Dombey und Sohn. Charles Dickens
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Название: Dombey und Sohn

Автор: Charles Dickens

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783961183135

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СКАЧАТЬ auf einmal plötzlich halt, und er hörte die laute Uhr in der Halle noch immer die ernste Frage stellen: ›was, macht, mein, klei, ner, Freund: was, macht, mein, klei, ner, Freund?‹

      Mit gefalteten Händen saß er auf seinem Tische und hörte stumm zu. Er hätte antworten mögen: ›ich bin müde, müde, sehr einsam und sehr traurig!‹ Und da saß er nun mit dem schmerzlichen Weh in seinem jungen Herzen – außen alles so kalt, so kahl und fremd – als habe er ein unmöbliertes Leben gemietet und als wolle der Tapezierer um keinen Preis kommen.

      Nach Ablauf von einigen Minuten, die dem kleinen auf dem Tisch sitzenden Paul wie eine Ewigkeit vorkamen, kehrte Doktor Blimber wieder zurück. Wie stattlich war der Gang des Doktors – wie so ganz darauf berechnet, das jugendliche Gemüt mit feierlichen Empfindungen zu erfüllen. Es war eine Art Marsch; aber wenn der Doktor seinen rechten Fuß ausstreckte, so drehte er ihn mit einer halbzirkelförmigen Schwenkung gravitätisch nach links um seine Achse, und wenn der linke Fuß an die Reihe kam, so wurde er in derselben Weise nach rechts geschwenkt. Auch schien er bei jedem Schritt, den er tat, umherzuschauen, als wollte er sagen:

      »Kann wohl jemand die Güte haben, mir, in was immer für einer Richtung, einen Gegenstand anzudeuten, über den ich nicht unterrichtet wäre? – Ich denke, es wird schwer fallen.«

      Mit dem Doktor kamen auch Mrs. Blimber und Miß Blimber zurück. Der Doktor hob nun seinen neuen Zögling vom Tisch herunter und übergab ihn seiner Tochter.

      »Cornelia«, sagte er, »Dombey wird anfangs deiner Sorge überlassen bleiben. Nimm ihn fort, Cornelia, nimm ihn fort.«

      Miß Blimber nahm ihren Mündel aus des Doktors Händen in Empfang, und Paul schlug die Augen nieder, weil er fühlte, daß ihn die Brille musterte.

      »Wie alt bist du, Dombey?« fragte Miß Blimber.

      »Sechs«, antwortete Paul mit einem verstohlenen Blick auf die Dame, und in nicht geringer Verwunderung, warum ihre Haare nicht lang wuchsen, wie die seiner Schwester, und warum sie so ganz wie ein Knabe aussah.

      »Was hast du schon aus der lateinischen Grammatik gelernt, Dombey?« fragte Miß Blimber.

      »Nichts«, antwortete Paul.

      Da er übrigens fühlte, diese Erwiderung sei ein herber Schlag für Miß Blimbers Zartgefühl, so schaute er zu den drei Gesichtern auf, die zu ihm herniedersahen, und fuhr fort:

      »Ich bin nicht gesund gewesen. Ich war ein schwächliches Kind und konnte nicht in der lateinischen Grammatik lernen, weil ich alle Tage mit dem alten Glubb ausfuhr. Es wäre mir lieb, wenn Sie so gut sein wollten, dem alten Glubb zu sagen, er solle auch herkommen und mich besuchen.«

      »Welch ein schrecklich gemeiner Name!« sagte Mrs. Blimber. »Unklassisch in höchstem Grade! Wer ist dieses Ungeheuer, Kind?«

      »Welches Ungeheuer?« fragte Paul.

      »Der Glubb«, entgegnete Mrs. Blimber mit großem Unbehagen.

      »Er ist so wenig ein Ungeheuer wie Sie«, erwiderte Paul.

      »Wie?« rief der Doktor mit schrecklicher Stimme. »Was sagst du da? Aha! was soll das heißen?«

      Paul erschrak heftig, ergriff aber doch die Partei des abwesenden Glubb, obschon es nur mit Zittern geschah.

      »Er ist ein sehr lieber alter Mann, Ma'am«, sagte er, »und pflegte meine Kutsche zu ziehen. Er weiß alles von dem tiefen Meer, von den Fischen, die darin sind, und von den großen Ungeheuern, die da kommen und sich auf Felsen sonnen, wenn man sie aber aufschreckt, wieder ins Wasser stürzen und so blasen und plätschern, daß man sie auf weithin hören kann. Es gibt auch einige Tiere«, fuhr Paul fort, der über seinen Gegenstand warm wurde – »weiß nicht, wie viele Ellen lang, habe ihre Namen vergessen; aber Florence weiß es wohl – diese tun, wie wenn ein Mensch in der Not ist, und wenn Leute aus Mitleid sich ihnen nähern, so öffnen sie ihren großen Rachen und packen sie an. Man braucht aber dann nichts zu tun«, fuhr Paul fort, indem er seine Gelehrsamkeit keck sogar vor dem Doktor glänzen ließ – »als in anderer Richtung wegzulaufen: denn weil sie so lang sind und sich nicht biegen können, drehen sie sich nur langsam um, und man kann ihnen gut entgehen. Zwar weiß der alte Glubb nicht, warum das Meer meine Gedanken auf meine Mutter richtet, die tot ist, und auch nicht, was die See sagt und in einem fort sagt – aber dennoch weiß er viel von dem großen Wasser. Und es wäre mir lieb«, schloß endlich Paul mit kleinlauter Miene, als er wie ein verirrtes Wesen auf die drei fremden Gesichter hinsah, »wenn Ihr den alten Glubb herkommen ließet, damit er mich besuche, denn ich kenne ihn sehr gut, und er kennt mich.«

      »Ha!« rief der Doktor, seinen Kopf schüttelnd – »aber das Studieren wird viel ausrichten.«

      Mrs. Blimber gab in einer Art Schauderanfall ihre Ansicht dahin ab, daß Paul ein unerklärliches Kind sei, und sah ihn – wenn man den Unterschied der Züge in Rechnung brachte – fast so an, wie es Mrs. Pipchin zu tun pflegte.

      »Mach' einen Gang mit ihm durchs Haus, Cornelia«, sagte der Doktor, »damit er mit seiner neuen Sphäre vertraut werde. Geh mit dieser jungen Dame, Dombey.«

      Dombey gehorchte und gab der geheimnisvollen Cornelia die Hand, sah sie aber unterwegs stets mit schüchterner Neugierde von der Seite an. Wegen der glänzenden Gläser ihrer Brille hatte sie nämlich ein so mysteriöses Aussehen, daß er nie wußte, wohin sie schaute: ja er konnte nicht einmal zu der Gewißheit kommen, ob wirklich Augen dahinter verborgen seien.

      Cornelia führte ihn zuerst nach dem Schulzimmer, das an der hintern Seite der Halle lag. Der Zugang wurde durch zwei mit Tuch überzogene Türen vermittelt, welche die Stimmen der jungen Gentlemen dämpften und erstickten. Hier saßen nun acht junge Herrlein in unterschiedlichen Abstufungen geistiger Bedrücktheit, und man konnte deutlich sehen, wie schwer ihnen ihre Arbeit wurde. Toots, als der älteste, hatte in einer Ecke ein Pult für sich, und es kam unserem Paul vor, als befinde sich hinter demselben ein vornehmer sehr alter Mann.

      Mr. Feeder, B.A. der an einem andern kleinen Pult saß, studierte seinen Virgil und suchte vier jungen Gentlemen das Versmaß verständlich zu machen. Von den übrigen vieren zupften sich zwei krampfhaft an den Haaren ob der Lösung eines mathematischen Problems; einer mit einem Gesicht, von vielem Weinen einem schmutzigen Fenster ähnlich, gab sich Mühe, vor dem Mittagessen durch eine hoffnungslose Anzahl von Zeilen durchzuzappeln, und ein anderer saß in versteinerter und verzweifelter Betäubung, die sich vom Frühstück an seiner bemächtigt zu haben schien, über seiner Aufgabe.

      Da« Erscheinen eines neuen Knaben erregte nicht das Aufsehen, wie man es hätte erwarten sollen. Mr. Feeder, B.A., der um der größeren Abkühlung willen seinen Kopf zu rasieren pflegte, so daß man statt der Haare nur kurze Stoppeln sah, reichte ihm seine knöcherne Hand mit der Bemerkung, es freue ihn, den neuen Ankömmling zu sehen – eine Begrüßung, die Paul herzlich gern erwidert haben würde, wenn es ihm nur ein bißchen von Herzen gegangen wäre. Von Cornelia dazu aufgefordert, reichte sodann Paul den vier jungen Gentlemen an Mr. Feeders Pult die Hand, eine Prozedur, die später auch an den fieberischen Mathematikern, an dem tintigen jungen Gentleman, der mit der Zeit um die Wette arbeitete, und zuletzt auch an dem betäubten Knaben, der sich ganz kalt und welk anfühlte, vorgenommen wurde.

      Da Paul dem jungen Toots bereits vorgestellt war, so erging sich dieser junge Gentleman seiner Gewohnheit nach nur in einem schweratmigen Kichern und fuhr in seiner Beschäftigung fort. Letztere war nicht eben schwer zu nennen; denn da Toots bereits in mehr als einem Sinne so viel »durchgemacht« und auch, wie СКАЧАТЬ