Zeit erweislich nicht mehr so bedeutend wie unter den Ramessiden. Die bedeutende Ausdehnung des an die »Großen« verlehnten Landes ist auch für die Spätzeit nicht zu bezweifeln. Der König blieb aber der größte Grundherr. Die faktische Lage der Bauern, welche die Masse der Bevölkerung bildeten, war – soweit sie nicht »Krieger« oder sonst privilegiert waren – schwerlich besser als die Lage der Fellachen in späteren Zeiten. Den antiken Schriftstellern ist der ägyptische Bauer stets ein Proletarier, der dem bureaukratischen Staat als einer ihm fremden Macht, ganz ebenso wie der russische Bauer seiner Bureaukratie, gegenübersteht, gegen geringe Pacht Land zur notdürftigen Lebensfristung übernimmt und auf die erhaltenen Peitschenhiebe wegen Steuerdefraudation stolz ist. Das raffinierte, allumfassende Robot-und Steuersystem, welches den Griechen als »Kastenordnung« erschien, kann ihm in der Tat nicht wohl eine andere Beziehung zum Staatsmechanismus ermöglicht haben, gleichviel ob er als »Pächter« oder als »Eigentümer« galt. Denn wie eine ägyptische »Steuererhebung« sich gestaltete, wissen wir: die Beamten landen unverhofft, es beginnt, unter Jammern der Weiber, eine allgemeine Flucht und Jagd; die erhaschten Steuerpflichtigen werden durch Bastonnade und andere Torturmittel zu einer »professio« genötigt, welche den Beamten (die ja für ihr katastermäßiges Abgabenquantum einstehen müssen) genügt. So tritt der »Staat« dem Orientalen (ähnlich dem russischen Bauern) gegenüber. Der tiefe Antipolitismus der orientalischen Völker, dem gegenüber das paulinische Christentum schon eine starke Akkommodation bedeutet, hat hier seine Wurzel.
Ob der ptolemäische Doppelsprachgebrauch: »eigenes« (ἰδιωτική) und »selbsterworbenes« (ἰδιόρτητος) Land auf eine Beschränkung der – während der ganzen Zeit bis zu den Ptolemäern fortbestehenden – Retraktrechte auf Erbgut zurückgehen, ist wohl nicht auszumachen. Jedenfalls setzen schon die Erlasse der ersten Ptolemäer privates Kaufland voraus, und es ist nicht der geringste Grund, zu glauben, daß dies etwas Neues gewesen sei. Für das Vorkommen des – bei der alten Teilbarkeit der königlichen Schenkungen schon an sich nicht auszuschließenden – Kleineigentums in spätpharaonischer Zeit sprechen die Erbinventarien, welche so oft »Gärten« als Erbbestandteile aufzählen. – Die Familiengebundenheit des Bodens und der Fortbestand der Polygamie machte es natürlich höchst wichtig für die Ehefrau, ihre eigene Stellung und die ihrer Kinder kontraktlich zu fixieren, zumal da auf sexuellem Gebiet, nach Ausweis der Urkunden, in dieser Spätzeit volle Vertragsfreiheit und Scheidungsfreiheit bestand. Gütergemeinschaftskontrakte, Wittumskontrakte, Festsetzung bestimmter СКАЧАТЬ