Die weiße Taube von Schloß Royal. Barbara Cartland
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СКАЧАТЬ sofort wüßte, daß ich nicht du bin.«

      »Wieso denn?« widersprach Christine. »Er hat mich doch nie gesehen. Wenn er kam, wurde ich ins Schulzimmer geschickt. Aber ich habe ihn durch Gucklöcher beobachtet. Sein Benehmen war widerlich.« Wütend fuhr sie fort: »Wie ich dir schon erzählt habe, hat mir meine Stiefmutter, damit ich ihr in den Ferien nicht ins Gehege kam, eine Aufsichtsperson in Gestalt einer uralten, pensionierten Gouvernante zugeteilt. Sie war harmlos und langweilig.«

      Sie seufzte.

      »Wenn ich nicht manchmal bei meinen Basen in Devonshire oder bei Mamas Verwandten in Edinburgh zu Besuch gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich eines Tages wahnsinnig geworden.«

      »Hattet ihr viel Spaß?«

      »Und ob. Gott sei Dank erfuhr meine Stiefmutter nichts davon, sonst hätte sie mir bestimmt verboten, wieder hinzufahren«, erwiderte Christine. »Sie kann mich ebenso wenig leiden wie ich sie. Und sie verübelt es mir, daß mich Papa so gern hat.«

      Nina sagte nichts. Wieder einmal dachte sie, daß Christine übertrieb, wenn es darum ging, wie sehr sie unter ihrer Stiefmutter zu leiden habe. Andererseits war sie schockiert über das, was ihr Christine außerdem erzählt hatte. Wie konnte sich eine Frau vom Rang einer Lady Lydford so benehmen? Auch der Marquis schien ein äußerst unangenehmer Mensch zu sein, den sie gar nicht erst kennenlernen wollte.

      Christine spürte offenbar, daß Nina Bedenken hatte.

      Sie bat: »Liebste, liebste Nina, bitte hilf mir! Wenn du es nicht tust, wird man mich sehr wahrscheinlich daran hindern, Harry zu heiraten. Du weißt ja so gut wie ich, was auf der langen Reise nach Rom alles schiefgehen kann.«

      »Wie kannst du nur mit ihm allein reisen?« fragte Nina.

      »Das ist ganz in Ordnung, denn Hannah begleitet mich«, erklärte Christine. »Wie du weißt, ist sie die Verkörperung von Schicklichkeit und Moral.«

      Nina mußte lachen. Es war tatsächlich so.

      Hannah war eine strenge Presbyterianerin, die mit den scharfen Augen eines Habichts über Christine wachte. Solange sie die Aufsicht hatte, würde nichts passieren, was auch nur im Geringsten tadelnswert war.

      »Ich gebe zu, daß Hannah eine gute Anstandsdame ist«, sagte Nina schließlich.

      »Zu tüchtig, wenn du mich fragst«, erwiderte Christine. »Aber sie hat Harry gern.«

      »Wie alt ist er?«

      »Genau siebenundzwanzig, zehn Jahre älter als ich. Er eignet sich also vorzüglich dazu, auf mich aufzupassen, wenn ich erst einmal seine Frau bin.« Christine stieß einen reizenden Seufzer aus. »O Nina, ich liebe ihn so sehr, und ich bin so glücklich, so über alle Maßen glücklich. Ich dachte, dieses Jahr würde nie vorübergehen. Ich habe mich so nach ihm gesehnt. Doch nun werden wir, wenn mein Onkel einverstanden ist, bald verheiratet sein. Vielleicht müssen wir uns auch in einem Schlupfwinkel verbergen, bis ich siebzehn bin.« Sie ergriff Ninas Hände, während sie sprach. »Darin liegt die Gefahr, wie du siehst. Sag mir also bitte, bitte, daß du mir helfen willst, Nina! Ich kann mich nicht von ihm trennen, mein ganzes Lebensglück hängt von ihm ab.«

      »Es tut mir leid. Ich muß dich enttäuschen.«

      »Du willst es nicht tun? Dabei eignest du dich für diese Rolle besser als ich.«

      »Für welche Rolle?«

      »Für die eines unschuldigen Mädchens, das noch nicht ganz siebzehn ist.«

      »Aber ich bin ein Jahr älter als du.«

      »Na gut, aber so siehst du bestimmt nicht aus.« Christine lachte kurz auf und fügte dann hinzu: »Eines weiß ich gewiß, außer dem Drachen würde dich niemand als Lehrerin anstellen, und sie würde dich ausnützen.«

      Nina seufzte.

      »Das habe ich mir auch schon gesagt.«

      »Also, wenn du mich fragst«, meinte Christine, »siehst du wie etwa vierzehn aus. Ich bin sicher, daß dies dem niederträchtigen Marquis gefallen wird.«

      »Aber er würde mir nicht glauben. Vielleicht hat er schon einmal ein Foto oder ein Gemälde von dir gesehen.«

      Christine lachte.

      »Die einzigen Fotos, die je von mir gemacht worden sind, entstanden zu Hause. Ich sehe darauf aus, als ob ich aus der Waschküche käme, weil sie unscharf sind. Und gemalt worden bin ich noch nie.«

      »Aber meine Kleider sind nicht so elegant wie deine«, sagte Nina mit schwacher Stimme.

      »Das ist ein wirklicher Grund«, gab Christine zu. »Deine Kleider sind sehr hübsch, aber ein Mann, der sich in der weiblichen Garderobe so gut auskennt wie der Marquis, würde merken, daß sie nicht teuer sind.« Sie schwieg kurz und rief dann: »Ich habe eine Idee. Erinnerst du dich an die Kleider, die mir zu klein geworden sind und die auch viel zu jung wirkten, wie ich jedenfalls dachte?«

      »Ich glaube, ich erinnere mich.«

      »Nun, letztes Jahr habe ich mir in den Sommer- und in den Weihnachtsferien eine vollständig neue Garderobe gekauft«, berichtete Christine. »Hannah hat alle meine alten Sachen in einen Koffer getan. Wir hätten sie zu Ostern mit nach Hause genommen, aber in der Kutsche war kein Platz mehr. So ließ ich sie hier. Soviel ich weiß, sind sie noch auf dem Speicher.«

      Ninas Augen leuchteten interessiert auf, denn die reiche Christine trug immer die geschmackvollsten und teuersten Sachen, die den Neid aller Mitschülerinnen erregten.

      Als Christines Mutter noch am Leben war, ging sie mit ihr in die besten Geschäfte der Bond Street. Ihre Stiefmutter beschwerte sich später über eine so unnötige Extravaganz. Aber Christine fuhr fort, ihre Kleider in den alten Geschäften in Auftrag zu geben.

      Nicht alle Mädchen, die Mrs. Fontwells Pensionat besuchten, kamen aus reichen Familien. Aber es herrschte ein reger Wettbewerb unter ihnen. Ein Teil der Älteren versuchte, mit Christine im Hinblick auf ihre äußere Erscheinung zu konkurrieren. Aber sie hatte eine erstklassige Figur und einen sicheren Geschmack. In ihren Bond-Street-Kleidern blieb sie die unübertroffene Königin der Schule.

      Christine stand vom Bett auf.

      »Ich gehe jetzt zu Hannah und sage ihr, sie soll die Diener anweisen, den Koffer herunterzubringen«, erklärte sie. »Wäre ich nicht so egoistisch gewesen, hätte ich vielleicht schon damals daran gedacht, dir die Kleider zu geben.«

      »Ich war mit meinen eigenen Sachen vollkommen zufrieden«, erwiderte Nina. »Vielleicht passen mir deine auch gar nicht.«

      »Doch, doch, sie passen«, meinte Christine. »Im letzten Jahr bin ich ein ganzes Stück gewachsen, aber du hast anscheinend noch dieselbe Größe.« Plötzlich legte sie ihre Arme um Nina. »Du brauchst jemanden, der sich um dich kümmert. Liebste«, sagte sie, »jemand wie Harry. Ich verspreche dir, daß ich, wenn du nach unserer Heirat zu uns kommst, einen charmanten und liebenswerten Ehemann für dich suchen werde.«

      »Im Augenblick kommt es nur darauf an, daß du glücklich wirst, Christine, und frei leben kannst. Ich möchte nicht heiraten. Vermutlich bekäme ich Angst, es sei denn, ich wäre sehr verliebt.«

      »Wenn du verliebt bist, СКАЧАТЬ