Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte. Auerbach Berthold
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Название: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte

Автор: Auerbach Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788726614541

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СКАЧАТЬ breiten Hand langsam über das ganze Gesicht, dann schaute er hell auf, der Reppenberger rief ihm. Der herbeigebrachte Wein richtete ihn bald wieder auf und nun galt es, die begonnene Rolle muthig fortzusetzen. Die Stadtzinkenisten bliesen eben nach einer andern Himmelsgegend und die Klänge schwebten wie verloren über dem lauten Marktgewühle. Einmal sprach er eifrig und ganz allein mit einem fremden Händler und es verbreitete sich rasch die Sage, dass er im Auftrage dieses, der noch gar nichts eingekauft hatte, die Händel abschliesse. Diethelm merkte bald, dass sein Auftreten dem Markt eine ganz andere Wendung gegeben hatte; es kamen schon Unterhändler die sich im Auftrage Ungenannter nach dem Wiederverkaufe erkundigten. Eine Weile stockte er und gedachte mit mässigem Gewinn darauf einzugehen, aber der Reppenberger hatte Recht: jetzt im hohen Verkehr, wo Alles im Trab geht, kann man nicht hufen und rückwärts fahren; wenn Alles vorbei ist, dann lässt sich ein guter Treffer machen, dann hat man die ganze Geschichte allein in der Hand, drum jetzt nur muthig vorwärts. Und immer neue Zahlen stellten sich in die Schreibtafel Diethelms, er hatte schon dreimal die Schreibtafel in die Tasche gesteckt und die Hand darauf gelegt mit der Versicherung, dass er sie nicht mehr herausthue, und wenn er die Sachen halb geschenkt bekäme, er gehe nicht weiter ins Wasser, als er Boden habe; aber Alles schrie über seine Bescheidenheit, so ein Mann wie er, könne dreimal den Markt auskaufen. Dieser Ruhm stachelte ihn immer wieder aufs Neue, denn er sah, wie seine prahlerische Bescheidenheit ihm immer mehr Vertrauen an den Hals warf. Der Gedanke, wie sehr er dieses Zutrauen täusche und vielleicht ganz betrüge, zuckte ihm wieder durch die Seele, aber jetzt fand er eine rasche Aushülfe: da ist der Steinbauer, der so heilig thut, wie ein frisch vom Himmel geflogener Engel, und ohne Widerrede gibt er einen geringern Preis an, als er bekommt und betrügt damit alle Anderen. Aller Handel und Wandel ist auf Lug und Trug gestellt, ein bischen mehr, ein bischen weniger; und es kann ja wohl sein, es ist so viel als sicher, dass kein Mensch einen Heller verliert. — Die Leute zeigten einander, wie zuversichtlich und froh der Diethelm dreinsah und beneideten ihn um den Haupttreffer, den er heute mache.

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      Drittes Kapitel.

      Wieder kehrte Diethelm mit grossem Geleite in das Wirthshaus zurück. Es waren nun wirklich seine Vasallen, denn ihn umgaben alle Die, denen er abgekauft hatte.

      Unter dem Thore begegnete er seiner Tochter, die mit einigen Mädchen dort seiner harrte; sie fragte ihn, ob er nun mitgehe, ihr, wie er versprochen, einen Marktkram zu kaufen. Diethelm sagte, er habe keine Zeit und gab ihr zwei Kronenthaler, dass sie sich selber etwas kaufe.

      Mit dem Steinbauer musste nun vor Allem glatte Rechnung gemacht werden. Diethelm nahm ihn zuerst allein vor, aber er mochte reden, was er wollte, der Steinbauer blieb bei seiner Aussage, er verlangte ein Viertheil des Kaufpreises als Anzahlung und binnen acht Tagen die Unterschrift des Schäuflerdavid als Bürgen. Diethelm suchte das Ungerechte dieser Bedingungen, die gar nicht festgestellt waren, darzuthun; der Steinbauer verzog keine Miene und blieb dabei, selbst als Diethelm laut lachte und die Sache ins Scherzhafte ziehen wollte, blieb sein Widerpart ohne Theilnahme und war, was man so nennt, ein bestandener Bauer, der sich nicht so leicht aus seinem Schritt bringen liess. Schnell in Zorn überspringend, schalt ihn Diethelm einen Betrüger, da er einen geringeren Kaufpreis angegeben habe, um die Anderen zu hintergehen. Der Steinbauer läugnete diess und behauptete, er habe zur Angabe Diethelms nur geschwiegen, er könne aber jetzt auch reden und vielleicht mehr als lieb sei.

      ,,Was meinst? was?“ fragte Diethelm hastig.

      ,,Ich mein’ gar nichts, ich will mein Geld und da bleibt ein Jeder wer er ist.“

      ,,Hältst mich für ein Schuldenbäuerle?“ fragte Diethelm halbzornig.

      ,,Nein, b’hüt Gott, ich könnt’ mit dir tauschen, wenn’s drauf ankäm’; aber weisst: zahlen mit baar Geld, das zwingt die Welt. Du brauchst ja nur pfeifen, da hast’s, und wenn ich mein Sach’ wieder an mich zieh’, und das thu’ ich, wenn du mich nicht baar bezahlst, ich liess’ es aber nicht dabei, ich müsst’ vor’s Amt damit, so hart es mich ankommt.“

      Diethelm fühlte, was es heisst, sich in schwankender oder gar in verzweifelter Lage zu befinden, da muss man sich so zu sagen über’s Ohr hauen lassen und thun, als ob nichts geschehen wäre, nur um Aufsehen und genauere Nachforschung zu vermeiden.

      „In einer Stunde hast all dein Geld,“ rief Diethelm den ihn ungerecht Bedrängenden überbietend.

      ,,So recht,“ sagte der Steinbauer, „wie viel Uhr ist jetzt? Drei? Um viere bin ich wieder da. B’hüt’ dich Gott und zürn’ nicht.“

      Die Uebrigen, die den zähen Steinbauer so zufrieden davon gehen sahen, waren schnell befriedigt, und Diethelm drang selber drauf, dass sie „wegen Leben und Sterben“ eine Handschrift von ihm nehmen mussten. Nun eilte er zu dem Advokat Rothmann und verlangte von ihm ein Darleihen für den Steinbauer; der Advokat beglückwünschte Diethelm zu seinen guten Einkäufen und schloss eine eiserne Geldkiste, indem er sagte: ,,Das sind Pfleggelder, Ihr seid ja selber Waisenpfleger und wisst, dass ich solches Geld nicht ohne gerichtliche Bürgschaft verleihen darf.“ Diethelm ging um die Kiste herum wie die Katze um einen Wursthäckler und sah mit Schmerzen das Alles verschliessen, ohne Miau zu machen; er blieb noch eine Weile harmlos plaudernd bei dem Advokaten und that, als ob er nie ein Anliegen gehabt hätte, mit dem er abgewiesen worden war. Er versicherte Rothmann, dass er weit davon entfernt sei, ihn aus der Abgeordnetenstelle verdrängen zu wollen, der Advokat entgegnete, dass er Diethelm Glück wünsche, wenn er als Candidat der sich so nennenden Conservativ-Liberalen durchdringe, die Herren möchten dann einmal ihre sogenannte Möglichkeitspolitik versuchen, um zu erfahren, dass das Schlechte leichter möglich sei als das einfach Rechte.

      Diethelm zeigte sich eifrig in Darlegung seiner Gesinnungen und doch dachte er jetzt an nichts weniger als an diess.

      Offen und versteckt laufen überall und allzeit die verschiedensten Interessen durcheinander.

      Als Diethelm das Haus verliess, traf er glücklich den Reppenberger vor demselben; durch diesen liess er nun ein gut Theil des Eingekauften unter der Hand zu baar Geld machen, mit der Bedingung, dass nicht hier unter den Augen der Marktaufseher, sondern morgen auf dem eine Stunde entlegenen Dorfe oder noch besser in seiner eigenen Heimath abgeliefert werde. Bis dieses Geschäft abgemacht war, wollte sich Diethelm verborgen halten und dazu gab es kein besseres Versteck als der Tanzboden im Stern, wo eben die Musik aufspielte; dort würde ihn gewiss Niemand suchen und dorthin sollte Reppenberger mit dem fremden Händler kommen.

      Es war, als ob doch etwas von dem Wunsche Diethelms, mit seinen zwei Rappen in den Stuben herum zu kutschiren, erfüllt wäre; denn kaum war er auf dem Tanzboden, wo sich eben in lärmender Pause die erhitzten Paare verliefen, als Alles ehrerbietig vor ihm auswich und da und dort hörte er seinen Namen pispern. Einige ältere Leute, die ihm zutranken und stolz darauf schienen, dass er das Glas annahm, fragte er nach dem Reppenberger, den er zu suchen vorgab; sogleich erboten sich mehrere Trinkgelds-Bedürftige den Reppenberger aufzusuchen. Diethelm hatte abzuwehren so gut er konnte, und glücklicherweise erlöste ihn ein junger, modisch gekleideter Mann, der mit vielen Bücklingen auf ihn zukam, sich als ältesten. Sohn des Sternwirths vorstellte und Diethelm bat in die Herrenstube zu kommen.

      Die Welt duldete es gar nicht mehr, auch wenn er es selbst gewollt hätte, dass er in niederem Bereiche verweilte. Diethelm betrachtete sich selbst, um zu erkunden, was denn an ihm sei, dass ihm Jeder ungefragt eine höhere Stufe anwies. Er folgte dem jungen Manne, der äusserst ehrerbietig war, die Treppe hinab und als er eben die Klinke zur Herrenstube in der Hand hatte, hörte er einen Soldaten unter der Hausthüre sagen: ,,komm nur.“ Diethelm drehte sich um, die Stimme war ihm bekannt, und der Soldat fuhr fort:

      ,,Tanz’ du nur einmal, während der Zeit wird dein Vater um ein paar tausend Gulden reicher und ich krieg’ dich immer weniger.“

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