Название: 150. Die fälsche Braut
Автор: Barbara Cartland
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9781788674393
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Hastig zog er seine Uhr aus der Tasche. Es war kurz vor zehn. Zu früh, um schon zu Bett zu gehen.
Ganz plötzlich wußte er, was er zu tun hatte. Er mußte zu Clementine und sie von dem Vorgefallenen unterrichten. Unausdenkbar, wenn sie von jemand anderem über seine Begegnung mit der Königin erfuhr!
Die Talmadges weilten im Augenblick auf dem Land, wo sie sich bereits den ganzen Sommer über aufhielten. Ungeduldig wandte Sir Rupert der Eingangstür des Clubs den Rücken. Er hatte London satt, und würde ebenfalls aufs Land fahren. Mit schnellen Schritten überquerte er den Piccadilly und ging zum Berkeley Square hinunter. Unterwegs wurde er mehrmals von Bettlern angesprochen; und Frauen, die dem ältesten Gewerbe der Welt nachgingen, versuchten seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Aber er hörte und sah nichts. In seinem Hirn arbeitete es. Mit dem glasklaren, präzis arbeitenden Intellekt, den alle kannten, die mit ihm im Unterhaus zu tun hatten, entwarf er seine Pläne.
Es stand für ihn fest, daß er vorsichtig sein mußte nach dem, was an diesem Abend im Palast geschehen war. Wenn er bei der Kontaktaufnahme mit Clementine auch nur den kleinsten Fehler machte, spielte er denen in die Hände, die mit einem solchen Schritt rechneten und nichts Eiligeres zu tun haben würden, als es der Königin zu melden.
Zum Glück hatte er sich nur äußerst selten im Haus der Talmadges sehen gelassen. Er und Lady Clementine trafen sich heimlich und - wie sie bisher geglaubt hatten - völlig unerkannt in London oder in den Wäldern rings um Wroth. Doch wie sich jetzt herausgestellt hatte, waren sie viel zu sorglos und leichtsinnig vorgegangen. Und vor allem - in der Zukunft konnten sie nicht umsichtig und vorsichtig genug sein.
Sir Rupert entschied, daß er zunächst nach Wroth fahren würde. Damit konnte er nichts falsch machen, auch dann nicht, wenn man berücksichtigte, daß der Besitz der Talmadges an den seinen angrenzte. Dort angekommen, mußte er versuchen, ein unauffälliges Treffen mit Clementine zu arrangieren.
Wenn er London noch in dieser Nacht verließ, würde er zum Frühstück auf Wroth sein. Dann konnte man weitersehen.
Er betrat sein Haus am Berkeley Square, reichte dem Butler Umhang und Hut und begann mit ruhiger und beherrschter Stimme seine Anweisungen zu geben.
»Von einem alten Freund der Familie, der ebenfalls auf dem Empfang war, hörte ich, daß es meiner Großmutter gar nicht gut geht«, fügte er dann hinzu. »Ich nehme an, sie wird verboten haben, mich von ihrem schlechten Gesundheitszustand zu unterrichten. Sie glaubt bestimmt, meine Aufgaben im Parlament ließen mir keine Zeit zu einem Krankenbesuch. Aber ich werde natürlich unverzüglich nach Wroth aufbrechen.«
»Sehr wohl, Sir Ruprecht«, erwiderte der Butler. »Darf ich der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß es sich bei der Nachricht um einen falschen Alarm handelt und Sie Ihre Ladyschaft bei bester Gesundheit antreffen werden.«
»Gebe Gott, daß Sie recht haben«, sagte Sir Rupert und ging in die Bibliothek.
Die Ausrede dürfte einigermaßen brauchbar sein, dachte er auf dem Weg dorthin.
Sie war die einzige Möglichkeit, den lästigen Fragen fürs Erste einmal den Mund zu stopfen, denn gewiß würden morgen früh alle sein Stadthaus stürmen und wissen wollen, wohin er gefahren sei.
Sir Rupert ging auf einen Tisch zu, der zwischen zwei Fenstern stand und auf dem eine Reihe von Flaschen aufgebaut waren. Geistesabwesend goß er sich ein Glas Wein ein. Er hatte das Gefühl, etwas trinken zu müssen, doch als er das Glas an die Lippen setzte, stellte er fest, daß er eigentlich gar nicht durstig war. Seine Probleme nahmen ihn zu stark in Anspruch.
Immer wieder kreisten seine Gedanken um die Frage, wie er jetzt auf die Schnelle ein passendes Mädchen finden sollte, das er heiraten konnte. Und wo sollte er sie finden? Er kannte viele schöne Frauen, aber nicht eine einzige befand sich darunter, die im heiratsfähigen Alter war und sich vor allein für eine Heirat eignete.
Er seufzte und setzte das Weinglas nieder.
Vielleicht wußte Clementine Rat.
Vielleicht konnte sie ihm behilflich sein, eine Frau zu finden. Denn so albern würde sie ja wohl nicht sein, ihm eine Eifersuchtsszene zu machen und von ihm zu verlangen, die Weisung oder - noch genauer - den Befehl der Königin in den Wind zu schlagen. Nein, das konnte er sich eigentlich nicht vorstellen.
Clementine war eine vernünftige Frau. Sie wußte so gut wie er, was für ihn auf dem Spiel stand: der Posten des Außenministers mit noch nicht ganz dreiunddreißig Jahren. Eine beinahe einmalige Karriere. Suchte man eine Parallele, fand man nur den Fall des jungen Pitt, der mit dreiundzwanzig zum Finanzminister aufgestiegen war.
Gedankenverloren füllte Sir Rupert noch einmal das Glas, leerte es in einem Zug und wandte sich zum Gehen. Dabei fiel sein Blick auf einen Stapel von Einladungen, die auf dem Kaminsims unter dem großen Chippendalespiegel lagen. Die zuoberst liegende Karte erregte seine Aufmerksamkeit.
»Earl und Komteß von Cardon«, las er halblaut. »Am 6. Juli, drei Uhr nachmittags, auf Rowanfield Manor, Rowan.«
Einige Augenblicke lang starrte Sir Rupert auf die weiße Karte.
Dann murmelte er: »Morgen um drei - und Clementine ist ganz sicher auch dort.«
Ja, es bestand kein Zweifel. Lady Clementine Talmadge würde der Einladung genauso Folge leisten wie alle anderen Honoratioren der Grafschaft, und es würde ein Leichtes sein, sich mit ihr in aller Öffentlichkeit und wie zufällig zu treffen.
Sir Rupert drehte sich noch einmal zum Kamin um, dann verließ er mit der Einladung in der Hand die Bibliothek.
In der Auffahrt von Rowanfield Manor drängten sich Wagen jeder Größe, Bauart und Ausführung. Und die Pferde, von denen sie gezogen wurden, übertrafen sich gegenseitig an Schönheit und Rasse. Unruhig schüttelten sie die kunstvoll gekämmten Mähnen; und das auf Hochglanz polierte, mit Silberknöpfen und -schnallen verzierte Zaumzeug klirrte leise, wenn sie sich in Bewegung setzten und zu dem Säulenvorbau des roten Backsteingebäudes vorzogen, wo zahlreiche livrierte Lakaien mit gepuderten Perücken die Gäste in Empfang nahmen.
Isabel Gray starrte aus dem lehmbespritzten Fenster der Hackney-Kutsche, die sie am Bahnhof gemietet hatte. Sie seufzte leise beim Anblick der anderen Fahrzeuge und lehnte sich mit einem Ausdruck der Bestürzung auf dem schönen Gesicht in das Polster der alten, nach Staub und Moder riechenden Mietkutsche zurück.
Sie hatte vergessen, daß dies der Tag der Gartenparty war. Aber warum auch sollte sie daran gedacht haben! Sie hatte nie den Wunsch verspürt, daran teilzunehmen. Nun war sie sich darüber im Klaren, daß sie keinen ungeeigneteren Zeitpunkt für ihre Rückkehr nach Rowanfield Manor hätte wählen können als diesen.
Am Abend würden alle müde und gereizt sein. Ihre Rückkehr, unangemeldet und unerwartet, wäre an keinem Tag auf Begeisterung gestoßen, aber am heutigen Tag kam sie einer Katastrophe gleich.
Einem Impuls nachgebend streckte sie die Hand aus und öffnete das kleine Schiebefenster zwischen sich und dem Kutscher.
»Cabby!« rief Sie. »Cabby, setzen Sie mich bitte an der Hintertür ab!«
Der Kutscher legte die Hand mit den gichtgekrümmten Fingern ans Ohr.
»Die Hintertür haben Sie gesagt? Geht in Ordnung, Miss.«
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