Название: Chefarzt Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman
Автор: Helen Perkins
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Chefarzt Dr. Norden Staffel
isbn: 9783740976828
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»Ich weiß nur, dass sie sehr unglücklich gewesen ist und weg wollte.« Die Haushälterin schnaubte verächtlich. »Was nicht schwer zu verstehen ist, nicht wahr? Welche Frau läuft schon gerne mit einem Veilchen herum? Nicht sehr schmeichelnd.«
»Lassen Sie das dumme Gerede. Sie wissen genau, dass Lisa es verdient hatte. Es war ihre eigene Schuld. Sie hätte mich nicht provozieren sollen.«
»Sie hatte keine Chance, es nicht zu tun.«
Kai bekam schmale Augen. Er rieb sich über das bartstopplige Kinn und bellte: »Schluss mit dem Unsinn! Ich will auf der Stelle wissen, wo meine Frau ist. Machen Sie den Mund auf, oder aber Sie werden es bereuen, Kramerin! Sie wissen ganz genau, dass ich in der Beziehung keinen Spaß verstehe!«
»Ich auch nicht.« Als der Unternehmer einen Schritt auf sie zu machte, schloss sich ihre Rechte um den Griff der schweren Pfanne aus Gusseisen, die sie vorsorglich parat gelegt hatte. »Ich warne Sie, das könnte schmerzhaft werden …«
Kai Wagner starrte sie einen Moment lang mit einer Mischung aus Verblüffung und Wut an, die aber allmählich verrauchte. Schließlich ließ er sich schwer auf einen der Küchenstühle fallen, fuhr sich durchs Haar und brummte: »Ich liebe Lisa, ich will sie nicht verlieren.«
»Damit kommen Sie bei mir auch nicht weiter. Ich weiß nicht, wohin sie wollte. Ich weiß nur eins: Ganz egal, wo sie jetzt ist, es geht ihr besser als bei Ihnen.«
»Verdammt!« Er schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte, dass es knallte.
»Nehmen Sie sich mal zusammen, Herr Wagner, sonst sind Sie mich auch los«, mahnte sie streng, stellte die Pfanne fort und trat neben den Tisch. »Wie sehr Sie Ihrem Vater ähneln, es ist manchmal wirklich zum Erschrecken.«
Er blickte zu ihr auf, etwas wie Reue spiegelte sich in seinen Augen. Und – Elfriede meinte, sich zu täuschen – Scham.
»Ich habe ihn gehasst. Ich bin froh, dass er tot ist.«
»Das meinen Sie ja nicht im Ernst.«
»Was soll ich jetzt tun? Ich kann ohne Lisa nicht leben.«
»Das hätten Sie sich früher überlegen müssen«, ließ sie ihn lapidar wissen, drehte sich um und nahm das Tablett mit dem Frühstück. »Jetzt ist es zu spät.«
Während Elfriede Kramer den Tisch im Esszimmer für eine Person deckte und dabei sehr hoffte, dass es noch lange so bleiben würde, telefonierte Kai Wagner mit einem Bekannten. Sein Name war Thilo Groß, er betrieb eine große Detektei in München. Es war nicht das erste Mal, dass Kai sich an ihn wandte, der Detektiv wusste gleich Bescheid.
»Wie ist ihr Name und der des Jungen?«, fragte er knapp.
»Lisa. Ihr Sohn ist sieben und heißt Torben.« Er beschrieb die beiden bis ins Detail, während Thilo Groß sich Notizen machte.
»Wann sind sie verschwunden?«
»Gestern Abend, die genaue Uhrzeit kann ich dir nicht sagen, ich war nicht zu Hause.«
»Kein Anhaltspunkt, wohin oder zu wem sie wollte? Hat sie Freunde, gute Bekannte, Verwandte in der Stadt?«
»Nur einen Bruder, der lebt in Ulm.«
»Gut, ich mache mich gleich dran und melde mich, sobald ich sie gefunden habe.«
»Danke, Thilo. Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.« Kai Wagner beendete das Gespräch ein wenig erleichtert, auch wenn die Unsicherheit noch immer sein Denken bestimmte. Was, wenn Lisa ihre Flucht diesmal besser geplant hatte als bei den letzten Versuchen, was, wenn sie entkam?
Nein, das durfte nicht geschehen! Das würde er nie erlauben! Thilo würde sie ausfindig machen. Und dann gnade ihr Gott …
Elfriede Kramer bedachte ihren Brotherren mit einem kühlen Blick, als er im Esszimmer erschien, um noch einen Kaffee zu trinken, bevor er in die Agentur fuhr. Schließlich musste nach außen hin alles so weitergehen wie bisher. Kein Fleck sollte seine weiße Weste beschmutzen.
»Was ist?«, fragte er irritiert.
»Sie werden sie nicht finden, diesmal nicht. Selbst wenn Sie den ganzen Münchner Polizeiapperat in Bewegung setzen könnten. Sie ist fort. Und das ist gut so. Sie haben ihr lange genug das Leben zur Hölle gemacht.«
»Der Kaffee ist zu bitter, Kramerin. Nehmen Sie das nächste Mal etwas weniger. Sonst könnte ich auf den Gedanken kommen, eine neue Haushälterin einzustellen.«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können«, war alles, was sie darauf antwortete.
Kai Wagner betrachtete sie spöttisch. »Kommen Sie lieber von Ihrem hohen Ross herunter, meine Gute. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich weiß, wo Lisa ist. Und Sie sollten beten, dass es nicht allzu lange dauert. Denn je länger ich auf ihre Heimkehr warten muss, desto höher wird ihre Strafe ausfallen. Und, wer weiß, vielleicht auch die Ihre …«
*
»Die Commotio ist nicht das eigentliche Problem. Das sitzt nach wie vor hier.« Dr. Daniel Norden deutete auf die Einblutung unterhalb der Haut an Mark Hansens Hinterkopf. »Das Ödem hat sich noch vergrößert und beeinträchtigt diese Areale.«
Die Neuropsychologin Dr. Amelie Gruber nickte. »Ich habe eben das erste Gespräch mit dem Patienten geführt. Er leidet unter einer retrograden Amnesie, das heißt, alles, was vor dem Trauma geschehen ist, ist zunächst einmal verloren.«
»Sie sagen, zunächst einmal, Frau Kollegin.«
Die dunkelhaarige Fachärztin warf einen Blick auf ihre Notizen. »Bei der Erstprüfung der Gedächtnisleistung, von Aufmerksamkeit und Exekutivfunktionen, also den gesamten höheren mentalen Prozessen, hat sich eine komplette Amnesie abgezeichnet. Dieser Zustand ist allerdings nicht von Dauer. Erfahrungsgemäß wird der Patient innerhalb von achtundvierzig Stunden grundlegende, tief eingeprägte Fähigkeiten und Fakten zurückerlangen. Klartext: Wir können damit rechnen, dass er dann wieder seinen Namen kennt, seine Adresse, seinen Beruf. Alles Persönliche.«
»Und der Überfall?«
»Der wird weiterhin im Dunkel bleiben. Das Trauma aufzulösen, damit die Erinnerung daran zurückkehrt, ist ein etwas längerfristiger Prozess. Und zwar therapeutisch wie medikamentös.«
»Die Polizei wartete auf seine Aussage.«
Dr. Grubers tiefblaue Augen begannen ironisch zu funkeln. »Sie werden warten müssen. Das Gehirn lässt sich nichts befehlen. Wir können es bitten, uns seine Geheimnisse zu verraten. Aber ein Trauma ist eine zähe Angelegenheit, die Zeit braucht.«
Dr. Norden hatte bereits etwas Ähnliches erwartet. »Wie werden Sie behandeln, Frau Kollegin?«, wollte er noch wissen.
»Neben der regelmäßigen Prüfung seiner kognitiven Fähigkeiten und einer Gesprächstherapie mit Donepezil und Rivastignin. Beide Wirkstoffe erhöhen die Konzentration des Neurotransmitters Acetylcholin.«
»Gut, halten Sie mich bitte auf dem Laufenden, Frau Kollegin. Sie wissen ja, es gibt ein besonderes Interesse daran, dass СКАЧАТЬ