Название: Elfenzeit 7: Sinenomen
Автор: Susanne Picard
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Elfenzeit
isbn: 9783946773306
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»Also, was meinst du, wo wir sind?«, fragte Rian scheinbar leichthin.
»Ich weiß es nicht«, antwortete David. »Ich habe so eine Landschaft noch nie gesehen. Es ist nicht im Entferntesten wie zu Hause, oder Island, auch wenn es Schafe gibt. Aber die Palmen da hinten …«
»Ich glaube, wir sind gar nicht mehr in Europa«, murmelte sie. »Schafe und Palmen … das muss weit weg sein, vielleicht in Indien …«
»Da gibt’s Dschungel.«
»Keine Palmen?«
Er zuckte die Achseln.
»Was dann? Amerika?«
»Nee. Darüber hat mir Robert so manches erzählt.«
»Du bist nicht sehr hilfreich!«, beschwerte Rian sich.
David grinste leicht. »Ich vermute, wir sind auf einem anderen Kontinent, aber nicht Amerika. Sondern wieder eine Insel. Irgendwo in der Südsee, oder Afrika …«
»Australien?«
Sie sahen sich an und prusteten los, steigerten sich in hysterisches Gelächter.
»Wir sind also gestrandet«, fing Rian schließlich wieder von vorn an. »Der Getreue hat uns gerettet und wie üblich keine Wegbeschreibung mitgegeben.«
David nickte, seine Miene verfinsterte sich. »Ich wollte, dass er Nadja und meinen Sohn rettet! Aber ich hätte wissen müssen, dass er sich nicht daran hält!«
»Du denkst, er hat Nadja und Talamh nicht …«
»Ich weiß nicht, was er getan hat. Wann weiß man das schon je bei ihm! Nichts passt mehr zusammen.«
Sie legte die Hand auf seinen Arm. »David, der Getreue hat seine Königin verraten, als er Nadja von Irland wegbrachte. Er will nicht, dass ihr etwas geschieht, aus welchem eigennützigen Grund auch immer. Doch er will Nadja und Talamh lebend. Also hat er sie bestimmt wieder rechtzeitig in Sicherheit gebracht.«
»Aber wohin diesmal?« Er schlug auf den Boden und riss Grasbüschel aus. »Seit Monaten bin ich von ihr getrennt, Rian! Ich habe meinen Sohn noch nicht einmal im Arm gehalten und ihn weniger als zwei Minuten gesehen! Ich ertrage das bald nicht mehr!« Er sprang auf, wandte sich von ihr ab und starrte aufs Meer hinaus.
Rian blieb einen Moment sitzen, versuchte zu verstehen, was ihn so sehr bewegte. Die Liebe war ihr fremd, nach wie vor, und dass David auf einmal so ungeduldig war … es musste an der Zeit liegen, am Bewusstsein, dass er sterblich war und eine Seele in ihm heranwuchs. Ihr Bruder glich sich immer mehr den Menschen an, hatte Zeitnöte, Sorge, dass er nicht mehr hinterherkam …
Aber was konnte sie für ihn tun?
Doch, da gab es etwas. Sie stand auf. »Pass auf, David. Der Elfenkanal ist durchlässiger geworden, seit Bandorchu den Stab beim Ätna gesetzt hat. Ich werde versuchen, etwas herauszufinden. Vielleicht erfahren wir so, ob Nadja und Talamh in Ordnung sind.«
David schwieg, aber er warf seiner Schwester einen dankbaren Blick zu. Rian wandte sich ab und schloss die Augen. Sie konzentrierte sich und blendete die strahlende Sonne, das Rauschen des Meeres und das Kreischen der Möwen aus.
Ihre Sinne dehnten sich aus. Doch sie konnte keinen Kontakt herstellen. »Kannst du denn deinen Sohn nicht spüren?«, fragte sie leise.
»Natürlich«, antwortete er. »Er ist überall. Lausche in dich hinein, du kannst ihn auch wahrnehmen. Doch das ist sein Geist. Ich weiß nicht, ob sein Körper unversehrt ist, und ich kann Nadja nirgends finden. Du warst in diesen Dingen sowieso immer besser als ich.«
Daraufhin dehnte sie ihre Sinne erneut aus. Vielleicht konnte sie erfassen, wie die Schlacht ausgegangen war. Verluste – es hatte Verluste gegeben. »Schlimme Verluste«, murmelte sie kaum hörbar. »Ich weiß nicht, ob es unsere Seite oder die der anderen betrifft.«
»Alle Seiten«, erwiderte David. »Zuletzt mussten alle gegen Fenrir antreten, und wer weiß, wie viele Opfer er gefordert hat.«
Rian verzog das Gesicht und rieb ihr lädiertes Knie. »Das nächste Problem ist – in erreichbarer Nähe gibt es kein Portal.«
»Jede Wette, der Getreue hat es genau darauf angelegt, um uns so lange wie möglich hierzubehalten. So weit wie möglich weg von allem Geschehen.«
»Also dann, gehen wir einfach los und finden heraus, wo wir sind, und wie wir von hier wegkommen. Eins nach dem anderen.«
Ihre Knieverletzung machte das Gehen schwer, sie war kaum in der Lage, es abzuknicken und es schwoll zusehends an. Aber auch die tiefe Schnittwunde an Davids Arm, die sie ebenfalls spürte, begann jetzt stärker zu schmerzen. Sie hörte ihren Bruder hinter sich leise vor sich hinfluchen, aber sie achtete nicht darauf. Ihrer Erfahrung nach würde es besser sein, über etwas Unwichtiges zu plaudern, damit er abgelenkt wurde. Sie schwelgte in Erinnerungen über Paris und ihren Job als Model dort, wie umschwärmt sie gewesen war von allen bedeutenden Modeschöpfern dieser Welt, hatte immer die angesagtesten Klamotten tragen können, Nougat und Glitzerschmuck kaufen … »Sie lagen mir alle zu Füßen.«
Erwartungsgemäß ließ David einige gepfefferte Sätze über Pariser In-Modeschöpfer fallen, die sowieso alle dekadent seien und immer genau das Falsche für wirklich schön hielten und überhaupt nie in der Lage seien, sowohl funktionale als auch schöne und zeitlose Mode zu kreieren.
Als ob er etwas davon verstünde!, dachte Rian amüsiert. Vor allem das mit der Dekadenz gefiel ihr – darin waren schließlich die Elfen absolute Meister. Jedenfalls hatte der Trick mit der Ablenkung funktioniert, und sowohl David als auch sie selbst wurden zusehends munterer. Irgendwann konnte ihr Bruder sogar mitlachen. Das war gut, denn seit seine Seele wuchs, war er viel zu häufig mürrisch und verschlossen. Wenig elfentypisch.
Rian blieb stehen und warf einen intensiven Blick über die sonnenbeschienene Landschaft. Sie hätte angenommen, dass Menschen, die Schafe hielten, nicht allzu weit entfernt lebten. Doch die Weide zog sich scheinbar endlos über die grünen Hügel, die sich wiederum, nur unterbrochen von kleinen Wäldchen mit Palmen und anderen exotischen Gewächsen, bis zum Horizont zogen, der an einen nach wie vor blauweißen Himmel stieß.
Plötzlich blieb sie stehen, und David, der nicht aufgepasst hatte, lief auf sie auf.
»Was ist jetzt schon wieder?«
Rian verdrehte die Augen. »Streng deine Elfenaugen mal ein bisschen an. Zwischen den beiden Hügeln dort vorn steht nämlich etwas, das uns vielleicht weiterhelfen könnte.«
David kniff die Augen zusammen, dann glättete sich seine Stirn: Die Ecke eines Dachgiebels, der braunglänzend in einer Senke zwischen den mit graugrünem Gras bewachsenen Bodenwellen hervorlugte.
»Das ist ein Haus. Oder sowas in der Art jedenfalls. Nichts wie hin!«
Auf einmal war er wieder ganz er selbst, energiegeladen СКАЧАТЬ