Krisenkommando. Will Berthold
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Название: Krisenkommando

Автор: Will Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711727041

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СКАЧАТЬ als »Grenzlein« akzeptiert zu werden.

      Unsere Organisation hatte das System 777 ausgeheckt und war bei dieser runden Zahl geblieben, obwohl zur Erstausstattung mit einer fremden Persönlichkeit weit über 800 Antworten gehörten. Eine solchermaßen gestrickte Identität hielt nach unseren Erfahrungen auch einem fachkundigen Kreuzverhör durch die Polizei eine Nacht lang stand, aber spätestens im Morgengrauen wäre die angenommene Legende zerfleddert.

      Trotz Zeitnot hatten wir extrem-gründlich vorzugehen und Grenzleins Vergangenheit aus winzigen Mosaiksteinchen zusammenzustellen. Wir mußten mehr wissen, als den Markennamen der Uhr, die ihm Tante Emma vor 17 Jahren zur Konfirmation geschenkt hatte, oder den Namen des Kinderarztes, von dem seinerzeit die Masern behandelt worden waren. Der erste Kuß gehörte genauso in dieses Sittengemälde wie die letzte Liebesnacht.

      Wir setzten mehr als ein Dutzend Leute auf mein anderes Ich an. Kindheit, Elternhaus, Familienleben wurden ebenso durchforstet wie Pubertätsschwierigkeiten und Studienmilieu. Ohne es zu merken, arbeiteten Nachbarn, Lehrer, Kommilitonen und Freundinnen für meinen Schutz.

      Bevor ich mich für das Gespräch mit Grenzlein einließ – natürlich äußerlich so verändert, daß ihm unsere Ähnlichkeit nicht auffallen konnte –, mußte ich mich durch einen ganzen Berg von Informationen hindurcharbeiten.

      Manchmal haderte ich mit der Natur, daß sie einem solchen Burschen meine Gesichtszüge geliehen hatte. Zwei Tage lang stand Grenzlein tatsächlich eine Art Schweigehaft durch. Wir ließen ihn im eigenen Saft schmoren und knöpften uns dafür um so energischer den Kurier aus Beirut vor, der die Spezialabteilung des Bundeskriminalamtes auf Grenzleins Fährte gebracht hatte und übrigens ein Jordanier war.

      Der Name, den er uns nannte, war mit Sicherheit falsch, aber wir quetschten mit der Zeit aus ihm heraus, daß er zu einer palästinensischen Terrororganisation gehörte, die sich »Arabiens Speerspitze« nannte und wohl eine Art Konkurrenz zum »Schwarzen September« darstellte. Er hatte fast zwei Jahre in Deutschland als Gastarbeiter gearbeitet und dabei Grenzlein kennengelernt, war dann anschließend aufgefallen und abgeschoben worden. Mit einem falschen Paß illegal eingereist, hatte er den Befehl, den Kontaktmann Lothar Grenzlein in seinem Schlupfwinkel aufzusuchen und ihm das Stichwort »Rabîs« zu nennen.

      Rabîs heißt zu deutsch Frühling, und wir konnten uns denken, daß es der Codename für eine neuerliche Schweinerei war, wie zum Beispiel Flugzeugentführung oder Olympia-Massaker, wobei Grenzlein wohl auf deutschem Boden als Lotse verwandt werden sollte.

      Er war womöglich zweite Wahl, denn den Zielfahndern des Bundeskriminalamts war es in den letzten Monaten gelungen, einige der gefährlichsten Anarchisten festzunehmen. Der Verhaftete gab mehr blumige Propaganda von sich als exakte Information, aber aus dem Schwulst konnten wir ein paar brauchbare Körnchen destillieren. Wir kamen zu der Ansicht, daß mehrere Kommandos der Untergrundgruppe »Arabiens Speerspitze« in Europa unterwegs waren, um schlagartig ihre Wahnsinnsaktionen zu starten.

      Zunächst einmal ging es darum, ein neuerliches Massaker und eine Erpressung größten Ausmaßes zu verhindern, und dabei bot sich die Chance, tief in die deutsche Terrorszene vorzustoßen, denn die Schätzchen vom Jordan waren mit Sicherheit auf deutsche Komplicen angewiesen, die womöglich den Plan ausgeheckt hatten. Das Schlimme an der Situation war ja, daß die Desperados längst weit besser international zusammenarbeiteten als ihre Verfolger, die von nationalen Vorschriften, Gesetzen und Rivalitäten aufgehalten wurden.

      Die Zeit für ein erstes Zusammentreffen mit Grenzlein war gekommen.

      Ich hatte mich mit ein paar Handgriffen so verändert, daß auf dem Gang des viereckigen Fuchsbaus – Organisationsintern »Quadrogon« genannt – Diana an mir vorbeilief, ohne mich zu erkennen.

      »Ich komme aus Pullach«, stellte ich mich Grenzlein vor. »Ich heiße Meier, oder auch Müller. Oder Huber. Ganz wie Sie wollen – suchen Sie sich das Passende aus.«

      »Und wie wollen Sie sich als bevollmächtigter Unterhändler ausweisen?« fragte er mild.

      »Hiermit«, erwiderte ich und öffnete meine Aktentasche.

      Ganze Bündel banderolierter Hundert-Mark-Scheine sprangen ihm förmlich in das Gesicht.

      Seine Augen wurden rund wie Fünf-Mark-Stücke.

      »Schön«, sagte er. »Dieser Ausweis zählt bei mir.«

      Ich klappte die Mappe wieder zu, stellte sie neben mich.

      »Sie sitzen ganz schön in der Tinte, Grenzlein«, begann ich ihn zu kneten. »Und wir können Sie erst noch richtig hineinreiten«, setzte ich den Hebel an. »Wir könnten Sie aber – unter Umständen – auch hier herausholen.«

      »Lassen Sie doch diese Kindereien«, versetzte er großartig. »Wenn Sie nicht so scharf auf mich wären, hätten Sie doch nur hundert Mark in der Tasche –«

      »Zweihundert«, erwiderte ich. »Und was kosten Sie?«

      »Straffreiheit«, antwortete er. »Einstellung des Verfahrens. Der Klassenjustiz wird schon der richtige Trichter einfallen.«

      »Wir sprechen über Geschäfte«, entgegnete ich. »Sie brauchen hier nicht zu agitieren.«

      »100000 Mark sofort«, kam er zur Sache. »Und 100000 Mark nach Erledigung der Geschichte.«

      »Welcher Geschichte?« fragte ich.

      »Ich liefere Ihnen die Möglichkeit, eine Gruppe meiner arabischen Freunde zu zerschlagen, die dabei ist, ein riesiges Ding zu drehen.«

      »Und das kennen Sie?«

      »Nicht genau«, schränkte er ein, »aber so ungefähr.«

      »Schöne Freunde haben Sie«, erwiderte ich. »Wer garantiert mir, daß Sie sich nicht die 100 000 Mark in die Tasche stecken, verduften und sich ins Fäustchen lachen?«

      »Sie lassen mich hier laufen, und beschatten mich dabei. Ich nähere mich auf Umwegen den Unterkünften der Attentäter.«

      »Und wenn die merken, daß wir Ihnen gefolgt sind?«

      »Dann sind Ihre Leute Pfuscher«, stellte er nicht unlogisch fest.

      »Und Sie ein toter Mann«, entgegnete ich beiläufig. »Warum verpfeifen Sie eigentlich Ihre Gesinnungsgenossen?« fragte ich ohne Betonung.

      »Erstens einmal habe ich sie noch nicht verpfiffen«, erwiderte Grenzlein, »und zweitens haben Sie mich geschnappt, und da sieht die Welt ja nun etwas anders aus als draußen. Sie dürften schon gemerkt haben, daß ich weiß; wo Gott wohnt.«

      Ich nickte.

      »Wenn wir schon dabei sind, so gemütlich miteinander zu plauschen«, fuhr er fort, »dann schenke ich Ihnen eine Information. Vorleistung«, spottete er: »Das sind nicht meine Gesinnungsgenossen. Gewiß, sie verstehen zu töten und zu sterben, aber für meinen Geschmack ist da viel zu viel Orient dabei. Verstehen Sie?«

      »Nicht ganz.«

      »Zu viel Kismet und zu viel Koran«, erklärte er. »Wenn Sie mich fragen: Bei denen fehlt es am gesellschaftlichen Bewußtsein noch ganz gewaltig.«

      »Und wird es vermutlich auch immer fehlen«, ging ich auf seinen Ton ein, »denn Allah il Allah ist ja nicht ihr Parteigenosse.« Ich betrachtete СКАЧАТЬ