Das dritte bis sechste Buch Esra. Hermann Gunkel
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das dritte bis sechste Buch Esra - Hermann Gunkel страница 12

СКАЧАТЬ ich Jakobs Elend nicht brauchte zu sehen

      und die Not des Geschlechtes Israel[60]? —

      36 Er sprach zu mir:

      So nenne mir die Zahl der Zukünftigen[61],

      sammle mir zerstreute Tropfen [des Regens] wieder ein,

      mach vertrocknete Blumen wieder grün,

      37 öffne mir die verschlossenen Kammern

      und laß die Winde[62], die sie enthalten, heraus,

      ’sage mir, wie Gesichter aussehen, die du nie gesehen hast‘[63],

      oder zeige mir die Gestalt des Tons[64];

      so will ich dir das Rätsel[65] lösen, das du zu schauen begehrst. 38 Ich sprach: Herr, mein Gebieter, wer könnte sich auf dergleichen verstehen[66], außer denen, die nicht unter Menschen wohnen[67]? 39 Ich aber habe nicht Wissen ’noch Macht‘[68]; wie könnte ich solche Fragen beantworten? 40 Er sprach zu mir: So wenig du von alledem, was ich nannte, auch nur Eines zu thun vermagst, so wenig vermagst du mein[69] Gericht zu erfassen[70] oder das Ziel der Liebe, die ich meinem Volke zugesagt[71].

      

       Über die Stellung der verschiedenen Generationen im göttlichen Weltplan.

       Gilt Gottes Verheißung nur dem letzten Geschlecht?

      

      41 Ich sprach: Ach, aber Herr, dein Segen gilt nur denen[72], die das Ziel erleben[73]; was sollen aber unsere Vorfahren, wir selbst und unsere Nachkommen thun? 42 Er sprach zu mir: Einem Reigen[74] soll mein Gericht gleich werden; darin sind die Letzten nicht zurück und die Ersten nicht voran[75].

      

       Verschiedene, aufeinander folgende Generationen sind in dieser Welt notwendig.

      

      43 Ich antwortete und sprach: Konntest du nicht alle Geschlechter der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf einmal schaffen, damit dein Gericht um so schneller erscheine? 44 Er antwortete mir und sprach: Die Schöpfung darf dem Schöpfer nicht vorgreifen; auch könnte die Welt alle Geschaffenen auf einmal nicht ertragen. 45 Ich sprach: Wie aber stimmt das zu dem Worte, das du eben[76] zu deinem Knechte gesagt hast, daß du einst die ganze Schöpfung auf einmal zum Leben erwecken würdest? Wenn sie einst alle auf einmal leben werden, und die Schöpfung das ertragen kann, wäre sie doch auch jetzt schon im stande, alle auf einmal zu tragen. 46 Er sprach zu mir: Frage den Mutterschoß und sprich zu ihm: Wenn du zehn Kinder bekommst, warum bekommst du sie, jedes zu seiner Zeit[77]? Fordere ihn auf, zehn auf einmal zu zeugen[78]. 47 Ich sprach: Unmöglich kann er das, sondern nur jedes zu seiner Zeit. 48 Er sprach zu mir: So habe auch ich ’die Erde‘[79] zum Mutterschoße gemacht für die, die, jedes zu seiner Zeit, von ihr empfangen werden[80]. 49 Denn wie das Kind nicht gebiert, noch die Greisin mehr[81], so habe ich auch in der Welt, die ich geschaffen, ’ein bestimmtes Nacheinander‘[82] festgesetzt.

      

       Die Welt ist alt geworden.

      

      50 Ich fragte ’ihn‘[83] und sprach: Da du mir nun die Wege gewiesen, so laß mich weiter vor dir sprechen. Ist unsere Mutter, von der du gesprochen, noch jung oder schon dem Alter nahe[84]? 51 Er antwortete mir und sprach: Frage die Gebärerin, die kann dirs sagen; 52 sprich zu ihr: Weshalb sind deine jüngsten Kinder ihren älteren Geschwistern nicht gleich, sondern weniger kräftig? 53 so wird sie selber dir antworten: Anders sind die, die in der Blüte der Kraft[85] erzeugt sind, anders die Kinder des Alters[86], als der Schoß die Kraft verloren hatte. 54 Nun ermiß du selber, daß ihr weniger kräftig seid als eure Vorfahren; 55 so auch eure Nachkommen weniger kräftig als ihr. Denn die Schöpfung wird schon alt und ist über die Jugendkraft schon hinaus[87].

      

       Der jüngste Tag kommt durch Gott allein.

      

      56 Ich sprach: Ach Herr, wenn ich Gnade vor deinen Augen gefunden habe, so zeige deinem Knecht, durch wen du deine Schöpfung heimsuchen wirst.

      

       Fußnoten:

      1. ↑ Die folgenden Zeichen sind nicht zeitgeschichtlich zu erklären, d. h. sie sind nicht aus bestimmten politischen Situationen zu verstehen, sondern aus der Geschichte der Religion, die solche Portenta als ersten Akt des großen Dramas erwartet. Nur V. 3 u. 4 betreffen eine geschichtliche Größe, nämlich das gegenwärtige Weltreich.

      2. ↑ ἔκστασις. vgl. 13,30, etwa מְהוּמָה.

      3. ↑ Aeth (Syr) territorium = ὅριον oder ὅρος, Lat (Ar¹) via = ὁδός v. Wilamowitz.

      4. ↑ Syr et sterilis erit terra fidei, vgl. Aeth Ar¹; vgl. Ap. Bar. 59,10 regio fidei.

      5. ↑ Lat incomposita vestigio (= στίβος?) wird die wörtl. Übersetzung des Originals sein; Syr et erit instabilis et non calcata glättet. Die griech. Phrase geht auf eine hebr. wie יְשִׁימוֹן־דֶּרֶך Ps. 107,4 zurück.

      6. ↑ et videbis, zur Konstr. vgl. 3,12.

      7. ↑ Lat post tertiam = μετὰ τὴν τρίτην, ergänze ἡμέραν Blaß; die Ellipse entspricht dem apokalyptischen mysteriösen Stil. Syr (eam quae post tertiam), Aeth (post tertium mensem), Arm (post tertiam visionem), vielleicht auch Ar¹ (post haec tria signa), lesen sämtlich denselben Text, freilich ohne ihn zu verstehen. Die drei „Tage“ sind die apokalyptische Geheimzahl, die dem Weltreich bis zu seiner Zerstörung gegeben wird; nach genauer Angabe sind es dreieinhalb Zeiten (Tage, Jahre); vgl. Gunkel, Schöpfung u. Chaos S. 268, A. 1; S. 269, A. 1. — Nach dieser Auffassung der schwierigen Stelle fügt V. 4 der Verheißung von V. 3 eine Zeitbestimmung hinzu. Gemeint ist das zur Zeit des Apokalyptikers herrschende Rom.

      8. ↑ Diese Stelle wird, wie es scheint, citiert Barn. 12,1: ὅταν ἐκ ξύλου αἷμα στάξῃ vgl. Bensly-James, S. XXVIIIf. — Der Gedanke ist auch dem deutschen Volke vertraut, vgl. Tell III, 3 „die Bäume bluten“ und erklärt sich ursprünglich daraus, daß man gewisse heilige Bäume beseelt denkt, nach Analogie menschlicher Leiber.

      9. ↑ СКАЧАТЬ